Corona-Experte warnt:Höhepunkt der Welle noch nicht erreicht

Infektiologe Clemens Wendtner sieht Öffnungsdebatten kritisch

Auch wenn die täglich gemeldeten Inzidenzzahlen stagnieren und zuletzt sogar gesunken sind, sieht der Corona-Experte Clemens Wendtner Bayern noch nicht über den Berg. "Ich bin skeptisch, dass wir in Bayern schon jetzt den Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht haben. Ich erwarte das erst in den nächsten Wochen", sagte der Chefarzt der Infektiologie an der München Klinik Schwabing der Deutschen Presse-Agentur. Er hatte 2020 die ersten Corona-Patienten in Deutschland behandelt. Die Simulationen des Modellierers Dirk Brockmann etwa sähen diesen Höhepunkt "frühestens Mitte kommender Woche".

Die Corona-Inzidenz war in der Omikron-Welle seit Jahresbeginn kontinuierlich und schnell gestiegen und hatte nie zuvor gekannte Höhen erreicht. Im Laufe der vergangenen Woche hat sich das Wachstum der für Bayern gemeldeten Zahlen allerdings stark verlangsamt. Den bisherigen Höhepunkt erreichten sie mit 1840 am vergangenen Mittwoch. Am Sonntag lag der Wert bei 1798. Doch Wendtner hält das noch nicht für die Trendwende. "Den aktuellen Rückgang in den Zahlen würde ich auf Meldeverzug und die limitierten Kapazitäten bei PCR-Tests zurückführen", sagte er. Auch das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit verweist seit einiger Zeit deutlich auf die Unsicherheit der Zahlen.

Wendtner sieht Bayern noch vor "kritischen Wochen". "Bei den Hospitalisierungen sieht man - sowohl bei uns im Klinikum als auch in den Zahlen des LGL - einen deutlichen Anstieg." Laut offizieller Statistik seien es zuletzt mehr als 20 Prozent zur Vorwoche gewesen und auch bei den belegten Intensivbetten gebe es "bereits einen leichten Zuwachs". Und selbst wenn der Höhepunkt der Neuinfektionen erreicht werde, sei damit das Infektionsgeschehen noch nicht vorbei: "In der Regel dauert es noch zwei bis drei Wochen, bis die Patienten zu uns kommen." Daher warnt der Experte: "Es bringt jetzt nichts, eine massive Öffnungsdebatte vom Zaun zu brechen. Das führt in den Kliniken nicht zu Begeisterung, weil wir diejenigen sind, die das zum Schluss auffangen müssen."

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