Sprache im Chiemgau:Grupfte Hehna, Heihupfa und Brozn

Lesezeit: 2 min

Auf dem Mundartweg in Breitbrunn wird der Begriff Heihupfa erläutert und sogar besungen. Der Heihupfa ist auch bekannt unter den Namen Heischreck und Grashupfa. (Foto: Sebastian Huber (Illustration))

Auch im Chiemgau verändern sich die Sprachgewohnheiten. Schülerinnen und Schüler der Mittelschule in Prien haben deshalb zusammen mit sieben Gemeinden einen Mundartweg geschaffen, der die Menschen für die Besonderheiten ihrer Sprache sensibilisieren soll.

Von Hans Kratzer, Prien

Der ehrwürdige Brauch des Gebädleidns wird im Chiemgau bis heute gepflegt. Dieses Gebetläuten rhythmisiert den Tagesablauf, denn die Kirchenglocke gibt jede Viertelstunde mit einigen Schlägen die Uhrzeit an, sie läutet in der Früh und zur Mittagszeit, und das abendliche Angelusläuten richtet sich nach dem Sonnenuntergang: "'s Gebädleidn is bessa ois a Wecka", sagen Schüler aus Rimsting aus Erfahrung. Sie machten aber auch die Erfahrung, dass alte Bräuche heute nicht mehr von allen akzeptiert werden. "Es gabad scho einige Fälle, wo das vor Gericht glandt is, weil manche 's Gebädleidn ned gewohnt san", sagen sie in einer Tonaufnahme, die auf dem neuen Chiemgauer Mundartweg zu hören ist. Vor allem Zugereiste sehen sich oft schnell veranlasst, gegen diese akustische "Belästigung" vor Gericht zu ziehen.

Auch im Chiemgau ist die Welt im Umbruch, festgefügte Gewohnheiten geraten ins Wanken. Selbst die dortige Mundart schleift sich im Gefolge von Zuzug, Tourismus und Zeitgeist mehr und mehr ab. Als ein innovatives Projekt, um die Menschen für dieses Kulturgut zu sensibilisieren, versteht sich der Mundartweg, der soeben vorgestellt wurde. Bemerkenswert ist, dass das Projekt von vielen jungen Menschen getragen wird, genauer gesagt von den Schülerinnen und Schülern der Franziska-Hager-Mittelschule in Prien.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Die Schule hat den Mundartweg in Zusammenarbeit mit sieben Gemeinden erstellt. Die Idee dazu stammt von dem Priener Lehrer Franz Wagner und von Herbert Reiter, dem Leiter der Tourist-Info in Aschau. Schnell entwickelte sich das Unternehmen über die Schule hinaus zu einem Großprojekt, bei dem jede Gemeinde ihren eigenen Mundartweg mit jeweils einem eigenen Thema bekam. Während sich zum Beispiel in Aschau vom Mongdratzerl bis zum Semmeknödl Begriffe zum Thema Genuss finden, werden in Eggstätt die Feste des Jahreslaufs erörtert (Antlass, Kirta). In Rimsting wiederum geht es um bayerische Bräuche (Weisertwecken, Scheitlknian), in Prien um die Landwirtschaft (grupfte Hehn, Millibitschn), und in Bernau dreht sich alles um die Musik (Ziach, Klampfn). In Breitbrunn wiederum widmet sich der Mundartweg dem Geschehen am Bach (Heihupfa, Brozn), in Gstadt dominieren Flora und Fauna (Impen, Bleame).

Auf den sieben Themenwegen werden auf diese Weise an 61 Schautafeln mundartliche Begriffe und Redewendungen imposant veranschaulicht. Der Breitbrunner Grafiker Sebastian Huber hat die Texte auf den Schautafeln mit Zeichnungen humorvoll illustriert. Die Schülerinnen und Schüler der Franziska-Hager-Mittelschule erklären die Begriffe in Mundart wie auch in Standardsprache mithilfe von Audiodateien, die sich über einen QR-Code über das Handy abrufen lassen.

Als Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) vor wenigen Tagen den Chiemgauer Mundartweg eröffnete, hat er mit Lob für die Priener Schule nicht gegeizt. Er sprach von einem Vorzeigeprojekt zur Dialektpflege und zur sprachlichen Bildung in der Schule. Weitere Informationen mitsamt Illustrationen und Audiodateien sind im Internet unter mundartweg.bayern abrufbar.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: