Coburger Fleischskandal:Betrug in mehr als 15 000 Fällen

  • Im Coburger Fleischskandal wurde ein Urteil gefällt: Der 54-jährige Inhaber eines Fleischverarbeitungsbetriebs bekam wegen Betrugs in mehr als 15 000 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung.
  • Den früheren Chef des Schlachthofs und seine Ehefrau, eine Tierärztin, befand das Gericht der Beihilfe für schuldig.
  • Der städtische Schlachthof wurde 2013 geschlossen.

Von Katja Auer, Coburg

Im Skandal um den Coburger Schlachthof sind die Verantwortlichen gefunden. Ein paar wenigstens. Der 54-jährige Inhaber eines Fleischverarbeitungsbetriebs wurde am Mittwoch wegen Betrugs in mehr als 15 000 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt. Außerdem muss er 100 000 Euro an zwei Kirchengemeinden in Coburg zahlen. Den früheren Chef des Schlachthofs und seine Ehefrau, eine Tierärztin, befand das Gericht der Beihilfe für schuldig.

Es scheinen recht milde Strafen zu sein, angesichts des Ausmaßes, das der Fleischskandal zunächst zu haben schien. Vom Gammelfleisch war schließlich die Rede, als der städtische Schlachthof im Frühjahr 2013 geschlossen wurde. Doch der Händler habe "weder Gammelfleisch noch Ekelfleisch in den Verkehr gebracht", sagte Richter Gerhard Amend, verbunden mit heftiger Kritik an den Medien, die immer noch vom "Gammelfleisch-Prozess" berichtete. "Eine solche Vorverurteilung habe ich noch nie erlebt", sagte Amend.

Fleisch war nicht als Lebensmittel freigegeben

Betrogen habe der Fleischhändler freilich schon, weil er Fleisch verkauft habe, "das nicht als Lebensmittel freigegeben war", sagte der Staatsanwalt. Im Coburger Schlachthof klebten Tierärzte auf jene Rinderkeulen rosa Zettelchen, die sie aussortiert hatten, weil sie verletzt waren. Eigentlich hätten sie mit einem Stempel markiert werden müssen. So aber konnte der Fleischhändler das genießbare Fleisch an jenen Keulen nachher noch auslösen und verkaufen. "Das ist Betrug", sagte Amend.

Außerdem wurden im Schlachthof Rinder unrechtmäßig getrimmt, das bedeutet, dass zu viel Fett von den Tierkörpern abgeschnitten worden sei. Auf diese Weise sei den Lieferanten ein Schaden von mehr als mehr als 600 000 Euro entstanden. Der Großhändler bestritt, dass den Landwirten ein wirtschaftlicher Schaden entstanden sei. Zwar hätten sich seine Leute nicht an die sogenannte Schnittverordnung gehalten, allerdings habe er den Bauern höhere Preise bezahlt als üblich. Der Beweis sei, dass ihn viele heute noch belieferten.

Verantwortung wurde hin- und hergeschoben

Dass dies alles überhaupt passieren konnte, daran hätten die staatlichen Behörden maßgeblichen Anteil, sagte Amend. Die Kontrolleure, die im Prozess als Zeugen aussagten, gaben ein recht klägliches Bild ab, offenbar wurde die Verantwortung jahrelang zwischen der Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) und dem Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) hin- und hergeschoben. Aber auch bei der Stadt und im Landratsamt fühlte sich offenbar niemand so richtig zuständig für den Schlachthof.

"Wenn man von einem Skandal sprechen kann, dann deswegen, weil das LfL trotz seiner Kontrollen nichts unternommen hat, um diese Zustände im Schlachthof zu unterbinden", sagte Amend. Zwar sei dreimal ein Ordnungsgeld angedroht und auch verhängt worden, allerdings ein viel zu geringes. Das höchste über 3000 Euro. "Das ist lächerlich", sagte Amend. Zwar sei das keine Rechtfertigung für das Handeln der Angeklagten, bei der Höhe der Strafe allerdings war dieser Punkt maßgeblich. "Es wurde allen sehr leicht gemacht", sagte der Staatsanwalt. Deswegen fielen die Strafen so gering aus. Und auch, weil die Angeklagten geständig waren.

Geld- und Freiheitsstrafen für den Schlachthof-Direktor und seine Frau

Der frühere Schlachthof-Direktor wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt, außerdem muss er 500 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Seine Ehefrau muss eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 30 Euro bezahlen. Beide haben keinen Job mehr, seit der Schlachthof geschlossen wurde.

Der Fleischhändler hat inzwischen ein neues Unternehmen gegründet. 400 000 Euro von seinem Vermögen bleiben beschlagnahmt, falls sich Landwirte melden, die Schadenersatz beanspruchen. Wenn nicht, fließt das Geld in drei Jahren in die Staatskasse.

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