Sie geben jetzt noch weniger Gas und lassen ihr Fahrzeug viel mehr rollen. Die Busfahrer von Andreas Scharf. Der Chef ist Ende des Jahres auf die Bremse getreten und hat seine 45 Chauffeure zur Schulung gebeten. Thema: Öko-Fahren. Denn 2011 hat der Unternehmer für seine 38 Busse rund 140.000 Euro mehr für Diesel ausgegeben als im Vorjahr. "Solch eine exorbitante Steigerung von 17 Prozent hat es in unserem Betrieb noch nie gegeben", erläutert Scharf. Nun ist auch der Landesverband Bayerischer Busunternehmen (LBO) aktiv geworden. Denn sparsames Fahren allein reicht nicht, um "den wirtschaftlichen Ruin des bayerischen Verkehrsgewerbes" abzuwenden, wie LBO-Geschäftsführer Horst Schilling drastisch formuliert. Politik und kommunale Verkehrsbetriebe seien gefordert.
Die rund 1200 Omnibusunternehmen in Bayern sind überwiegend mittelständische, familiengeführte Betriebe - mit 25.000 Arbeitsplätzen. Knapp 14.000 Busse befördern täglich zwei Millionen Fahrgäste im Reise-, Schüler- und Nahverkehr. Die jährliche Tankrechnung einer durchschnittlichen Firma mit zehn Fahrzeugen und einer Jahresleistung von 70.000 Kilometern pro Bus fällt nach LBO-Angaben um fast 60.000 Euro höher aus als vor zwei Jahren. Die Spritkosten machen inzwischen bis zu 20 Prozent der Gesamtkosten aus. Schilling: "Für die privaten Omnibusunternehmen ist diese Entwicklung verheerend, denn sie können die extremen Mehrkosten nicht mehr auffangen und auch nicht ohne weiteres an den Fahrgast oder Auftraggeber weitergeben."
Gut 60 Prozent ihres Umsatzes machen die bayerischen Busbetriebe im Schnitt nämlich im Schüler- und öffentlichen Nahverkehr. Hier sind die Preise vom Staat und den ÖPNV-Betreibern festgelegt - und damit auch die Erlöse für die Unternehmen. In der Regel sind sie für die Laufzeit ihrer Verträge an vereinbarte Vergütungen gebunden. Wenn die Kraftstoffpreise steigen, bleiben die Kosten beim Unternehmer hängen. "Wir müssen dann Anträge auf Kostenanpassung stellen", sagt Firmenchef Scharf, dessen Busse im Landkreis Erding auch für den Münchner Verkehrsverbund (MVV) fahren.
Doch das bringt nicht immer Geld in die klamme Kasse: Während der MVV durchaus entgegenkommend sei, würden andere Betreiber Anpassungen rundweg ablehnen. Der 42-Jährige, der das Unternehmen in Maria Thalheim in dritter Generation führt, kommt zurzeit nur deshalb ganz gut über die Runden, weil die Auslastung der Fahrzeuge ordentlich ist; und je voller der Bus, desto besser das Verhältnis zum Spritpreis.
Der Landesverband sieht in den hohen Dieselpreisen einen zusätzlichen Kostendruck, dem viele Firmen vermutlich nicht lange standhalten werden. Denn der "jahrelange staatliche Sparkurs im Nahverkehr und die Restriktionen im Reiseverkehr" hätten die finanzielle Leistungskraft der Omnibusbetriebe aufgezehrt. In den vergangenen fünf Jahren sind mehr als 100 Firmen vom Markt verschwunden. "Das Flächenland Bayern ist aber auf einen flächendeckenden Busverkehr angewiesen", sagt LBO-Geschäftsführer Schilling.
Deshalb sind nach Ansicht von Verbandschef Heino Brodschelm "kurzfristige politische Maßnahmen dringend erforderlich". Möglichkeiten sieht er unter anderem durch eine Befreiung von der Mineralölsteuer und der Ökosteuer. Zudem müssten die staatlichen Finanzhilfen für den ÖPNV wieder aufgestockt werden. Brodschelm: "Nicht nur die klimapolitischen Ziele verlangen nach einer Entlastung und Förderung des umweltfreundlichen Busverkehrs. Die Politik trägt auch die Verantwortung, die Funktionsfähigkeit des wichtigsten Verkehrsträgers zu gewährleisten."
Beim ADAC kann man den Ruf nach staatlichen Hilfen "nachvollziehen", so Sprecher Andreas Hölzel. Der Verkehrsexperte weist allerdings daraufhin, dass nicht nur die Politik und die Kraftfahrer gefordert seien. Auch die Motorenindustrie müsse weitere Anstrengungen machen, um noch spritsparende Aggregate zu bauen.
Aus Sicht des bayerischen Verkehrsministeriums, das die Lage der Unternehmen "angespannt" nennt, wären Vergütungsvereinbarungen der Branche mit den Auftraggebern denkbar, die sich an den Kraftstoffpreisen orientieren. "Es gilt kurzfristig Lösungen zu finden, die die Existenz der Unternehmen in der Fläche sichern", sagt eine Sprecherin.