Die Linke in Bayern erreicht nach Hochrechnungen des Bayerischen Rundfunks von 21.45 Uhr 5,5 Prozent der Wählerstimmen, vor vier Jahren kam sie noch auf 2,9 Prozent. Bundesweit sind es sogar 8,9 Prozent. Und während sich die bundesweite Linken-Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek auf der Bühne in Berlin Freudentränchen aus den Augen wischte angesichts des unerwartet deutlichen Wiedereinzugs in den Bundestag, gab sich der bayerische BSW-Spitzenkandidat Klaus Ernst tapfer positiv. Ernst nannte das Ergebnis „ausgezeichnet“, obwohl das Bündnis Sahra Wagenknecht in Bayern nur 3,1 Prozent der Wählerstimmen bekam. Allerdings stand das BSW zum Zeitpunkt des Gesprächs bundesweit bei fünf Prozent.
Der Aufwärtstrend, den die Linke bundesweit zuletzt erfuhr, war auch für die Partei in Bayern ein Motivationsschub. Sie stellte vor allem den Unterschied zu Grünen und SPD heraus. Nur die Linke stehe dafür, „nicht Politik auf dem Rücken der Schwächsten zu machen“, warb der bayerische Spitzenkandidat Ates Gürpinar. Er zielte auch auf die gemeinsame Abstimmung von Union und AfD im Bundestag ab – nach dem „Dammbruch“ machten Grüne und SPD der Union „weiter munter Koalitionsavancen“. Eine positive Stimmung pro Linke war in Bayern in der Szene der Geflüchteten-Hilfe zu hören; unter Verweis auf Kompromisse der Grünen wie beim europäischen Asyl-System. Zu mobilisieren versuchte die Linke bei Beschäftigten in der Pflege.

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Bayern gilt eigentlich nicht als gutes Pflaster für die Linke. Bei der Bundestagswahl 2021 kam sie auf 2,8 Prozent der Zweitstimmen, konnte dank der bundesweiten Resultate aber drei Abgeordnete stellen. Bei der Landtagswahl 2023 waren es sogar nur 1,5 Prozent; trotz einer anfangs lautstarken Kampagne und großen Hoffnungen.
Sahra Wagenknechts BSW hat in Bayern vor der Wahl nie so recht Fuß gefasst. Zwar gibt es seit November einen eigenen Landesverband, dessen Vorsitzender der erfahrene Ex-Linke und Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst ist. Doch in den Wahlkreisen sind die Strukturen dünn, es gibt weder Orts- noch Kreisverbände des BSW. Von etwa 100 bayerischen Mitgliedern hat eine Reihe von Leuten die Partei schon wieder verlassen. Zum Beispiel der einzige bayerische Europaabgeordnete des BSW, Friedrich Pürner. Er warf der straff organisierten Partei autoritäre Tendenzen vor. „Im Inneren des BSW herrscht eine Kultur des Misstrauens und der Überwachung“, schrieb er Anfang Februar.
Auch sechs Gewerkschafter kehrten der Wagenknecht-Truppe den Rücken, nachdem sie im Bundestag gemeinsam mit Union und AfD für Verschärfungen in der Asylpolitik gestimmt hatte. Die Gruppe, darunter der bayerische BSW-Vize Josef Ilsanker, beklagte eine „populistische Zuspitzung, die unnötige gesellschaftliche Spaltungen fördert und Gefahr läuft, sich rhetorisch am rechten Rand zu bedienen“. Ihre Popularität in Bayern konnte Wagenknecht auch dadurch nicht steigern, dass sie ihren Wahlkampf-Auftakt bei eisigen Temperaturen auf dem Münchner Marienplatz abhielt, zu dem laut Polizei 500 Zuschauer kamen.