Süddeutsche Zeitung

Politik in Bayern:Aiwanger auf dem Weg zur Unsterblichkeit

Nur wenige Politiker-Reden werden zu Legenden, die zum Transrapid von Edmund Stoiber gehört dazu. Hubert Aiwanger könnte das nun ebenfalls gelingen - mit gleich zwei meisterhaften Werken.

Kolumne von Maximilian Gerl

Nur wenigen ist Unsterblichkeit vergönnt. So gesehen ist Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger auf dem richtigen Weg. Zuletzt fand ein Video von ihm bundesweit Beachtung, die Chancen stehen gut, dass es als "Hendl-Rede" im kollektiven Internetgedächtnis haften bleibt. Vereinfacht geht es um Versicherungen, die Wirten coronabedingte Einbußen nicht erstatten wollten, also fädelte Aiwanger einen Deal ein: Statt 100 Prozent der Summe gibt es 15. Das könne für Betroffene womöglich besser, weil rechtssicher sein, fand Aiwanger.

Denn: "Die Versicherungen sind auf die Gastrobranche zugegangen, zahlen jetzt schon. Also die haben jetzt schon das halbe Hendl bratfertig am Tisch. Die Alternative wäre gewesen, wenn ich mich zurücklehne, dass ich sag, da läuft das Hendl irgendwo hinten im Garten rum, fang dir's ein, dann hast du ein ganzes Hendl. Du brauchst aber den Rechtsanwalt dazu. Ich garantier dir nicht, dass du das ganze Hendl jemals sehen wirst."

Nicht nur die Netzgemeinde fühlt sich seitdem an Edmund Stoibers legendäre Transrapid- ("In zehn Minuten!") und Giovanni Trappatonis Wutrede ("Ich habe fertig!") erinnert. Und zur allgemeinen Freude legte Aiwanger inzwischen mit einer Berechnung der neuen Abstandsregeln in Biergärten nach. "Wenn sechs bis acht Leute, jeder mit seinem Kumpel kommt, dann kann der sich natürlich jeweils mit seinem Kumpel, der seine Bezugsperson ist, an einen Tisch setzen und mit eins-fuchzig Abstand sitzt der nächste Kumpel mit seinem Kumpel. Aber die können nicht sechs mal zwei an einem Tisch sitzen, weil ja nicht mal die ersten Sechse an einem Tisch sitzen dürften. Also immer nur mit einer Bezugsperson oder mit einer Bezugsfamilie darf ich am Tisch sitzen und zu den anderen ist jeweils eins-fuchzig Abstand zu halten. Das Beispiel ginge nur, wenn der Tisch irgendwo 15 Meter lang ist und im Abstand von eins-fuchzig immer die Pärchen gegenübersitzen." Weil das doch klar ist.

Doch ist es auch allen anderen klar? Am Montag wollte Aiwanger laut seiner Pressestelle einen Münchner Biergarten besuchen und sich selbst ein Bild machen. Ob halbe Hendl dabei eine Schlüsselrolle spielten, ist nicht bekannt. Eines aber darf man annehmen: Aiwanger hat noch lange nicht fertig.

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Quelle:
SZ vom 19.05.2020
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