Bundesliga:Polizei rüstet sich fürs Franken-Derby

Frankenderby in Fürth

Die Polizei bewertet das Frankenderby als hochriskant und wird mit einem Großaufgebot vertreten sein.

(Foto: dpa)
  • Das Frankenderby zwischen dem 1. FC Nürnberg und der Spielvereinigung Greuther Fürth stellt Polizei und Stadion-Anwohner vor große Herausforderungen.
  • Immer wieder muss die Polizei gegen Ultras der beiden Vereine vorgehen - 95 FCN-Fans haben bereits ein Zutrittsverbot für das Stadion des Gegners.
  • In beiden Städten gab es schon weit vor dem Spiel Gewaltübergriffe auf grün-weiß gekleidete Fans der Spielvereinigung Greuther Fürth.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Wer sich in diesen Tagen als Fan der Spielvereinigung Greuther Fürth zu erkennen gibt, lebt gefährlich. Am vergangenen Wochenende sind Männer in Nürnberg und Fürth offenbar nur deshalb angegriffen worden, weil sie ein grün-weißes Kleidungsstück trugen.

In Nürnberg nimmt man das fast achselzuckend als Vorspiel für das Frankenderby am kommenden Sonntag zur Kenntnis. Als den ganz normalen Wahnsinn, der hier einmal im Jahr herrscht. Denn wenn Tausende Fans des 1. FC Nürnberg zum Zweitligaspiel in der Nachbarstadt einlaufen, wird Fürth in eine Art Ausnahmezustand versetzt. Die Polizei bewertet das Ereignis als hochriskant und wird mit einem Großaufgebot an Ort und Stelle sein.

Es war am Freitag gegen 23 Uhr, als zwei junge Männer in dunklen Kapuzenjacken einen Fürth-Fan im Nürnberger Hauptbahnhof an die Wand drängten. Einer schlug zu, der zweite versuchte, den Fan-Schal an sich zu reißen. Als Passanten dem Mann zu Hilfe kamen, flüchteten sie.

In der Nacht auf Sonntag wurde dann ein Fürther in seiner eigenen Stadt zum Opfer von Gewalt, weil er einen Fan-Pullover trug. Er stand um 2.30 Uhr mit Freunden - sie alle keine organisierten Fußballfans - vor dem Rathaus, als eine Horde Unbekannter auf die Gruppe losging, zum Teil vermummt und mit Stöcken bewaffnet. Die Polizei nahm in derselben Nacht vier Verdächtige vorübergehend fest und ist auf der Suche nach möglichen weiteren Tätern. "Wir gehen davon aus, dass ein Fußballbezug besteht", sagt Polizeisprecherin Elke Schönwald.

Manch Einheimischer schwärmt über das Spiel Nürnberg gegen Fürth von der "Mutter aller Derbys" und denkt dabei an Zeiten, als beide Mannschaften noch zu den besten im Land gehörten. 1904 trafen sie erstmals aufeinander, die Begegnung am Sonntag wird die 262. sein. Doch für die Polizei ist das Frankenderby vor allem Anlass zu einem enorm personalintensiven Einsatz.

Denn einige Hundert Fans inszenieren die angebliche Feindschaft der Vereine lustvoll und werden dabei auch gewalttätig. Besonders im Blick der Sicherheitskräfte sind die sogenannten Ultras, der selbsternannte harte Kern der Fans. Hier hat Nürnberg eine deutlich größere und ausgeprägtere Szene als der kleine Nachbar. Immer wieder kommt es vor, dass betrunkene Massen vor und nach dem Spiel Züge oder Busse demolieren.

