Nach Demo in Leipzig:Söder deutet verfassungsfeindliche Tendenzen bei "Querdenkern" an

Vorstandssitzung CSU

CSU-Chef Markus Söder nach einer Sitzung.

(Foto: dpa)

Nach der umstrittenen Demo in Leipzig will Bayerns Ministerpräsident die Bewegung stärker in den Fokus nehmen. Man müsse prüfen, ob es sich um "eine Form von anderer Pegida" handele.

Von Johann Osel

Nach der Eskalation einer Anti-Corona-Demo am Samstag in Leipzig könnte in Bayern die "Querdenken"-Bewegung durch die Sicherheitsbehörden neu bewertet werden. CSU-Chef Markus Söder deutete am Montag bei einer Sitzung des Parteivorstands an, dass sich womöglich eine verfassungsfeindliche Bewegung herausbilde. "Ich sehe da eine echte Herausforderung für unsere gesamte Demokratie entstehen." Die Behörden müssten "das Phänomen Querdenker" grundlegend bewerten - nicht nur "intensiv hinschauen", was in Leipzig genau stattfand, sondern auch, ob es sich um "eine Form von anderer Pegida" handele. Die islamfeindliche Pegida beziehungsweise lokale Ableger werden vom Verfassungsschutz in Bayern seit Längerem beobachtet. Bei der Leipziger Demonstration war es massenhaft zu Regelverstößen und schließlich zu Gewalt gekommen.

Seinem Eindruck nach, so Söder, seien die Proteste ein "Sammelsurium", er erkenne jedoch, dass offenbar zunehmend Leute dominieren, denen es darum gehe, das System an sich herauszufordern. Daher dürfe man "nicht zur Tagesordnung übergehen". Bei "Querdenken" hatte das Landesamt für Verfassungsschutz bisher die Linie vertreten, dass die Organisatoren "dem bürgerlichen Bereich" zuzurechnen seien; auch wenn etwa die großen Berliner Demos von Rechtsextremisten und sogenannten Reichsbürgern frequentiert wurden. Diese Szenen versuchten, die Pandemie auszunutzen, und verfolgten "dieselben verfassungsfeindlichen Ziele wie bereits vor Corona", hatte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) im August gewarnt.

Die Ansicht über die Bürgerlichkeit von "Querdenken" hatte Kritik hervorgerufen, zumal zentrale Akteure zuweilen mit dubiosen Thesen aufgefallen waren wie dem Ruf nach einer verfassungsgebenden Versammlung für die angeblich nicht existierende Bundesrepublik Deutschland. So hatte zuletzt Florian Ritter, Experte der SPD-Fraktion für Rechtsextremismus, gewarnt, dass die Behörden bei "Querdenken" zu zaghaft aktiv würden. Die "Einschätzungen" zur Bürgerlichkeit erinnerten ihn an die "Reichsbürger"-Bewegung, die erst durch den Mord an einem Polizisten 2016 im fränkischen Georgensgmünd entschieden in den Fokus des Verfassungsschutzes zu rücken schien.

Bei Veranstaltungen wie in Leipzig gehe es nicht mehr nur um Maskenpflicht, sagte Söder am Montag. Wenngleich diese gelte: "Viele Menschen verstehen nicht, warum sie sich im Kleinsten an alle Vorschriften halten. Und bei einer solchen Demonstration gilt das Ganze nicht mehr, nur weil Leute eine völlig falsche Ansicht haben." Die Behörden müssten aber nun genauer "die zunehmend aggressive Argumentation überprüfen"; vor allem angesichts der "geistigen Blaupausen" aus den USA wie der Verschwörungsideologie "QAnon".

Der CSU-Vorstand befasste sich auch mit der islamistischen Bedrohung, veranlasst durch den Terrorakt von Wien. Generalsekretär Markus Blume kündigte einen Dringlichkeitsantrag diese Woche im Landtag an, ebenso will die CSU-Landesgruppe im Bundestag dazu aktiv werden. Es geht unter anderem um eine neue Gefährder-Analyse und Abschiebehaft für solche Personen. Den Grünen, die im Bund soeben einen Aktionsplan gegen Islamismus vorlegten, warf Blume vor, bisher wichtige Entscheidungen über den Bundesrat blockiert zu haben; etwa bei der Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten.

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