Club "Call me Drella":Starr verträumte Coolness

Die Dreiliterflasche Champagner kostet hier 5555 Euro und manche Blondine will am liebsten sofort wieder abhauen: Der Club "Call me Drella" am Maximiliansplatz ist abgedreht, geheimnisvoll und ein wenig unheimlich.

Philipp Crone

Dieser Club ist ein großes Versprechen. Schon der Name "Call me Drella". Drella, so nannte sich Andy Warhol, eine Wortmischung aus Dracula und Cinderella, aus Gut und Böse. Alles, was einen am Maximiliansplatz 5 hinter der Eingangstür erwartet, ist exzentrisch, ist überraschend. Während im Vorgängerclub "Baby!", der Ende 2011 geschlossen hat, Edeldesign-Ambiente zu sehen war, ist die neue Einrichtung eine Art labyrinthischer Geisterbahn mit jeder Menge verspielter Details.

Club "Call me Drella": Labyrinthische Geisterbahn: Der Club "Call me Drella" gibt sich exzentrisch.

Labyrinthische Geisterbahn: Der Club "Call me Drella" gibt sich exzentrisch.

(Foto: Stephan Rumpf)

Die Bahn führt zunächst eine Treppe hoch, vorbei an den schwarzen Wänden, an Damen und Herren mit kalkweiß geschminkten Gesichtern. Die einen sind Clowns, die anderen Totenschädel, der nächste trägt eine bunte Lockenperücke und bietet hinter der Bar im Obergeschoss einen Munich Mule an. Selbstverständlich hat man hier im rötlich-dunklen Zwielicht auch Besonderheiten vorbereitet, etwa den Rosmarin-Gin, der in einer braunen Apothekerflasche im Regal steht wie ein weiteres Geisterbahnutensil. Es ist 23.27 Uhr an einem Samstag, und noch sind genau sieben Gäste da.

Eine weitere Treppe führt vom Barraum wieder einen Stock nach unten, vorbei an einem mit bunten Neonröhren beleuchteten Gitterregal voller Plüschhasen, dem "Friedhof der Kuscheltiere", runter in den Tanzsaal. Der ist mehr Dracula als Cinderella, mit einem roten mannshohen Neonröhrenkreuz, samtenen Sofas an den Seiten, von Kandelabern illuminiert, gekrönt von einer prächtigen Discokugel und dem Drella-Schriftzug in leuchtenden Lettern. Die Musik ist wunderbar exotisch, gerade noch clubtauglich, melodisch melancholisch, düster und verschwörerisch.

So weit, so Geisterbahn. In einem Schaukasten schießt Mickey Mouse auf einen Ballett tanzenden Darth Vader. Eine der Bars ist aus Schubladen gezimmert. Darauf liegt die Getränkekarte, und nun wird es kritisch. Einstellige Preise sind hier selten. Moscow Mule für neun Euro, Sprizz für 9,50. Gin? Wird einem in Literflaschen angeboten, Champagner auch als Dreiliterflasche Roederer Cristal, für 5555 Euro.

Die Gäste, für die diese Karte konzipiert ist, kommen um 23.40 Uhr, in einer scheinbar konzertierten Aktion. Innerhalb von wenigen Minuten ist der Saal voll. Eine blonde Dame Ende 20 bestellt ihren Weißwein und bezahlt mit einem 500 Euro Schein. Drei gut gegelte Jungs nehmen ihre reservierten Barplätze ein, einigen sich auf eine Flasche Wodka zu 105 Euro und verfallen hinter dem Kühlkübel in starr verträumte Coolness. Es ist der Zeitpunkt, an dem manch einer am liebsten frustriert das Weite suchen würde. "Schlimm!", ruft eine Blondine ihrer Begleitung zu.

Doch durchhalten lohnt sich. Um 2 Uhr verwandelt sich die steife Gesellschaft in ein entspannt feierndes Clubpublikum. Einer der drei Geljungs ist über seinem Wodka eingeschlafen, und am anderen Ende stehen drei Badstuber-Doppelgänger sogar schon leicht wippend an den Tresen gelehnt. Jetzt sind die verspannten Poser in der Minderheit, selbst die Allerlässigsten lassen sich von der berauschenden Umgebung verführen. Die Musik bleibt herrlich eigen und unaufgeregt. Ein dunkler Warren-G-Mix, Hi-Hat-Schläge zischen durch den Raum und unter der glitzernden Discokugel zappelt es.

Ein Club ist nur so gut wie die Leute, die ihn besuchen. Das "Call me Drella" aber schafft es, auch noch den schnöseligsten Szenelutscher in seinen Bann zu ziehen. Versprechen gehalten.

Call me Drella, Maximiliansplatz 5, www.callmedrella.de

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