Bürgerentscheid:Coburger stimmen gegen Verkehrslandeplatz

68,9 Prozent der Wähler wollen nicht, dass sich der Landkreis an dem 30 Millionen Euro teuren Projekt beteiligt

Von Olaf Przybilla, Coburg

Ein bisschen erinnert die Abstimmung im Landkreis Coburg an den Bürgerentscheid im Kreis Erlangen-Höchstadt vor zwei Monaten. Hier wie dort haben sich die Politiker und Wirtschaftsunternehmen der Region vehement für ein Infrastrukturprojekt starkgemacht. In Erlangen für eine Trambahn von Nürnberg über Erlangen nach Herzogenaurach. In Coburg für einen neuen, 30 Millionen Euro teuren Verkehrslandeplatz vor den Toren der Stadt. Hier wie dort konnte man den Eindruck gewinnen, die Überzeugungsarbeit von Politik und Industrie dürfte wohl dafür sorgen, dass die Bürger sich für die jeweils hoch subventionierten Projekte entscheiden werden. Und in beiden Fällen lagen die meisten Beobachter falsch. Zumindest die Höhe des Ergebnisses - 68,9 Prozent der Wähler aus dem Coburger Land sprachen sich gegen einen neuen Landeplatz aus - hatte kaum einer auf dem Zettel.

In einem Punkt freilich unterscheiden sich die beiden Fälle deutlich. Im Erlanger Fall hatte kaum einer ernsthaft in Zweifel gezogen, dass viele Bürger der Metropolregion von einer Straßenbahn zwischen den drei Städten unmittelbar profitieren würden, die Gegner haben dort vor allem die hohen Kosten in Zweifel gezogen. Im Coburg Land sieht das ganz anders aus: Ein "Verkehrslandeplatz" ist eben kein Flughafen für Linienflieger. So was gibt es im nördlichen Oberfranken schon, in Hof, nur dass dort mangels Interesse keine Linienflieger mehr abheben. Der neue "Verkehrslandeplatz" bei Coburg dagegen ist in erster Linie für Firmenflieger gedacht und wird von den Unternehmen der Region seit Jahren gefordert: vom Automobilzulieferer Brose in erster Linie, dem Weltunternehmen mit Hauptsitz in Coburg, aber auch von anderen Firmen der Region.

Zwar gibt es einen solchen Landeplatz längst, in der Nähe der Coburger Veste heben seit Jahrzehnten Kleinflugzeuge auf der Brandensteinsebene ab. Die Befürworter des neuen Flugfeldes zwischen Neida, Herbartsdorf und Wiesenfeld aber fürchten, dass der alte Landeplatz nicht so ausgebaut werden könnte, dass diesen über den 31. Dezember 2019 hinaus noch Geschäftsflieger per Instrumentenflug ansteuern können. Die Gegner des Projekts halten das sehr wohl für möglich, sie kämpfen seit Jahren gegen einen neuen Landeplatz, gegen drohende Lärmbelästigung, Umweltzerstörung und "Steuerverschwendung". Mehr als zwei Drittel der Abstimmenden fanden nun offenbar, dass die Gegner die besseren Argumente haben.

Aber auch darin ähneln sich die Fälle aus Erlangen und Coburg: Das Nein aus einem Landkreis bedeutet nicht das Ende der jeweiligen Projekte. Nürnberg und Erlangen planen weiter eine Tramverbindung, lediglich ob und wie Herzogenaurach an die Trasse angeschlossen wird, muss neu überdacht werden. Und im Coburger Fall bedeutet die Ablehnung lediglich, dass sich der Landkreis bis zum Jahresende aus der Projektgesellschaft für den Landeplatz zurückziehen muss und dass die 1,5 Millionen Euro, mit denen er sich an den Kosten des 30-Millionen-Baus beteiligen wollte, nicht fließen werden. Die anderen Gesellschafter - darunter die Stadt Coburg, die Industrie- und Handelskammer, der Aeroclub und diverse Firmen der Region - haben bereits angekündigt, das fehlende Geld zuzuschießen. Der Freistaat will den Landeplatz mit 15 Millionen unterstützen, die Stadt wollte bislang mehr als fünf Millionen tragen, das restliche Geld soll von Unternehmen stammen. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens zeigen sich zwar überwältigt von der Deutlichkeit ihres Sieges: Immerhin haben in keiner der 17 Kreiskommunen die Projekt-Befürworter obsiegt. Sie wissen aber auch, dass sie nur einen "Etappensieg" errungen haben. Einen aber, der erneut zeigt: Von Großprojekten sind Bürger immer schwerer zu überzeugen.

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