Süddeutsche Zeitung

Bund Naturschutz:Hubert Weiger will doch weitermachen

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Der 69-jährige Chef des Bundes Naturschutz in Bayern möchte sich in seinem Amt bestätigen lassen. Er hat noch nicht alle seine Ziele erreicht.

Von Christian Sebald, München

Er kann nicht davon lassen. Zwar hat Hubert Weiger all die Jahre erklärt, 2016 sei Schluss, da gebe er sowohl die Führung des Bund Naturschutz in Bayern (BN) als auch die des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ab. Aber nun, wo es ernst wird, macht Weiger weiter. Am Samstag lässt sich der 69-jährige Spitzenfunktionär für weitere vier Jahre als Vorsitzender des mächtigsten Umweltverbands in Bayern bestätigen. Auch den Chefposten im BUND will Weiger eine weitere Amtsperiode behalten.

Wenn sie 2020 endet, wird der studierte Forstwirt 73 Jahre alt sein. Dann wird er 49 Jahre lang für den BN gearbeitet haben, davon 18 Jahre als Vorsitzender. Das dürfte nicht einmal Hubert Weinzierl toppen können, der andere große Mann des Naturschutzes in Bayern, dessen engster Weggefährte Weiger einst war. 1971, als gerade mal 24 Jahre alter Zivildienstleistender, ist Weiger beim BN angetreten.

Mit 220 000 Mitgliedern, 76 Kreisgruppen und 600 Ortsgruppen ist der BN nicht nur der größte Umweltverband in Bayern. Er ist auch der mächtigste. Natürlich liegt das am immensen Engagement der vielen tausend ehrenamtlichen Naturschützer, die überall im Freistaat gegen immer neue Straßen, Gewerbegebiete und andere Naturfrevel kämpfen.

Und es hat auch mit dem schlagkräftigen Apparat hauptamtlicher Mitarbeiter in den BN-Zentralen in Nürnberg, München und Regensburg zu tun. Vor allem aber ist es Weigers Werk. Keiner verkörpert den BN so wie der gebürtige Schwabe, der seit Jahrzehnten in Nürnberg lebt. Und kein anderer sorgt so wie er dafür, dass der BN täglich präsent ist - in Behörden und Ministerien genauso wie in der Öffentlichkeit.

Weiger äußert sich zu fast jedem Thema, ob das die Energiewende ist oder TTIP, die dritte Startbahn am Münchner Flughafen oder die Öko-Landwirtschaft. Es gibt Tage, an denen seine Mitarbeiter gleich zwei oder drei Pressemitteilungen mit seinen Lageeinschätzungen versenden. In Behörden und Ministerien sollen sie bisweilen sogar richtig bedrängt fühlen von der Wucht, mit der Weiger seine Positionen vorträgt.

Für Spötter ist der der oberste Handlungsreisende des Naturschutzes

An der Basis sind sie ihrem Vorsitzenden dafür um so dankbarer. Zumal er sich so intensiv wie kein zweiter um sie kümmert. Mit seinem Rollkoffer voller Akten eilt er tagein, tagaus von Ortsgruppe zu Ortsgruppe, Spötter nennen ihn bisweilen Bayerns obersten Handlungsreisenden in Sachen Naturschutz.

Warum aber will Weiger nun unbedingt noch einmal vier Jahre weitermachen? Zumal er im BN und im BUND doch längst alles erreicht hat, was er erreichen kann. Aber draußen nicht, in der Natur und der Umwelt, antwortet Weiger. Dort steht so vieles auf der Kippe - die Energiewende etwa. Anderes ist unvollendet - wie die Verdoppelung der Zahl der Biobauern, die sich Agrarminister Helmut Brunner bis 2020 vorgenommen hat. Die Gründung eines Nationalparks im Steigerwald, für den Weiger schon seit mehr als zehn Jahren kämpft, steht sogar noch in weiter Ferne.

Und das sind nur drei von schier unzähligen Zielen, für die Weiger zum Teil schon seit Jahrzehnten streitet. Deshalb will er noch einmal unbedingt vier Jahre dranhängen. Auch wenn er weiß, dass die Energiewende, der Ausbau der Bio-Landwirtschaft und der Nationalpark Steigerwald 2020 noch immer nicht unter Dach und Fach sein werden.

Andere sagen, die Sache sei sehr viel einfacher. Wie so viele Männer in Spitzenämtern könne halt auch Weiger nicht loslassen. Ein Naturschützer sei da nicht anders als ein Politiker. Einer, der den BN-Chef seit Jahrzehnten kennt, vergleicht Weiger mit einer alten Buche. So lange die mit ihrem weit ausragenden Schirm in den Himmel ragt, kann kein junger Baum unter ihr nachwachsen. Kein Wunder, dass im BN ein Nachfolger für Weiger nicht in Sicht ist.

Auf der Landesversammlung des BN an diesem Samstag in Deggendorf wird dies aber kein Thema sein. Auf ihr dürften die Delegierten Geschlossenheit demonstrieren und Weiger mit überragender Mehrheit als Vorsitzenden bestätigen. 2020, so sagt Weiger es zumindest heute, will er dann aber wirklich abtreten.

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Quelle:
SZ vom 29.04.2016
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