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Fernsehen:Nach dieser Serie sieht man Oberfranken mit anderen Augen

Für ihr überbordendes Ego sind Oberfranken nicht bekannt. Das könnte sich beim Konsum von Arte derzeit ändern. In "Victoria" wird die Lebensgeschichte der legendären Königin geschildert - und es geht um: Coburg, Coburg, Coburg.

Glosse von Olaf Przybilla

Es beginnt nun eine ruhigere Fernsehzeit und das auch für jene, die abends nur mal rasch kontrollieren wollten, was exakt sie da eigentlich boykottieren so rein katarmäßig. Was läge also näher als ein Blick in die Arte-Mediathek? Der darf an dieser Stelle allen ans Herz gelegt werden, zuvorderst freilich den Oberfranken.

Jenen wird man viel Gutes nachsagen können, ein gegen Widrigkeiten gestähltes Ego eher nicht. Guten Grundes: Demnächst ist Landtagswahl, dann schaut die Medienwelt wieder etwas genauer auf die nicht so hypererfolgreichen Ecken Bayerns - gibt's da nicht auch Abwanderung, gar Firmenniedergang? -, und da wird man sich im Oberfränkischen schon auf allerlei hübsche Regionalporträts freuen dürfen, gerne vom ehemaligen Eisernen Vorhang.

Dort darf der Arte-Genuss derzeit schon fast rezeptmäßig empfohlen werden. Allerdings sollte man sich ein bisschen sputen. Zwar ist die Serie "Victoria" noch bis Silvester abrufbar, für die 25 Teile in drei Staffeln sollte man aber schöne 20 Stunden bereithalten.

Victoria? Richtig, das ist jene legendäre Königin, nach der ein ganzes Zeitalter benannt worden ist, was ja nun nicht jede von sich behaupten kann. Als ihre Lebensgeschichte auf der Insel ausgestrahlt wurde, sollen Straßen dort signifikant leerer als sonst gewesen sein. Und Coburgs Stadtführer haben seither auch gut zu tun.

Warum? Ein Zählapparat wäre hilfreich, um das Aufkommen eines im Fränkischen beheimateten Wortes zu erfassen. Es geht viel um Weltpolitik in dieser Serie, das muss so sein, wenn von einer Dame die Rede ist, in deren Ära das British Empire seinen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Höhepunkt erlebte. Dazwischen aber ist immer wieder zu hören: Coburg. Coburg. Coburg.

Von dort stammt Victorias Verwandtschaft. Dass diese in einer britischen Produktion auch mal bucklig deutsch daherkommt - geschenkt. Dafür ist ihr Cousin Albert vom Schloss Rosenau im Coburger Land ein reizender (wenn auch nicht unterkomplexer) Bursche, ein franconian young man, im heiratsfähigen Alter zumal.

Und um es kurz zu machen: Man wird dieses - wow - Oberfranken mit anderen Augen sehen nach dem Serienkonsum. Und sich womöglich noch über Weihnachten auf den Weg zum Schloss Rosenau machen. Über das schwärmte Victoria, die echte: "Wäre ich nicht was ich bin, hätte ich hier mein wirkliches Zuhause." In Oberfranken!

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