Chronologie des Rauchverbots:Durchatmen und aussitzen

Der lange Weg zum totalen Rauchverbot - und zurück: Wie die CSU in Bayern das strikteste Verbot durchsetzt, nach Wahlschlappen zurückrudert und schließlich das Volk abstimmen lässt - eine Chronologie in Bildern.

K. Haimerl

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Quelle: Toni Heigl

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Chronologie des Rauchverbots:Wahl

Der lange Weg zum totalen Rauchverbot und zurück: Wie die CSU in Bayern das strikteste Verbot durchsetzt, nach Wahlschlappen zurückrudert und schließlich das Volk abstimmen lässt - eine Chronologie in Bildern.

4. Juli 2010

 Die Bayern haben entschieden - und mit ihrem Entscheid einen Schlussstrich unter einen jahrelangen Streit gesetzt. Bereits eineinhalb Stunden nach Schließung der Wahllokale zeichnete sich ein eindeutiger Trend ab: Fast überall lagen die Anhänger des vollständigen Rauchverbots weit vorn. Damit kehrt Bayern wohl zu dem rigorosen Gesundheitsschutzgesetz aus dem Jahr 2008 zurück - mit einer Ausnahme: Eben dass es ab August 2010 keine Ausnahme mehr geben soll.

Im Folgenden die Chronologie des Rauchverbots in Bayern.

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5. Mai 2007

Kurswechsel in Deutschland: Der Bundestag verabschiedet den Gesetzesentwurf zum Nichtraucherschutz. Damit ist vom 1. September 2007 an das Rauchen in allen Bundesbehörden, Gerichten, Stiftungen sowie öffentlichen Verkehrsmitteln einschließlich Taxis und auf Bahnhöfen verboten.

Bislang hatte Deutschland Maßnahmen gegen das Rauchen immer wieder blockiert - insbesondere die Vorgaben der Europäischen Union hat die Bundesregierung immer wieder abgeschwächt.

Leben und leben lassen - so war zunächst die Linie von Edmund Stoiber, dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten. Der Gesetzesentwurf der Regierung Stoiber enthielt Ausnahmegenehmigungen für Festzelte und abgetrennte Raucherzimmer in Lokalen. Doch letztlich kam es anders. Auch in abgetrennten Räumen sollte das Rauchen verboten werden.

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Georg Schmid, dpa

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24. Oktober 2007

In der CSU-Fraktion kamen die Pläne der Regierung nicht bei allen gut an. Für den neu gewählten Fraktionschef Georg Schmid sollte die Abstimmung zur Bewährungsprobe werden. Letztlich gelingt es ihm, die Fraktion zur Zustimmung zu bewegen - auch wenn viele das mit der geballten Faust in der Tasche tun: Sie kippt die geplanten Ausnahmeregelungen für Nebenräume von Wirtshäusern und für Bierzelte. Seitdem gilt Schmid als einer der Väter des strengsten Rauchverbots Deutschlands - und zieht sich den Zorn der bayerischen Wirte zu. Die bezeichnen Schmid als "Mörder der bayerischen Dorfgastronomie".

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12. Dezember 2007

Der bayerische Landtag verabschiedet das strikteste Rauchverbot eines deutschen Bundeslandes mit großer Mehrheit. Parteiübergreifend stimmen 140 der 180 Abgeordneten im Münchner Maximilianeum für den Gesetzesentwurf der CSU.

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Rauchverbot in Kraft, dpa

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1. Januar 2008

Raucher müssen ab jetzt raus: In allen öffentlichen Gebäuden, Restaurants und Bierzelten gilt nun ein grundsätzliches Rauchverbot. Auch größere Restaurants dürfen keine abgetrennten Raucherräume einrichten. Doch sogar die strikte bayerische Regelung lässt Ausnahmen zu.

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Nichtraucher vor die Tür, dpa

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Einige Wirte haben die Verwaltungsvorschriften genau studiert und sind sehr findig in kreativen Lösungen: Der Inhaber dieses Lokals in Schwaben etwa ernennt seine Gäste schlichtweg zu Künstlern - und schickt die Nichtraucher vor die Tür. Denn das Gesundheitsschutzgesetz sieht Ausnahmen vom Rauchverbot bei "künstlerischen Darbietungen" vor.

Noch eine Lücke gibt es im rigiden bayerischen Gesetz: Den Wirten steht es offen, ihr Lokal zu geschlossenen Gesellschaften, also zu sogenannten Raucherklubs, zu machen.

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12. März 2008

Es ist der Tag der Kommunalwahlen in Bayern. Die CSU verliert mehr als fünf Prozentpunkte an Stimmen und erzielt mit nur noch 40 Prozent das schlechteste Ergebnis in einer Kommunalwahl seit 1966.

Für CSU-Chef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein steht fest: Ein Grund für das schlechte Wahlergebnis ist das rigorose Rauchverbot.

Sie geben dem Drängen der Wiesenwirte letztlich nach und beschließen eine Lockerung. Bier- und Festzelte werden für ein Jahr vom Rauchverbot ausgenommen - auch auf dem Oktoberfest, das in die Zeit der Landtagswahl fällt.

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30. Juli 2008

Sieg für die Rauchereckkneipe: Das Bundesverfassungsgericht erklärt das Rauchverbot in Einraumkneipen in Baden-Württemberg und Berlin für verfassungswidrig. Eine Gaststätte mit weniger als 75 Quadtratmetern Gastfläche und ohne abgetrennten Nebenraum kann künftig vom Wirt mit einem Schild am Eingang zur Raucherkneipe erklärt werden. Großer Jubel ...

