Bürgervereinigung Pro Augsburg:Zielstrebig in den Abgrund

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Ausgetretenes Pro-Augsburg-Mitglied: Der ehemalige OB-Kandidat Peter Grab kam seinem Vereinsausschluss zuvor, heißt es. (Foto: oh)

Wegen einer Schmuddel-Affäre um Peter Grab zieht sich ein tiefer Riss durch die Bürgervereinigung Pro Augsburg. Die einen fordern von ihm die sofortige Niederlegung seines Stadtratsmandats - andere glauben an seine Unschuld.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Was war das für eine Aufbruchstimmung im Jahre 2008 bei der Bürgervereinigung Pro Augsburg. Damals zog der Verein mit seinen gerade einmal 200 Mitgliedern im ersten Anlauf mit einer eigenen Liste gleich mit sechs Vertretern in den Stadtrat ein. Darunter ein ehemaliger Chefarzt, eine Richterin, der ehemalige Kanu-Weltmeister Karl-Heinz Englet und Walther Seinsch, der Präsident des FC Augsburg. Spitzenkandidat Peter Grab wurde sogar zum Kultur- und Sportreferenten und dritten Bürgermeister gewählt. Es war ein ungewöhnlicher Durchmarsch an die Macht: Die Nicht-Politiker aus dem gutbürgerlichen Milieu wollten unter dem Motto "Bürger machen Politik" ein Kontrastprogramm zu den etablierten Parteien anbieten - und durften auf Anhieb mitregieren. Als Juniorpartner der CSU bewegten sie zunächst sogar einiges.

Aber heute, sechs Jahre nach dem Triumph, steht die Erfolgsgeschichte vor dem Ende. Das Projekt "Bürger machen Politik" könnte ebenso schnell von der Bildfläche verschwinden, wie es emporgeschossen war. Den ersten Rückschlag setzte es bei der Wahl 2014, da wurde die Fraktion auf drei Leute zurückgestutzt. Zudem wurde das Trio vom Regierungstisch auf die Oppositionsbank gestoßen. Und jetzt droht die Gruppierung an einer Schmuddel-Affäre und den daraus folgenden inneren Querelen zu zerbrechen. Auslöser der Krise ist jener Mann, der Pro Augsburg an die Macht geführt hatte: Peter Grab.

Vorwürfe gegen Grab

Eine Frau warf dem wegen seines exzentrischen Lebenswandels ohnehin schon umstrittenen Frontmann via Internet vor, dass er sie mit K.-o.-Tropfen betäubt und dann vergewaltigt habe. Zudem ließ sie intime Fotos und Texte veröffentlichen, die ihr Grab zugeschickt haben soll. Die Staatsanwaltschaft ermittelt, Grab weist die Vorwürfe zurück. Seit Veröffentlichung der Schmuddel-Story wankt Pro Augsburg zielstrebig Richtung Abgrund. Dabei frisst sich ein tiefer Riss in die Vereinigung.

Peter Grab ist vergangene Woche aus dem Verein Pro Augsburg ausgetreten und mit ihm etwa weitere 20 Mitglieder. Er gehört aber weiterhin der Fraktion an. Diese steht auch hinter ihm - und bewirkt damit die Spaltung der Gruppierung. Denn der Vereinsvorstand seinerseits hatte zuvor ein Ausschlussverfahren gegen Grab eingeleitet. Mit seinem Austritt sei Grab dem Rauswurf zuvorgekommen, heißt es.

Zwischen Verein und Fraktion herrscht derzeit Funkstille. Das bestätigen beide Seiten - jeweils mit dem Hinweis, dass man demnächst wieder miteinander reden müsse. Kurzum: Die Stimmung ist miserabel, Pro Augsburg kämpft ums Überleben. Wo dies alles noch hinführen soll für die einstmaligen Mitregierer, zumal sie von anderen bürgerlichen Gruppierungen, wie die Christlich Soziale Mitte (CSM) oder auch die AfD, bedrängt werden? In einem sind sich die Fraktionschefin Beate Schabert-Zeidler und der Vereinsvorsitzende Frank Dietrich immerhin einig: Pro Augsburg steckt in der schwersten Krise seit Gründung im Jahr 2001. Nur bei deren Lösung gehen die Meinungen auseinander: Dietrich fordert von Grab ultimativ die Niederlegung seines Stadtratsmandats. "Das wäre ein ganz normaler Akt der Vereinssolidarität, die Herr Grab von anderen stets gefordert hat", sagt Dietrich. Doch das schließt Schabert-Zeidler kategorisch aus: "Damit würden wir den Fraktionsstatus und alle Ausschuss-Sitze verlieren, dann hätte Pro Augsburg im Stadtrat nichts mehr zu melden."

Die Situation ist verzwickt

Während die Richterin auf die Unschuldsvermutung verweist, pocht der selbständige Steuerberater auf die Prinzipien von Pro Augsburg: "Handlungen aus rein parteipolitischem Kalkül kommen für uns nicht in Frage." Er sei zwar überzeugt, dass an den Missbrauchsvorwürfen "nichts dran" sei, betont Frank Dietrich. "Aber es gibt bei uns nun mal viele, die sich von so jemandem nicht vertreten lassen wollen." Wer sich wie Grab "derart als öffentliche Person installiert und zelebriert", der müsse eben auch seiner Vorbild-Funktion gerecht werden. Mit anderen Worten: Er verzichtet lieber sowohl auf Grab als auch auf den Fraktionsstatus, andernfalls fürchtet er um die Glaubwürdigkeit im bürgerlichen Lager - zumal dieses auch in Augsburg umkämpfter ist denn je. Die Situation des Vereinschefs ist maximal verzwickt: Egal, ob Grab bleibt oder nicht - für jeden Fall haben mehrere Mitglieder ihren Austritt angekündigt.

Zudem steht auch vereinsintern der Vorwurf im Raum, die zwei restlichen Pro-Augsburg-Stadträte würden nur deshalb an Grab festhalten, weil sie um ihre zusätzliche Entschädigung als Fraktionsvorsitzende fürchten. So begründete jedenfalls der dritte Vorsitzende Johannes Althammer seinen Vereinsaustritt. Noch ist offen, wie die ehemalige Erfolgsstory Pro Augsburg weitergeht. Der aktuelle Stand ist: Alle stehen als Verlierer da: der Verein, die Fraktion, Peter Grab. Und die Lokalpolitik.

© SZ vom 04.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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