Kritik an Corona-Maßnahmen:Der Arzt, den der Freistaat nicht mehr haben will

Lesezeit: 3 Min.

Friedrich Pürner, Amtsarzt, klagt gegen seine Absetzung als Chef des Gesundheitsamtes im Landkreis Aichach-Friedberg vor dem Augsburger Verwaltungsgericht. (Foto: Florian Fuchs)

Friedrich Pürner kritisierte als Amtsarzt in der Pandemie immer wieder die Corona-Maßnahmen der Staatsregierung und bekam dafür Applaus von Querdenkern. In seiner Klage gegen den Freistaat geht es nun auch darum, was ein Beamter sagen darf.

Von Florian Fuchs, Augsburg

Friedrich Pürner kommt braungebrannt in den Gerichtssaal, die langen Haare hat er zusammengebunden. Er wirkt nicht wie ein Mann, der übermäßig viel Stress ausgesetzt ist, doch offenbar ist genau das einer der Punkte, die ihn stören: Der frühere Chef des Gesundheitsamts Aichach-Friedberg, der nach anhaltender Kritik an den Corona-Maßnahmen der Staatsregierung vor etwa zwei Jahren von seinem Posten versetzt wurde und heute als Prüfungsvorsitzender für angehende Mediziner bei der Regierung von Oberbayern arbeitet, klagt gegen seine Abordnung. Und er klagt dagegen, dass er keine seiner Ansicht nach amtsangemessene Stelle inne hat. Er bezweifelt, dass sein derzeitiger Job seiner Qualifikation entspricht.

Als Amtsarzt hat sich Pürner im ersten Jahr der Corona-Pandemie öffentlichkeitswirksam mit dem Freistaat angelegt. Immer wieder beklagte er die aus seiner Sicht übertriebenen Maßnahmen gegen die Pandemie: Er kritisierte die Maskenpflicht, die Lockdowns, die Orientierung an den Inzidenzen und auch die Impfkampagnen. Meist stand er mit seinen Äußerungen in Widerspruch zur vorherrschenden wissenschaftlichen Meinung in Deutschland, dennoch sah er sich als Opfer der Politik. Seine Abordnung, zunächst ans Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), nannte er eine Strafversetzung. An ihm solle "ein Exempel statuiert werden, damit sich keine weiteren Amtsärzte beschweren" über die Maßnahmen der Staatsregierung, erklärte er.

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Über die unmittelbaren Streitpunkte hinaus geht es in diesem Verfahren also vor allem auch um die Frage, was ein Behördenleiter in Bayern sagen darf. Vor dem Verwaltungsgericht Augsburg kommt dies allerdings vordergründig am Donnerstag nicht zur Sprache, stattdessen trägt Pürner selbst und über seinen Anwalt vor, dass er sich "aufs Abstellgleis" geschoben fühle. Er sei politisch verbrannt, habe kaum mehr Chancen, als Amtsarzt zu arbeiten. Derzeit hat er sich auf eine Stelle bei der Regierung von Oberbayern beworben, als Leiter des Sachbereichs, der für die Gesundheitsämter im Regierungsbezirk zuständig ist. Vom LGL, wohin er zunächst versetzt worden war, hat er allerdings offenbar so eine schlechte Beurteilung ausgestellt bekommen, dass die Bewerbung kaum Aussicht auf Erfolg hat. Auch gegen diese Beurteilung hat er inzwischen Klage eingereicht.

Pürner hat immer betont, weder den sogenannten Querdenkern noch Rechtsextremisten nahezustehen. Er habe Corona nie geleugnet, übe aber als Fachmann Kritik an Corona-Maßnahmen. Dass Pürner vom Fach ist, kann keiner bezweifeln: Er war nicht nur Chef des Gesundheitsamtes in Aichach, sondern leitete vor dieser Tätigkeit bereits die Abteilung Epidemiologie am LGL und war Chef einer Taskforce Infektiologie. Allerdings nutzte er immer wieder fragwürdige und rechtslastige Plattformen, um seine Thesen in die Öffentlichkeit zu bringen. Auf Twitter verlinkte er mehrfach auf Texte von Blogs, die wichtige Quellen für Desinformation über Covid-19 in Deutschland sind. Derzeit arbeitet sich Pürner wiederholt an der Impfkampagne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach ab. "Der solidarische Appell, sich impfen zu lassen, um seine Liebsten und die Gesellschaft zu schützen, war eine der größten Lügen seit der Pandemie", heißt es dort unter anderem.

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Der Freistaat, das wurde in der Verhandlung klar, will ihn auf der Stelle bei der Regierung von Oberbayern nicht haben. Seine Abordnung ans LGL aber sei keine Strafversetzung gewesen, so lautet die Argumentation. Pürner habe bereits am LGL gearbeitet und hätte dort eine neue Abteilung aufbauen sollen. Er werde auch angemessen bezahlt. Selbst der Richter merkte an, dass in seinen Augen eine Strafversetzung anders aussehe. Der Freistaat als Beklagter weist außerdem darauf hin, dass er die Abordnung nicht an die Presse und Öffentlichkeit kommuniziert habe, was Pürner bestreitet. Der Vorwurf Pürners, dass er stigmatisiert wurde und somit rehabilitiert werden wolle, laufe also ins Leere.

Ob denn noch die Möglichkeit für eine gütliche Einigung bestehe, wollte der Vorsitzende Richter wissen und unterbrach die Verhandlung, damit sich die Parteien unterhalten könnten. Der Freistaat schlägt sinngemäß vor, dass Pürner seine derzeit laufende Bewerbung zurücknimmt, dann würde die negative Beurteilung vom LGL gegenstandslos. Bei weiteren Bewerbungen hätte er dann bessere Chancen, hieß es.

Pürner sieht es so: Der Freistaat will ihn nicht mehr auf einer Stelle im öffentlichen Gesundheitswesen haben, für ihn ist das aber alternativlos. Schließlich setzte das Gericht die Verhandlung aus, die Parteien einigten sich, noch einmal Gespräche führen zu wollen. Sie sollen zeitnah vor Weihnachten stattfinden.

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