Parteitags-Beschluss:CSU und Burkas: Irgendwie verbieten

An Afghan refugee woman, clad in a burqa, waits with others to be repatriated to Afghanistan, at the United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) office on the outskirts of Peshawar

Die Burka gilt als Symbol für die Unterdrückung der Frau. Die CSU, aber auch linke Frauenrechtlerinnen würden den Schleier daher am liebsten verbieten.

(Foto: Fayaz Aziz/Reuters)
  • Die CSU hat bei ihrem Parteitag einen Antrag gegen den Vollschleier verabschiedet.
  • Der Antrag der CSU-Bundestagsabgeordnete Silke Launert ist nicht neu - doch er schlägt hohe Wellen.
  • Dennoch hat er eher symbolischen Charakter, denn ein Burka-Verbot würde vermutlich gegen mindestens zwei Grundrechte verstoßen.

Von Lisa Schnell und Wolfgang Wittl

Dass die halbe Republik bald über ihre Forderungen diskutieren würde, hatte die CSU-Bundestagsabgeordnete Silke Launert nicht erwartet, als ihr Antrag auf dem CSU-Parteitag angenommen wurde. Doch jetzt kommen Hunderttausende Flüchtlinge in Bayern an, Integration ist ein Dauerthema, die CSU wieder Hüter westlicher Werte. Ihr Antrag passte wunderbar in die Gemengelage, denn Launert fordert, dass das "Tragen von Burka und Niqab deutschlandweit verboten wird".

Was genau der Unterschied zwischen Burka und Niqab ist, da muss Launert erst noch einmal nachschauen. Es geht auf jeden Fall um Vollverschleierung. Wenn Frauen unter einer schwarzen Kutte verschwinden, nur noch durch einen kleinen Schlitz in die Welt hinausblicken können, dann ist das eine "Ablehnung westlicher Werte", wie es im Antrag heißt.

Launert sieht sich als "Kämpferin für Frauenrechte". Ein Burka-Verbot ist in ihren Augen ein Signal für die Gleichberechtigung von Mann und Frau in Deutschland. Auch ein Signal an all die Frauen, die jetzt aus anderen Kulturkreisen zu uns kommen, denen Launert vermitteln will: "Ihr dürft hier wirklich gleichberechtigt sein." Sie hat lange selbst als Juristin gearbeitet, die Erfahrung gemacht, dass es eine "Paralleljustiz" in Deutschland gebe, dass die Diskriminierung von Frauen viel stärker verbreitet ist, als es Staatsanwaltschaften oder Polizei vermuten.

Der Antrag schlägt ein

Mit Gleichberechtigung und Vollverschleierung beschäftigt sich Launert schon seit fast zehn Jahren. Ihre Forderung, ihr Antrag ist eigentlich nichts Neues, doch gerade jetzt schlägt er ein. Er passt vielen wohl gerade in ihre Medienstrategie: Zum Beispiel Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, die beim Rennen um die Ministerpräsidentennachfolge schon lange ins Hintertreffen geriet und sich jetzt wieder in vielen Medien zitiert findet.

Auch die CDU springt auf den Zug auf. Sie will bei ihrem nächsten Parteitag einen ähnlichen Antrag beschließen. Gerade vor dem Hintergrund der Flüchtlingskrise scheint der Antrag von Silke Launert gut ins Konzept der CSU zu passen, die sich gerne als Hüterin der deutschen "Leitkultur" präsentiert. So erklärt sich Launert die große Aufregung um ihren Antrag mit der aktuellen Integrationsdebatte

Richtig berechtigt scheint selbst sie als Antragstellerin sie nicht zu finden, denn es gibt so einiges das fraglich erscheint. Zum einen kämen Burka-Trägerinnen in Bayern "praktisch nicht vor", das sagte zumindest Innenminister Joachim Herrmann letztes Jahr. Ob sein Zitat heute noch zitierfähig ist, dazu gibt sein Ministerium keine Auskunft.

Nur wenige Menschen tragen Vollschleier

Schwarz verhüllte Gestalten erblickt man in Bayern höchstens im Sommer, wenn arabische Touristen den Freistaat mit ihrer Anwesenheit, aber auch mit einem Geldsegen beglücken. Fast 750 000 Übernachtungen wurden von Touristen aus arabischen Golfstaaten dieses Jahr bis September in Bayern gebucht, ein Anstieg von fast 20 Prozent zum Vorjahr. Es scheint so, als würden sie nicht nur wegen den Luxusboutiquen in der Maximilianstraße in München nach Bayern kommen, sondern auch, weil es hier noch kein Burka-Verbot gibt.

Zumindest legt das die Statistik nahe. Kamen 2009 nur knapp 90 000, waren es 2010 bereits rund 125 000. Zufälligerweise beschloss in diesem Jahr das Parlament ein Burka-Verbot für Frankreich . Als Konsumenten waren die verschleierten Frauen in Bayern immer "gern gesehen" - auch von der CSU, sagt Ulrike Gote von den Grünen.

Der jetzige Vorstoß ist für sie nicht mehr als eine "populistische Maßnahme". Ähnlich sieht es die SPD. Außerdem berge ein Burka-Verbot "die große Gefahr einer Solidarisierung mit radikalen Islaminterpretationen", sagt Natascha Kohnen, Generalsekretärin der SPD in Bayern. Auch verfassungsrechtlich sei es schwierig.

Grundrechte sprechen gegen Burka-Verbot

Jeder Mensch habe das Recht, sich so anzuziehen, wie er möchte und seine Religion frei auszuüben, das sagt auch Staatsrechtler Christian Jasper. Damit sprächen schon einmal zwei Grundrechte - das Recht auf Religionsfreiheit und das Persönlichkeitsrecht - gegen ein Burka-Verbot. In der Schule oder aber vor Gericht könnte es ein Burka-Verbot geben, da der Staat dort in Dialog treten und auch das Gesicht sichtbar sein müsse. Bei einem allgemeinen Verbot habe er aber "große Bedenken". Das sehen selbst einige in der CSU so.

Die Diskussion dürfe keinesfalls emotional geführt werden, vielmehr müsse gut vorbereitet werden, was juristisch überhaupt durchsetzbar sei, sagt etwa Martin Neumeyer, Integrationsbeauftragter der bayerischen Staatsregierung. Auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) warnt vor Schnellschüssen. Zuerst müsse erst einmal ein Integrationsgesetz auf den Weg gebracht werden.

Selbst die Urheberin des Antrags, Silke Launert, hat Zweifel, ob ihre Forderungen umgesetzt werden können. Sie ist schließlich selbst Juristin. Die Chancen, dass es wirklich zu einem Antrag im Bundestag kommt, lägen etwa bei 50 Prozent, sagt sie. Und das sei noch positiv geschätzt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: