Oberbürgermeister von Bad Reichenhall:Antrag auf Burnout

Oberbürgermeister von Bad Reichenhall: Herbert Lackner ist Oberbürgermeister in Bad Reichenhall. Ob er 2020 wieder Kandidat sein wird, ist unklar.

Herbert Lackner ist Oberbürgermeister in Bad Reichenhall. Ob er 2020 wieder Kandidat sein wird, ist unklar.

(Foto: oh)

Erschöpfter Bürgermeister: Vier Monate war Herbert Lackner, Rathauschef von Bad Reichenhall, wegen Burnout krankgeschrieben. Obwohl er seit seiner Rückkehr im vergangen August keinen Tag gefehlt hat, schickt ihn der Stadtrat nun zum Amtsarzt. Aus Sorge um seine Gesundheit, heißt es. Doch dahinter steckt etwas anderes.

Von Korbinian Eisenberger

56 Prozent bei der Stichwahl - am 25. März 2012 lächelte Herbert Lackner, der neue und alte Oberbürgermeister von Bad Reichenhall, fröhlich in die Kamera. Ein trügerisches Bild. Denn nur einen Tag später erkrankte der frisch gewählte OB an einem Erschöpfungssyndrom, im Volksmund auch "Burnout" genannt. Erst im August nahm Lackner die Amtsgeschäfte wieder auf.

Jetzt, fast zehn Monate später, hat der Stadtrat laut offizieller Mitteilung "schweren Herzens" beschlossen, ein Verfahren einzuleiten, das den Oberbürgermeister für dienstunfähig erklären soll. In einer nicht öffentlichen Sitzung beschlossen die Stadträte vergangene Woche mit 21 zu drei Stimmen, Lackner zum Amtsarzt zu schicken.

Wenn dieser die Dienstunfähigkeit bestätigt, kann Artikel 23 des Bayerischen Wahlbeamtengesetzbuches greifen und Lackner als OB entlassen werden. Bereits vor seiner Wiederwahl und der anschließenden Erkrankung soll der CSU-Politiker in seinem Amt schwere Fehler begangen haben.

Der Stadtrat begründet seine Entscheidung, Lackner zum Amtsarzt zu schicken, in einem fünfseitigen Schreiben so: Man habe "aus Sorge und im Bewusstsein seiner Verantwortung für die Gesundheit des Oberbürgermeisters" gehandelt. Wenn dieser erst einmal "von der Last des Amtes befreit" sei, bestehe für den Stadtrat die "ehrliche Hoffnung, dass es Dr. Lackner wieder einmal besser gehen möge".

Überschaubare Dankbarkeit

Lackners Dankbarkeit für die Aufrichtigkeit und das Mitgefühl der Stadträte hält sich aber in Grenzen. Er ist von seiner vollständigen Genesung überzeugt: "Ich bin gesund und konzentriere mich auf die vielen Aufgaben und Herausforderungen."

Zum Verhängnis werden könnte ihm jedoch nicht nur seine Erkrankung werden, die aus Sicht des Stadtrates möglicherweise noch nicht ausgestanden ist. Der Beschluss, Lackners Dienstfähigkeit überprüfen zu lassen, hat vor allem mit angeblichen Problemen gegen Ende von dessen erster Amtszeit zu tun.

Altlasten aus der ersten Amtszeit

Seine Stellvertreter Manfred Adldinger (SPD) und Sebastian Renoth (CSU) werfen ihm vor, dass sie, als sie gleich nach der Wiederwahl vorübergehend die Amtsgeschäfte übernahmen, auf eine Vielzahl unerledigter Angelegenheiten gestoßen seien. Die Stadträte sprechen von Verstößen gegen die Stadtrats-Geschäftsordnung. Wegen angeblicher Unstimmigkeiten bei Personalien, Verträgen und der Vergabe von Aufträgen wurde bereits im vergangenen Sommer der Rechnungsprüfungsausschuss der Stadt beauftragt, die Amtshandlungen des Oberbürgermeisters umfassend zu überprüfen. Einige Vorgänge gab der Ausschuss zur Prüfung ans Landratsamt weiter.

Die Stadträte bezeichnen die Ergebnisse dieser Untersuchungen als ernstzunehmenden Hinweis dafür, dass Lackner entgegen seiner eigenen Überzeugung bis heute nicht genesen ist.

Hat Lackner sein Amt nicht mehr im Griff?

Details will Renoth, Ausschussvorsitzender und Dritter Bürgermeister, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung nicht verraten. Diese dürften jedoch in einem streng vertraulichen Gutachten zu finden sein, welches das Landratsamt erstellt hat und in dem auch die Ergebnisse des Prüfungsausschusses zu finden sind.

Vermutlich ist dort zu lesen, dass Lackner seine Amtshandlungen und deren Folgen seit vergangenem Jahr nicht mehr im Griff hat. Der OB soll in dienstlichen Angelegenheiten vermehrt willkürlich seine Meinung geändert und verhängnisvolle Versprechen gegeben haben.

"Haltlose Anschuldigungen"

Lackner, der das Ergebnis der Stadtratssitzung aus der Presse erfuhr, bezeichnet die Anschuldigungen als haltlos. "Ich setzte mich gerne für viele Belange der Bürgerschaft und der Vereine ein", sagt Lackner. Als Oberbürgermeister habe er wie jeder ein Recht auf freie Meinung: "Klar, dass das nicht jedem Stadtrat recht ist."

Dass Lackner bei einer Sitzung des Stadtrats ohne Erklärung die Leitung abgegeben haben soll, bestreitet er zwar nicht. Er habe die Sitzungsleitung aber nur deshalb abgegeben, weil er von einem Diskussionspunkt persönlich betroffen war - das sei ein üblicher Vorgang.

Ein fader Beigeschmack bleibt: Sollten sich die Anschuldigungen im Gutachten bestätigen, kommen auf Oberbürgermeister Lackner schwere Zeiten zu. Vor einem Termin beim Amtsarzt fürchtet sich Lackner jedoch nicht. Seit dem 15. August 2012 habe er kein einziges Mal krankheitsbedingt gefehlt: "Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass man einen Gesunden krankschreibt."

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