Landtagswahl in Bayern:Christian Ude, der entzauberte Kandidat

Während Münchens OB Christian Ude Kühe streichelt, dreht die CSU-Konkurrenz gehörig auf im Kampf um die Macht in Bayern. Im Zweikampf mit Ministerpräsident Horst Seehofer sieht Ude ziemlich schlecht aus. Will er nicht, kann er nicht - oder soll er nicht?

Frank Müller und Mike Szymanski

Am Donnerstag war Christian Ude wieder Kühe streicheln, diesmal aber nicht auf dem Hof von Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger. Sondern auf Einladung des Bauernverbands bei einem Hofbesuch in Oberroth im Landkreis Dachau. Ude lernt das Land kennen, das er in nicht so ferner Zukunft regieren will, solche Auftritte gibt es nun schon seit geraumer Zeit. Wo immer Ude ist, gibt er den Gelassenen und Entspannten. Dass die CSU-Konkurrenz gehörig aufdreht im Kampf um die Macht in Bayern, muss Ude mitbekommen haben. Erkennbare Reaktionen beim Kandidaten und der Partei gibt es nicht. Will Ude nicht, kann er nicht oder soll er nicht?

Bürgerentscheid zum Flughafenausbau in München

Kampf um die Macht in Bayern: Christian Ude fällt es derzeit erkennbar schwer, mit Horst Seehofer Schritt zu halten.

(Foto: dpa)

Gerade in den letzten Tagen und Wochen hat Seehofer die Ude-Mannschaft mit einem wahren Trommelfeuer bombardiert. Seehofer treibt in München einen neuen Konzertsaal voran, schlägt Volte um Volte beim Ausbau der Münchner S-Bahn, entzieht dem Flughafen nebenher 500 Millionen Euro an Gesellschafterdarlehen und baut für Ude auch noch eine Röttgen-Falle: Weil Ude sich weigert, das von ihm angestrebte Landtagsmandat auch im Falle einer Niederlage anzunehmen, stellt Seehofer ihn offen in Beziehung zum von ihm verachteten Spitzenkandidaten der NRW-CDU. Auch Norbert Röttgen hatte sich um solche Fragen herumgedrückt.

"Ude macht Röttgen", sagt Seehofer mit breiter Brust. Er selbst würde selbstverständlich im Misserfolgsfall auch in die Opposition gehen, fügt Seehofer hinzu. In Wahrheit würde der CSU-Chef im Fall der Niederlage von seiner Partei wahrscheinlich Betretungsverbot für den Landtag erhalten, aber das ist eine andere Geschichte.

Man kann den Ministerpräsidenten in diesen Tagen häufig dabei beobachten, wie er still in sich hineinlächelt. Er sitzt dann zum Beispiel im Landtag weit weg vom Plenarsaal auf einem Stuhl in einer Ecke, schnauft etwas durch, treibt Scherze. Er denkt an Ude, und er ist zufrieden. Wäre dies ein Comic, dann könnte man sich den wuchtigen Seehofer als alten Kater vorstellen. Er sitzt da und wartet, irgendwann wird die Maus schon kommen und in eine der Fallen hineinrasseln, die der fiese Kater aufgestellt hat. Die Maus ist Christian Ude.

Es gibt auch eine andere Tiergeschichte, die der Sozialdemokraten: In ihr gibt es den großen manischen Hamster Horst. Der rast durch ein Laufrad, hält sich selbst in wahnwitzigem Schwung und tritt doch immer auf der Stelle. "Die Horst-Show" nennen das Udes Sozis und gucken zu, wie der Hamster immer schneller rast und meint, er sei schon fast am Ziel. Irgendwann, so die Vision, steckt einer mal ein Stöckchen in das Rad. Das stoppt abrupt, der Hamster fällt erschöpft ins Nichts.

Die "Mutter aller Schlachten

Eigentlich ist die Wahl zwar noch 15 Monate entfernt, alle Beteiligten betonen treuherzig, es sei noch keinesfalls Wahlkampf. In Wahrheit läuft die Vorbereitung auf die "Mutter aller Schlachten", wie Seehofer es nennt, auf Hochtouren. Und es gibt viele, die momentan eher zu Version eins der Geschichte neigen. Denn Ude fällt es erkennbar schwer, mit Seehofer Schritt zu halten. Wo immer Seehofer seine Themen-Pflöcke einrammt, erklärt Ude wortreich, warum die Wahrheit eine ganz andere sei.

In der Zwischenzeit ist der Ministerpräsident schon weitergezogen und hämmert an der nächsten Baustelle. Allmählich dämmert es auch der Bayern-SPD, dass Ude allein im Wahlkampf 2013 nicht ihr Retter sein wird. "Wir können nicht mit dem Finger auf ihn zeigen, er kann es alleine nicht machen", sagt Harald Güller, SPD-Geschäftsführer im Landtag. Zwar habe Ude die SPD weit nach vorne gebracht, als er im vergangenen Jahr seine Kandidatur erklärte. Ist dieser Effekt schon verpufft? "In den Gliederungen liegt noch viel Arbeit vor uns", sagt Güller.

Aus dem Münchner Oberbürgermeister muss erst noch ein richtiger Spitzenkandidat für die Landtagswahl werden. Güller meint zwar, Ude habe in diese Rolle hineingefunden. Aber außerhalb Münchens ist die Wahrnehmung eine andere. Da bleibt er der Münchner OB. Güller gibt sich gelassen. "Wir haben noch eine Strecke von über einem Jahr vor uns." Seine Partei sei aber jetzt schon besser aufgestellt für den Wahlkampf als in früheren Jahren. "Unser Riesenvorteil ist, dass wir einen Kandidaten haben, der eine Grundbekanntheit und eine Grundsympathie hat."

Das klingt noch nach einer Menge Potenzial nach oben im Vergleich zur Kampfmaschine Seehofer. "Wir geben Gas, aber nach innen", sagt einer aus Udes Umfeld. Nun sei die Phase des internen Aufbruchs, der Stabilisierung, der Vorbereitung. Den echten Kampf werde es später geben - dann eben, wenn der Hamster sich schon müde gelaufen hat. Von außen betrachtet wirkt Udes Nicht-Wahlkampf manchmal aufreizend langsam und gelassen. Auch bei den Mitstreitern im angestrebten Dreier-Bündnis mit Grünen und Freien Wählern wird dies teils so gesehen. "Wir sind nicht im Duell-Modus", heißt es dazu im Ude-Team.

Nur: Ob das Umschalten am Ende, wenn es denn passiert, nicht einfach zu spät kommen wird? In den Umfragen geht Seehofer in Führung, Udes Bündnis dümpelt vor sich hin. Alles sei im Plan, beschwichtigt ein SPD-Spitzenmann: "Das Unternehmen hat sich bis jetzt gelohnt. Er hat die Opposition interessanter gemacht."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: