Süddeutsche Zeitung

Coburg:Noch ein Oberbürgermeister, der nicht mehr mag

Nach Ulrich Maly in Nürnberg und Kurt Gribl in Augsburg tritt jetzt auch Coburgs Rathauschef Norbert Tessmer 2020 nicht mehr zur Wiederwahl an. Und wieder bleibt eine Stadt verdattert zurück.

Glosse von Olaf Przybilla

Und schon wieder hat ein Oberbürgermeister keine Lust mehr. Diesmal ist es Norbert Tessmer, Coburgs Rathauschef. Nach exakt einer Amtsperiode wird der Sozialdemokrat nicht mehr antreten zur Wahl 2020. Und wie so oft schon in diesen Tagen bleibt eine Stadt verdattert zurück: Im Ernst jetzt, unser Oberbürgermeister hört auf?

Man kennt das ja inzwischen. Angefangen hat Ulrich Maly in Nürnberg, ebenfalls SPD, derzeit 59 Jahre alt. Anschließend fand Augsburgs OB Kurt Gribl, CSU, den Gedanken an einen neuen Lebensabschnitt irgendwie reizvoll, er ist 54. Und danach lud der CSU-Mann Matthias Thürauf, der OB von Schwabach, im zarten Alter von 45 zur Presserunde. Eine neue Umgehungsstraße? Oder was Schönes für Frankens Goldschlägerstadt? Nö. Thürauf erklärte, dass mit 45 jetzt auch mal genug ist mit dem Rathausdasein. Ja, da hätte man auch draufkommen können.

Man muss fair bleiben. Keiner der drei hat beim Amtsantritt erklärt, dass er den Job auch noch im Adenauer-Alter haben mag. Und dass in den Städten keiner aufatmet und den scheidenden Herren hinterherruft, dass das aber auch Zeit wurde mit dem Aufhören, spricht dafür, dass sie manches richtig gemacht haben in ihrer Amtszeit. Ähnlich ist es jetzt auch bei Tessmer. Aber nur eine Amtsperiode?

Gut, zur Wahrheit gehört auch, dass Tessmer 35 Jahre Kommunalpolitik hinter sich hat. Und mit 66 Jahren fängt zwar dem deutschen Liedgut zufolge das Leben angeblich erst an, aber im Normalfall eben nicht das Berufsleben. Er habe nicht vorgehabt, der "lebensälteste Oberbürgermeister in Bayern" zu werden, hat Tessmer jetzt der Coburger Neuen Presse erklärt. Außerdem beobachte er, dass Coburgs Stadtrat immer mehr "zerfasert". Und diese allgemein schwierige Lage im Stadtrat - die sei kein "Coburger Problem". Das höre er von vielen Kollegen.

So haben alle ihre guten Gründe. Und trotzdem lässt einen das alles beklommen zurück, fast entwickelt man Verlustängste. Gleich in Coburgs Nachbarschaft hat sich Bambergs OB Andreas Starke auch noch nicht erklärt, seit Monaten warten alle. Das wäre auch so ein Fall von "kann ja wohl nicht wahr sein". An diesem Montag will er sich endlich äußern. Aber: Kopf hoch, ihr Bamberger! Wenigstens euer OB wird euch bleiben - wetten?

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SZ vom 19.08.2019/amm
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