Süddeutsche Zeitung

Burgkirchen:Trinkwasser gefährdet

Brunnen müssen wegen Belastung mit Chemikalien vom Netz

Von Matthias Köpf, Burgkirchen

Das Bayerische Chemiedreieck zwischen Inn und Salzach ist schon in recht verschiedenen Zuschnitten auf Landkarten gezeichnet worden, doch der Chemiepark Gendorf bei Burgkirchen liegt immer mittendrin. Seit 1939 wird dort mit Chemikalien hantiert, anfangs in Rüstungswerken, von 1955 an bei Hoechst und nach dessen Aufspaltung seit knapp 20 Jahren in allerlei Nachfolgefirmen. Längst kennt die Region die Kehrseite der Chemieindustrie. Weil das Umweltbundesamt den Leitwert für Perfluoroctansäure (PFOA) im Trinkwasser gesenkt hat, müssen gerade wieder Brunnen vom Netz. Der Chemiepark verspricht Abhilfe.

PFOA wurde in Gendorf bis 2008 zur Produktion von Kunststoffen eingesetzt, die wiederum unter anderem für Dichtungen und Beschichtungen von Geschirr und Funktionskleidung benutzt werden. Die Produktion habe dem damaligen Stand von Technik und Wissenschaft entsprochen, betont ein Sprecher von InfraServ, der ebenfalls aus Hoechst hervorgegangenen Betreibergesellschaft des Chemieparks. Doch inzwischen gibt es viel feinere Nachweismethoden und seit Kurzem einen neuen Leitwerk für die Konzentration des potenziell leberschädigenden und krebserregenden Stoffes im Trinkwasser. Diesen Leitwert kann der Wasserversorger von Altötting, Neuötting und Winhöring mit zwei seiner Brunnen auch dann nicht mehr einhalten, wenn er das Wasser mit dem bisher unbelasteten Tiefenwasser eines anderen Brunnens mischt. Zugleich kommt eine vom Chemiepark finanzierte Studie zu dem Schluss, dass die PFOA-Konzentration im Grundwasser in den kommenden 15 Jahren weiter steigen wird.

Seit das Wasserwerk Anfang November die beiden Brunnen vom Netz genommen hat, wird in der Region über neue Brunnen und neue Trinkwasser-Verbünde gesprochen. Als einfachste Lösung gilt aber der Einbau von Aktivkohle-Filtern, wie sie schon im nahen Alzgern das PFOA aus dem Wasser holen. InfraServ, das erhebliche Gewerbesteuer bezahlt, in seinem Chemiepark 4000 Arbeitsplätze bietet und dort gerade für 30 Millionen Euro ein neues Kraftwerk baut, hat angeboten, die Kosten für die Filter zu tragen.

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Quelle:
SZ vom 06.12.2016
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