Von außen betrachtet hätte das doch eigentlich ziemlich gut passen müssen: der "rockende Landrat" von Schwandorf und das Jugendzentrum Burglengenfeld, bekannt für seine Rock- und Punkkonzerte, Keimzelle des Widerstands gegen die Atomare Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf. Thomas Ebeling (CSU) greift gerne mal zur E-Gitarre, ein "rockender Landrat" eben. Es lässt sich nicht mehr belegen, ob ihm zuerst die Lokalpresse diesen Titel verpasste - oder Ebeling sich selbst.
Der Schwandorfer Landrat gibt sich volksnah und modern, ob als Musiker auf der Bühne oder bei seiner Bürgersprechstunde auf Facebook. Im Sommer ließ er sich auf dem Wacken-Festival für die heimische Lokalpresse ablichten - im T-Shirt der Kultband Slayer und mit Pommesgabel, dem Handzeichen unter Metal-Fans. Dahinter sind Festival-Besucher zu sehen, die man so auch direkt auf ein Konzert ins JUZ nach Burglengenfeld verpflanzen könnte. Doch beim Musikgeschmack enden die Gemeinsamkeiten von Ebeling und den JUZlern dann auch schon.

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Das Jugendzentrum ist in einer denkmalgeschützten ehemaligen Landwirtschaftsschule untergebracht. Der Besitzer ist der Landkreis, der die Räume dem Verein mietfrei zur Verfügung stellt. Schon Anfang vergangenen Jahres wurde klar, dass der Landrat dieses seit Jahrzehnten bestehende Arrangement beenden will.
Zunächst ist der Plan, das Haus zu sanieren und danach dort Sozialwohnungen unterzubringen. Ebeling stellt die Möglichkeit in Aussicht, dass auch wieder Räume für Jugend und Kultur geschaffen würden - aber ohne Beteiligung des JUZ. Das könnte die Räume dann höchstens für Konzerte anmieten. Sollte wieder ein Jugendzentrum untergebracht werden, dann nur unter Leitung des Landratsamtes. "Betreutes Basteln", nennt Peter Wein das, SPD-Kreisrat und Unterstützer des JUZ.
Doch dann kommt es noch dicker. Ebeling und eine Abordnung des Bauausschusses kommen im September zu Besuch, um sich mal umzusehen, den Sanierungsbedarf zu klären. Beim JUZ hoffen sie da noch, den Landrat umstimmen zu können, erinnert sich Jule Richter, zweite Vorständin des Vereins. "Wir haben ihm ein pädagogisches Konzept in Aussicht gestellt. Und Ebeling hat sich ganz entspannt gegeben. Es eile ja nicht, wir sollten uns Zeit damit lassen bis Ende des Jahres. Vorher würde eh nichts entschieden. Das hat er gesagt."
Auf 25 Seiten haben die JUZler ihre Ideen für eine Zukunft des Zentrums zusammengetragen. Umsonst. Ein paar Wochen danach entscheidet eine Mehrheit des Bauausschusses, die alte Landwirtschaftsschule zu verkaufen. "Wir haben in einer E-Mail davon erfahren", sagt Richter.
Das Jugendzentrum in Burglengenfeld, einer Stadt mit 12 000 Einwohnern, 30 Kilometer nördlich von Regensburg, gibt es seit 50 Jahren. Es ist eines von wenigen verbliebenen selbst verwalteten Jugendzentren in Bayern. Davon sind so wenige übrig, man braucht nicht mal mehr eine Hand, um sie abzuzählen. Wenn das JUZ aus den Räumen raus muss, dann hat ein Verein nicht nur sein Vereinsheim verloren. Dann endet auch ein Stück Geschichte. Das JUZ gilt als Keimzelle des Widerstandes gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage in Wackersdorf (WAA). Anfang der Achtzigerjahre gelangte das Zentrum zu bundesweiter Berühmtheit, weil von dort aus die Anti-WAAhnsinns-Festivals organisiert wurden.

Ebeling versteht die Aufregung nicht. Man könne die Räume nicht so lassen und es sei nicht Aufgabe eines Landkreises, kostenlose Vereinsheime für Jugendzentren zur Verfügung zu stellen. Überhaupt Jugendzentrum: "Wie viele Jugendliche gehen da überhaupt hin? Ich sehe da niemanden unter 18, auch nicht unter 25 Jahren." Ein "unsinniges" Argument, findet Jule Richter. "Wie alt sind die denn bei der Jungen Union? Da darf man bis 35 mitmachen."
Der Landkreis Schwandorf war lange Jahre SPD-regiert. Ebelings legendärer Vorgänger Hans Schuierer legte sich mit den Mächtigen in München an und ermöglichte so erst die Protest-Konzerte. Seine Partei-Nachkommen versuchen nun auch, den JUZlern beizuspringen, zum Beispiel mit einem Antrag gegen einen Verkauf. Ohne Erfolg. Kreisrat Wein will den "Garaus" des JUZ weiter unbedingt verhindern, wegen der "historischen Bedeutung" und weil das JUZ für eine pluralistische Gesellschaft stehe. "Es muss auch etwas für Jugendliche geben, die nicht zur Pfarrjugend gehen wollen. Einen letzten Ort der Subkultur in der Gegend."