Ein drastischer Vorfall ereignete sich im Sommer 2014: Ein betrunkener 24-Jähriger warf einen Feuerlöscher auf die Frontscheibe einer entgegenkommenden U-Bahn, die Fahrerin wurde verletzt, das Gericht verurteilte den Nürnberg-Fan später zu sieben Jahren Haft wegen versuchten Mordes. Der Täter war nicht allein unterwegs gewesen, er gehörte zu einer Gruppe von mehr als 1000 FCN-Fans, die sich auf dem Nürnberger Hauptmarkt getroffen hatten, um gemeinsam zum Spiel nach Fürth zu fahren. In der U-Bahn überklebten die teils martialisch gekleideten Club-Anhänger Kameras und schlugen Scheiben ein.

Findet das Frankenderby wie an diesem Sonntag in Fürth statt, ist der Polizeieinsatz sogar noch um einiges größer als in Nürnberg, denn das Fürther Stadion liegt im Wohngebiet. Die Einsatzstrategie heißt "strikte Fan-Trennung", weshalb es vorkommen kann, dass Nürnberger Fans vom U-Bahnhof bis zum Stadion von Polizeibeamten flankiert werden. So wird es auch an diesem Sonntag sein.

Warum manche Fans des 1. FC Nürnberg nicht ins Gegnerstadion dürfen

Denn während die Mehrheit der friedlichen Nürnberger Fans wohl mit den kostenlosen Shuttle-Bussen anreisen wird, planen die Ultras, sich vier Stunden vor dem Spiel an der Fürther Stadthalle zu treffen. Von dort wollen sie gemeinsam zum Stadion im Ronhof laufen. Der Polizei bleibt nichts anderes übrig, als darauf zu reagieren: Sie wird den Fanmarsch begleiten und die Strecke für den Verkehr sperren.

Um das Stadion selbst wird die Polizei einen Sicherheitsbereich errichten, der mehrere Straßen und Hunderte Anwohner betrifft. Von 7 Uhr bis 18 Uhr - das Spiel beginnt um 13.30 Uhr - kommt durch die Absperrungen nur, wer ein Ticket hat oder sich als Anwohner ausweisen kann. Ihre Autos sollten die Fürther, die rund um das Stadion wohnen, schon vorher anderswo abstellen. Selbstverständlich betreten Fürther Fans den Bereich von einer anderen Seite als die Nürnberger.

Wie viele gewaltbereite oder gewaltsuchende Fans es auf beiden Seiten gibt, dazu gibt die Polizei keine Auskunft. Man wolle vermeiden, "dass es da irgendwelche Rangfolgen gibt", sagt eine Sprecherin der Polizei Nordrhein-Westfalen. Dort ist die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei angesiedelt, die solche Zahlen sammelt. Bekannt ist aber, wie viele Fans das Stadion des Gegners nicht betreten dürfen. Hier unterscheiden sich Nürnberg und Fürth deutlich. Beim Club sind es 95 - davon 59 mit einem bundesweiten Stadionverbot. Bei der Spielvereinigung sind es zwei.

Die Fürther sehen sich in dem Dauerkonflikt in der Opferrolle. Wenn man sich nicht mehr mit einem grün-weißem Fanschal auf die Straße trauen könnte, "das wäre eine sehr, sehr traurige Entwicklung", sagt Vereinssprecher Immanuel Kästlen über die Vorfälle vom Wochenende. "Ich kann nur hoffen, dass es sich um eine einmalige Sache handelt." In seinem Verein gebe es "kein Gewaltproblem". "Wir hatten keinen Vorfall, wo unsere Ultras andere angegriffen haben", sagt Kästlen. "Dass es auch bei uns mal Pyrotechnik-Vorfälle gibt: ja. Aber keine Gewalt." In Fürth arbeiten zwei hauptamtliche Pädagogen als Ansprechpartner für junge Fußballfans.

Der FCN will, was die Angriffe angeht, die weiteren Ermittlungen der Polizei abwarten. Generell setze der Club im Umgang mit gewaltbereiten Fans "auf Dialog als Präventionsmittel", sagt FCN-Sprecherin Katharina Fritsch. "Ziel ist es, Fan- und Sicherheitsinteressen bestmöglich in Einklang zu bringen." Der FCN habe kein größeres Gewaltproblem als andere Vereine.

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