Hinterher ist man immer schlauer - der alte Kalauer passt gut zur Corona-Politik der Staatsregierung. Gut eineinhalb Jahre ist es her, dass sich Bayern per Verordnung über Nacht in ein gleichermaßen gespenstisch leeres wie angsterfülltes Land verwandelte. Die drakonischen Maßnahmen wurde damals von fast allen Parteien und auch den Medien mitgetragen. Zu schockierend wirkten die Bilder aus Italien, die Berichte von überfüllten Intensivstationen und Beerdigungen ohne Angehörige. Impfstoffe waren damals noch nicht in Sicht - eine schier ausweglose Situation.

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Insofern ist es auch in der Rückschau verständlich, dass die Staatsregierung weitreichende Ausgangsbeschränkungen erließ. Und trotzdem ist das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs richtig und wichtig. Denn es erinnert einmal mehr daran, dass die Eingriffe des Staates in die Freiheitsrechte der Bürger auch in Notzeiten angemessen und sauber begründet sein müssen.
Oder banal gefragt: Warum soll man während einer Pandemie nicht alleine vor die Tür gehen dürfen? Die Richter am Verwaltungsgerichtshof sind der Meinung, dass der Freistaat hierbei gegen das Übermaßverbot verstoßen hat. In die gleiche Richtung zielt die Kritik des früheren Verfassungsrichters Hans-Jürgen Papier an den Corona-Maßnahmen: "Es wurde nicht generell, aber doch teilweise ziemlich irrational, widersprüchlich, kopflos und im Übermaß reagiert", sagte er in einem Interview.
Mit dem absehbaren Ende der letzten Corona-Beschränkungen wird es auch in Bayern Zeit, die Maßnahmen kritisch aufzuarbeiten. Das wäre endlich mal eine Aufgabe für den Landtag, der als Kontrollinstanz in den vergangenen zwei Jahren versagt hat.