„Es geschehen noch Zeichen und Wunder“, sagt Klaus Thoma und er klingt darüber höchst erbaut. Von einer „prima Sache“ spricht er am Telefon und von „großer Begeisterung“. Vor zwei Monaten klang der Bürgermeister des Marktes Kreuzwertheim noch ganz anders, er schimpfte über einen „irrwitzigen“ Vorgang, der „doch schizophren“ sei. Alles, was sich Thoma wünschte, war eine „harmonisierende Gesetzesauslegung“. Sein Wunsch hat sich erfüllt.
Kreuzwertheim liegt in Unterfranken unmittelbar an der Grenze zu Baden-Württemberg, und ursächlich für die Empörung des parteilosen Politikers war der Streit um die Finanzierung eines Krankenhauses in Wertheim, jenseits des Mains, im Nachbarbundesland. Das neu eröffnete Bürgerspital ist aus Thomas Sicht und der vieler weiterer unterfränkischer Gemeinden ob der Entfernung zum nächsten bayerischen Krankenhaus, dem Klinikum Main-Spessart in Lohr, für die Notfallversorgung auch im bayerischen Teil des Einzugsgebietes elementar. Also wollten die Gemeinden Geld für den wenig rentablen Rund-um-die-Uhr-Betrieb einer Notaufnahme beisteuern, die das auf Adipositas-Patienten spezialisierte Haus seit seiner Eröffnung im Januar auf eigenes finanzielles Risiko betreibt. Sie durften aber nicht.
Eine solche länderübergreifende Finanzierung wäre „rechtswidrig“, da waren sich die Landratsämter Main-Spessart, Miltenberg und das bayerische Innenministerium mit Verweis auf das Kommunalrecht einig. Zuständig für Betrieb und Finanzierung von Krankenhäusern seien Landkreise und kreisfreie Städte, nicht aber Gemeinden. Thoma und die Bürgermeister der anderen Kommunen wollten das nicht hinnehmen. Mit Erfolg. Vorige Woche vollzogen die Landratsämter und das Innenministerium eine Kehrtwende.
Wie das Landratsamt Main-Spessart mitteilte, habe das Innenministerium die Regierung von Unterfranken am 17. Februar in einem Schreiben darum gebeten, „rechtskonforme Lösungen“ für die finanzielle Beteiligung der bayerischen Gemeinden am Bürgerspital „auszuloten“. Und bereits am 27. Februar habe Minister Joachim Herrmann (CSU) in einem weiteren Schreiben kundgetan, die Leistung von Zuschüssen beziehungsweise Spenden einzelner kreisangehöriger Gemeinden sei „kommunalrechtlich vertretbar“. Also doch.

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Voraussetzung für die Bezuschussung ist, dass die Gemeinden das Geld nicht direkt an das von der privaten Dortmunder Westfalenklinik betriebene Bürgerspital zahlen, sondern zweckgebunden an einen Förderverein. Außerdem sollen die Mittel nur als freiwillige Zahlung fließen, sodass die Gemeinden im Falle eines finanziellen Schiefstands der Klinik nicht einspringen müssten. Langfristige rechtliche Verpflichtungen zu fortlaufenden Zahlungen seien „zu vermeiden“, heißt es in der Mitteilung. Überdies sei durch die Gemeinden jährlich zu prüfen, ob ihre Bürger das Krankenhaus wirklich in einem Ausmaß nutzen, das eine Finanzierung rechtfertigt.
„Erstaunlich“ findet Thoma, jetzt auch Vorsitzender des Fördervereins, diese „Wendung“, begrüßt aber, dass sich die Rechtsaufsicht bewegt habe. „Sehr froh“ seien sie, nicht den Rechtsweg gegen den Landkreis bestreiten zu müssen, das hätte „kein gutes Bild abgegeben“, findet er. Von den 350 000 Euro, die die unterfränkischen Kommunen beisteuern sollen, kommen etwa 35 000 Euro aus Kreuzwertheim, darauf hatte sich der Gemeinderat bereits geeinigt.
Die meisten Kosten für die Notaufnahme soll, so sieht es ein Finanzierungskonzept vor, die baden-württembergische Stadt Wertheim tragen, 2,75 Millionen Euro. Etwa die Hälfte will sie durch Steuererhöhungen und Leistungseinsparungen selbst beisteuern, beim Rest hofft sie auf Unterstützung des Main-Tauber-Kreises. An diesem Mittwoch entscheidet der dortige Kreistag, mit wie viel Geld er die Klinik bezuschusst. Klaus Thoma ist zuversichtlich, dass er genug Geld aufbringt. Die Nachricht aus Bayern sei dafür das richtige Symbol zur rechten Zeit gewesen.