Süddeutsche Zeitung

Bürgerentscheid:Planungsstopp statt Gewerbe

Weiterer Rückschlag für Bambergs Wachstumspläne

Von Claudia Henzler, Bamberg

Der Truppenabzug der US-Amerikaner sollte für Bamberg "ein Sprung in die Zukunft" werden. So euphorisch dachte man 2015 an die Möglichkeiten, die sich der Stadt durch die freigewordenen Flächen bieten würden. Nachzulesen ist dies im städtebaulichen Entwicklungskonzept, das damals eine Art Rahmenplan für die Umwandlung der Warner Barracks mit allen zugehörigen Liegenschaften aufstellte. Es sah vor, dass das eigentliche Kasernengelände im Osten der Stadt in einen neuen Stadtteil verwandelt und auf dem Areal der ehemaligen Munitionsanlage Gewerbe angesiedelt würde. Doch aus dem Sprung ist nichts geworden, die Stadt wurde in ihren Wachstumsplänen immer wieder ausgebremst.

Am Sonntag haben Bamberger Bürger ein auf einer Militärbrache geplantes Gewerbegebiet verhindert. Zuvor hatte schon der Bund den städtischen Zukunftsträumen einen Strich durch die Rechnung gemacht, weil er große Teile der Warner Barracks für sich behielt: Der Freistaat errichtete dort eine große Aufnahme- und Abschiebeeinrichtung für Asylbewerber, der Bund selbst installierte ein Ausbildungszentrum für die Bundespolizei. Das neue Stadtviertel musste also deutlich kleiner geplant werden als gedacht. Aktuell werden auf dem Gelände der Lagarde-Kaserne, das zum Areal der Warner Baracks gehörte, Wohnungen für etwa 1000 Menschen geplant.

Das Entwicklungskonzept war damals durchaus mit Bürgerbeteiligung entstanden, doch als die Pläne für das Gewerbegebiet konkret wurden, haben sich immer mehr Gegner zusammengefunden und Protest organisiert. Letztlich haben am Sonntag zwar nur 16 500 gegen die Planungen gestimmt. Weil aber lediglich 23 700 von 57 000 stimmberechtigten Bambergern zur Abstimmung gingen, bekamen die Gegner eine deutliche Mehrheit.

Mitglieder der Bürgerinitiative hatten vor der Abstimmung signalisiert, dass sie sich mit einem kleineren Gewerbegebiet anfreunden könnten. Trotzdem will Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) keine modifizierte Planung vorlegen. "Das Kapitel neues Gewerbegebiet ist geschlossen", sagte Starke am Montag. Und: "Die Stadt ist unabhängig davon daran interessiert, die Fläche zu kaufen." Der Rathauschef will sobald wie möglich mit der Eigentümerin, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), darüber verhandeln. Gleichzeitig muss sich der Stadtrat überlegen, was er mit der Fläche anstellen will - Starke will dabei auch über ein reines Naherholungsgebiet nachdenken. Diese Überlegungen dürften sich auf den Kaufpreis auswirken, genau wie die Frage, wer das knapp 140 Hektar große Areal von Altlasten und eventuell noch vorhandener Munition befreit. "Die Verhandlungen werden jetzt schwieriger", sagt Starke. Der ursprüngliche Plan der Stadt war, die Altlastenentsorgung aus den Erlösen für das Gewerbegebiet zu finanzieren.

Auch wenn der Zukunftsplan bisher kaum umgesetzt wurde, hat sich eines der Ziele, die darin formuliert wurden, doch schon erfüllt. Damals ging die Stadt davon aus, dass sie durch die Konversion ein Wachstum auf 75 000 Einwohner bis zum Jahr 2035 erreichen wird. Mittlerweile zählt Bamberg auch so bereits mehr als 77 000 Einwohner.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2018
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