Britisches Königshaus:Warum König Charles III. nicht nach Coburg kommt

Britisches Königshaus: Bald besucht der König Charles III. Deutschland. Um Coburg jedoch macht der Royal einen Bogen.

Bald besucht der König Charles III. Deutschland. Um Coburg jedoch macht der Royal einen Bogen.

(Foto: Aaron Chown/dpa)

Der ranghöchste Royal wird beim Antrittsbesuch in Deutschland drei Bundesländer besuchen. Den Landstrich seines Urururgroßvaters in Franken nicht.

Von Olaf Przybilla, Coburg

Ehe mal wieder jemand die Bedeutung Coburgs für den Weltenlauf unterschätzt: Man muss, findet Michael Selzer, nicht unbotmäßig zuspitzen, um zur These zu gelangen, dass der Christbaum zur Weihnachtszeit nicht weltweit verbreitet wäre ohne das Residenzstädtchen in Oberfranken. Warum? Selzer, Abteilungsleiter für Projekte in Coburg, erklärt es so: Prinz Albert, der Gatte von Königin Victoria, führte diese Tradition aus seiner fränkisch-thüringischen Heimat im Königshaus ein. Und etwas im Königshaus einzuführen, bedeutete eben auch: auf der britischen Insel, von dort aus im Vereinigten Königreich und so weiter. Warum es in den Stuben kontinenteübergreifend so herrlich nach Nadelbaum duftet im Dezember? Frag nach in Coburg!

So weit vorläufig das Große und Gute aus Coburg, nun zum Ernüchternden. Charles III., der Urururenkel vom Coburger Prinzgemahl Albert, kommt Ende des Monats nach Deutschland und wird beim Staatsbesuch insgesamt drei Bundesländer besuchen: Berlin, Brandenburg und Hamburg, so hat es der Bundespräsident kürzlich mitgeteilt. Nun wissen womöglich nicht alle, dass sich Coburg das Land, zu dem es künftig gehören wollte, relativ spät erwählt hat. Aber dass die Coburger 1919 nicht für eine Vereinigung mit Hamburg, Brandenburg oder gar Berlin votierten, dürfte schon zum Allgemeingut zählen. Seit gut 100 Jahren gehört Coburg zu Bayern - und nein, dieses Bundesland hat der Bundespräsident nicht als Königszielort genannt. Was bedeutet, so knallhart das dort ankommen mag: nix Coburg.

Aber stammt der Mann wurzelmäßig nicht von dort? Und hat man das nicht kürzlich erst in der großen Serie über die historische Weltenlenkerin Victoria auf Arte miterleben können, in der das Wörtchen "Coburg" noch häufiger vorkam als etwa "Weihnachtsbaum"? Schon. Und es stimmt auch, dass Michael Selzer, der Mann für Coburger Events, erst vor vier Jahren angeregt mit Charles plauderte. Anlass war ein Empfang des britischen Botschafters in Berlin, Coburgs Zweite Bürgermeisterin hatte sich strategisch geschickt am Teppich platziert und so kam die fränkische Delegation ins Parlieren mit dem Mann, der damals noch nicht König war. Selbstredend habe man ihn eingeladen nach Franken, damals zunächst zum Albert-Jubiläum 2019, erinnert sich Selzer. "I will really try to come", habe Charles geantwortet.

Nun muss erwähnt werden, dass er Franken durchaus kennt. 1987, so wissen es Coburg-Chronisten, besuchte der Kronprinz Bayreuth und nutzte den Folgetag, um kurz Schloss Rosenau bei Coburg zu besuchen, wo sein Urururgroßvater Albert von Sachsen-Coburg und Gotha 1819 geboren wurde. Aber richtig mitbekommen hat den Besuch des Prince of Wales damals kaum einer, der war eher halboffiziell. Jetzt als König, ein Antrittsbesuch, das wäre etwas ganz anderes gewesen.

Die Stadt hatte ihn offiziell eingeladen. Warum das also nicht passieren wird? Es ist so: Nach zwei Weltkriegen erkannten nicht nur Hofberichterstatter eine kühle Distanz zwischen britischem Königshaus und deutschen Dynastien. Coburg freilich traf der Bannstrahl besonders hart, hatte sich das dortige Adelshaus doch auf unrühmliche Weise hervorgetan, ausgerechnet in der braunen Zeit.

Ob das noch eine Rolle spielt? Man weiß es nicht exakt, heißt es in Coburg. Hat den König aber vorsorglich gleich noch eingeladen zur Eröffnung des Globe-Theaters, der Interimsstätte des Landestheaters. Auch das Globe soll die Verbundenheit von Coburg mit der Insel andeuten, wenn auch in dem Fall eher mit Shakespeare als mit Charles.

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