Coronavirus in Bayern:Was wird von der Krise bleiben?

Stadtchronik in München, 2018

Welchen Platz findet die Corona-Krise in den Chroniken? Hier ein Band der Münchner Stadtgeschichte von 1868.

(Foto: Stephan Rumpf)

Der Wandel des Markus Söder vielleicht oder historische Mundschutzmasken - auf jeden Fall sollte man diesen Frühling für die Nachwelt aufschreiben.

Kolumne von Katja Auer

Wer jetzt noch kein Tagebuch führt, sollte ganz geschwind damit anfangen. Persönliche Erinnerungen haben immer schon einen besonderen Blick auf die bayerische Geschichte erlaubt, man denke nur an Anna Wimschneiders Aufzeichnungen über ihr hartes Leben als Bäuerin oder an Josef Deifels Tagebuch aus Napoleons Russlandfeldzug 1812. So schlimm wie jenen 30 000 Bayern, die damals gen Osten zogen, wird es uns hoffentlich in der Pandemie nicht ergehen, aber es wird nicht mehr allzu lange dauern, bis Zeitzeugen gesucht werden. Am Drehbuch für die Dokumentation über Markus Söder "Vom Politik-Rowdy zum Bundeskanzler" sitzt vermutlich schon irgendjemand.

Dann wird vielleicht eine langjährige SPD-Wählerin auftreten, die erzählt, dass sie diesen Söder immer für einen politischen Hallodri gehalten habe. Wie er damals neben einem Baum für die Fotografen posierte, auf dem schmelzenden Gletscher der Zugspitze oder als Marylin Monroe verkleidet. Aber dann, im Frühjahr 2020, habe sich ihre Meinung geändert. Als Söder sein Bayernvolk so entschlossen wie besonnen "vor dem Schlimmsten bewahrte", wie er das selbst formulierte.

Seitdem wähle sie den Söder, könnte die Frau noch sagen. Und dazu einen selbst genähten Mund-Nasen-Schutz in die Kamera halten, den sie natürlich aufgehoben hat, genauso wie die ersten Babyschuhe ihrer Kinder, das selbst gebastelte Anti-WAA-Plakat von der Demo in Wackersdorf und das Liederheft von der Messe auf dem Islinger Feld beim Besuch von Papst Benedikt XVI.

Dieser Corona-Frühling wird vielleicht einer, nach dem die Enkelkinder später fragen. Jetzt erzählen noch die Alt-68er von den wilden Partys und den Schwabinger Krawallen. Und jene, die nach dem Mauerfall die ersten Ostdeutschen mit ihren Trabis begrüßten in Bayern, von den bewegenden Begegnungen.

Was lässt sich dann von 2020 berichten? Dass wir uns nicht entscheiden konnten, ob wir indisch bestellen oder solidarisch einen Schweinsbraten aus dem benachbarten Wirtshaus holen? Dass wir nicht im Biergarten waren, auf keinem Volksfest und nicht im Urlaub? Dass wir Masken genäht haben und die Gummibänder irgendwann ausverkauft waren? Hm. Na, vielleicht fragt ja doch keiner.

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