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Jubel bei Urteilsverkündung, AP

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... unter anderem bei Rolf Metzger, dem Wirt einer Pilsstube in Ludwigsburg. Er hatte gemeinsam mit zwei anderen Gastronomen gegen das Rauchverbot in Einraum-Gaststätten Klage eingereicht.

Allerdings fällt das Urteil der Verfassungsrichter nicht nur zur Freude der Gastronomen aus: Denn es sagt außerdem, dass der Gesetzgeber aus Gründen des Gesundheitsschutzes auch ein ganz radikales Rauchverbot hätte erlassen können - und löst damit in Bayern einen Streit aus. Die CSU findet, das bayerische Rauchverbot ist nahe am totalen und damit verfassungsgemäß. Die Wirte argumentieren dagegen, dass auch das strenge bayerische Rauchverbot Ausnahmen zulässt - und es somit korrigiert werden muss.

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Raucherclub, ddp

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1. August 2008

Das Rauchverbot ist verfassungsgemäß - Raucherklubs aber auch: Das urteilt der Bayerische Verfassungsgerichtshof und hat damit zwei Anträge zur Regelung des Nichtraucherschutzes abgelehnt. Nach Angaben des Vereins zum Erhalt der Bayerischen Wirtshauskultur gibt es in Bayern mittlerweile schon mehr als 8000 Raucherklubs, ein Zehntel davon allein in München.

Die Münchner Wirtin Birgit Netzel vor ihrer Gastwirtschaft: Sie ist eine von drei Rauchverbots-Gegnern, die Verfassungsbeschwerde eingelegt hatten. Foto: ddp

Erwin Huber, Günther Beckstein, ddp

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28. September 2008

Der schwarze Tag für die CSU: Die Partei unter dem Führungstandem Erwin Huber (li.) und Günther Beckstein fährt ein historisches Minus ein: Nur noch 43,4 Prozent für die CSU. Und wieder wird als einer der Hauptgründe für das Desaster das Rauchverbot genannt.

Nach der Wahl ist nichts mehr so wie vor der Wahl: Schlag auf Schlag wird die CSU-Spitze ausgewechselt - und auch das rigorose Rachverbot steht wieder zur Debatte. Der designierte bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer kündigt schon gleich mal eine Lockerung an. Das Gesetz habe "die bayerische Volksseele verletzt", seine Maxime laute: "Leben und leben lassen." Zurück zu Stoibers Zeiten?

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Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Martin Zeil, ddp

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14. Oktober 2008

Nicht ganz: Die CSU muss nun eine Koalition eingehen. Derzeit verhandelt sie mit den Liberalen. Und zumindest beim Rauchverbot ist man sich schnell einig: Bereits im Wahlkampf hat die FDP massiv damit geworben, das strenge Rauchverbot zu lockern.

Die bayerische FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit dem Spitzenkandidaten Martin Zeil. Foto: ddp

Eckkneipe, dpa

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20. Januar 2009

Die Regierungskoalition aus CSU und FDP verständigen sich auf eine Aufweichung des strikten Rauchverbots - und kehren zurück zum Plan von Edmund Stoiber. In Bier- und Weinzelten, in Nebenräumen von Gaststätten und Diskotheken sowie in Einraumkneipen mit bis zu 75 Quadratmetern Fläche soll das Rauchen künftig wieder erlaubt werden. Im Juli 2009 beschließt der Landtag mit der Mehrheit von CSU und FDP diese Lockerung. Streit ist programmiert.

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ÖDP startet Rauchverbots-Volksbegehren

Quelle: dpa

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2. Mai 2009

Die ödp kündigt ihr Volksbegehren gegen die Lockerung des Verbots an - und hat damit auf Anhieb Erfolg: Ende Mai teilt die Partei in einer Pressemitteilung mit, dass man "die erforderlichen 25.000 Zulassungsunterschriften im Rekordtempo von knapp vier Wochen gesammelt" habe.

Sebastian Frankenberger, Volksbegehren, Rauchverbot, Bayern

Quelle: online.sdebayern

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3. Dezember 2009

Sebastian Frankenberger, Organisator des ödp-Volksbegehrens, jubelt in einer Münchner Gaststätte. Das Volksbegehren hat die nötige Zehn-Prozent-Hürde überschritten - um mehr als 3 Prozent. Bis zu 1,3 Millionen Bürger haben im Freistaat unterschrieben.

Landtag - Wassergesetz

Quelle: dpa

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4. Februar 2010

Der Streit ums Rauchverbot kehrt zurück in den Landtag. Die Koalition aus CSU und FDP hat die Wahl: Sie kann den Gesetzentwurf der Initiatoren des Volksbegehrens entweder annehmen oder den Volksentscheid ansetzen. Dieses Mal will sich die bayerische Staatsregierung raushalten: "Die Bayern sollen entscheiden, was sie letztlich wollen", sagt Gesundheitsminister Markus Söder (CSU). Der Landtag macht den Weg frei zum Volksentscheid.

Plakatwände für Nichtraucherschutz in Bayern

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Juni 2010

Gegner und Befürworter des strikten Rauchverbots machen mobil: Am 4. Juli stimmen die Bayern in einem Volksentscheid über das Rauchverbot ohne Ausnahme ab. In Umfragen zeichnet sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab - und eine hohe Beteiligung. Das Thema polarisiert die Bürger im Freistaat wie in keinem anderen Bundesland. Es geht um das Motto, das die Bayern so gerne für sich beanspruchen, und das in Sachen Rauchverbot Gegner wie Befürworter anführen: "Leben und leben lassen."

© sueddeutsche.de
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