Computer in der Schule:Nürnberg geht ans Netz

Computer in der Schule: Tablet-Computer im Unterricht sind längst nicht mehr so außergewöhnlich. Allerdings fehlt oft das Geld für die Anschaffung.

Tablet-Computer im Unterricht sind längst nicht mehr so außergewöhnlich. Allerdings fehlt oft das Geld für die Anschaffung.

(Foto: Stephan Rumpf)

Weil die Schulen der Stadt nicht auf die Digitalisierungsstrategien von Bund und Freistaat warten wollen, hat das Rathaus ein eigenes Konzept entwickelt. Ein zentraler Punkt ist die Fortbildung der Lehrer

Von Anna Günther, Nürnberg

Eigentlich ist die Stadt Nürnberg nur für die Hardware zuständig. Für Stühle, Tische, Bücher und Computer. Denn Aufgabe der Kommunen ist es, für die Ausstattung der öffentlichen Schulen zu bezahlen. Aufgabe des Freistaats ist es, die Digitalisierung in den Schulen voranzutreiben. Konzepte gibt es zur Genüge, heißen sie Zukunftsstrategie, Masterplan oder Digitaloffensive. Trotzdem hat die Stadt Nürnberg ihr eigenes Konzept erarbeitet und will in den kommenden neun Jahren 85,5 Millionen Euro investieren, um die 140 Schulen in der Stadt auf den neuesten Stand zu bringen.

Zwar stellte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) gerade erst fünf Milliarden Euro für den Ausbau von Infrastruktur an Schulen in Aussicht und die Staatsregierung präsentierte vor einer Woche den "Masterplan Bayern Digital II".

Doch den Nürnbergern dauert das zu lange. Ziel der städtischen Digitalisierungsstrategie ist dabei nicht, allen 65 000 Schülern Tablet-PCs zu kaufen. Dafür reicht das Budget nicht aus. Stattdessen sollen alle Schulen mit sicheren Servern, modernen Geräten, schnellem Internet sowie W-Lan ausgestattet und die Lehrer fortgebildet werden. Doch anders als die meisten Kommunen Bayerns zahlt Nürnberg nicht nur, die Stadt fordert eine Gegenleistung: Alle Schulen müssen ein medienpädagogisches Konzept samt Fortbildungen erarbeiten. Nur so könnte die Stadt einen Teil der Investitionen aus dem fünf Milliarden Euro schweren Digitalpakt des Bundesbildungsministeriums erstattet bekommen.

Die größte Umstellung für die Schulen dürfte sein, dass künftig Spenden wie geschenkte Geräte abgelehnt werden müssen. Das habe manchen Schulleiter durchaus verwundert, sagt Christian Büttner, der im Büro des Schulbürgermeisters für die IT-Strategie verantwortlich ist. Er will professionelle Strukturen an den 140 Schulen, dafür braucht es einheitliche Geräte, Software und einen zentral gesteuerten Service. "Eine Schule ist ein mittleres Unternehmen mit 80 Mitarbeitern und 1000 Kunden", sagt der frühere Berufsschullehrer, so müssten sie auch geführt werden. Von 2018 an sollen Geräte und Programme nur noch zentral übers Rathaus bestellt werden. Das verschaffe dem IT-Team dort einen Überblick und erleichtere die Finanzplanung sowie die Wartung der Geräte, die künftig unter anderem von der Stadt geleistet wird. Lehrer sollen nur noch kleinere Aktualisierungen übernehmen.

Mit dieser neuen Strategie will die Stadt gleiche Lernbedingungen für alle Nürnberger Schüler schaffen. Ob Kinder digital lernen, soll künftig nicht mehr dem Zufall überlassen sein. Deshalb müssten sich auch alle Lehrer fortbilden. Denn nicht die Technik allein sei ein Problem der Digitalisierung, sagt Büttner. Viele Lehrer setzten digitale Medien selbstverständlich ein, aber andere müssten offener werden. "Digitalisierung ist keine Mode, das ist eine Veränderung unserer Welt". Dabei bleibe die Pädagogik klar im Vordergrund. Nur die Lehrer könnten Kindern kundigen und kritischen Umgang mit digitalen Medien, Daten und das richtige Verhalten in sozialen Netzwerken beibringen. Dafür müssten die Lehrer wissen, was die Schüler tun.

Aber gerade bei Fortbildungen gebe es Nachholbedarf, bemängeln Lehrerverbände. Die Weiterbildung der Pädagogen ist Aufgabe des Kultusministeriums oder der Universitäten. Es gibt Angebote, etwa an der Lehrerakademie in Dillingen, aber diese reichten nicht aus. "Und was hilft es, wenn die Schulen mit Computern ausgestattet sind, viele Lehrer damit aber nicht umgehen können?", fragt Büttner.

Gemeinsam mit dem Ministerium und Universitäten der Region will er in den nächsten Jahren ein eigenes Fortbildungsnetz aufbauen, an dem sich auch private Unternehmen beteiligen könnten. Geplant ist, Fortbildungen auf unterschiedlichen Niveaus anzubieten. Alle Lehrer müssten grundsätzlich mit Computern umgehen können. Wer mehr lernen will, soll eine Auswahl an Kursen haben. Dabei soll die Pädagogik wichtiger bleiben als die Technik. Wichtig sei, dass diese funktioniere und alle Lehrer sich gut genug damit auskennen, um auch digital arbeiten zu können, wenn es ins Konzept passt.

Ein Jahr lang entwickelte Büttner mit Technikern die Digitalisierungsstrategie, die Bedürfnisse seiner Kunden - Vertretern aller Schularten - hatte er zuvor abgefragt. Vergleichbare Konzepte sind selten in Bayern. Beim Städtetag ist kein anderes Beispiel bekannt, Büttner kennt sonst nur eine aus München. "Offenbar ist es ungewöhnlich, dass eine Stadt sich in die Bildung einmischt, aber wir wollen unsere Zukunft selbst gestalten", sagt der IT-Experte. Was er nicht sagt: und nicht auf die Staatsregierung warten.

Das größtes Problem der Digitalisierung an Schulen liegt für Büttner in der Struktur: Solange die Ausstattung der Schulen allein vom Haushalt der Kommunen abhänge, könne es in Bayern keine einheitlichen Standards geben. "Wie will das Kultusministerium dann Bildungsgerechtigkeit herstellen?", fragt Büttner. Alleine könnten Städte und Gemeinden diese Herausforderung nicht bewältigen, heißt es auch beim bayerischen Gemeindetag. "Der Freistaat sollte ein milliardenschweres Digitalisierungskonzept für Schule und Bildung auflegen, damit überall gleiche Bildungschancen bestehen", kritisierte Gemeindetagspräsident Uwe Brandl (CSU), nachdem die Staatsregierung in der vergangenen Woche ihren "Masterplan Digital II" vorgestellt hatte und fordert ein Konzept "aus einem Guss".

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