Wenn an diesem Donnerstag das "Volksbegehren Artenvielfalt - Rettet die Bienen" startet, dann haben die Initiatoren rund um die ÖDP-Politikerin Agnes Becker hohen geistlichen Beistand: Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick versichert ihnen ausdrücklich seine Unterstützung. "Wenn wir die biologische Vielfalt nicht erhalten, zerstören wir unsere Zukunft", schreibt Schick in einer Erklärung und beruft sich dabei auf die päpstliche Enzyklika "Laudato si". Die Bienen seien für die biologische Vielfalt und damit für die Bewahrung der Schöpfung von großer Bedeutung. "In diesem Sinne", so schreibt Schick, "unterstütze ich das Volksbegehren Artenvielfalt - Rettet die Bienen."
Nun äußert sich der Bamberger Erzbischof immer wieder zu aktuellen Themen. Gleichwohl ist diese Wortmeldung außergewöhnlich. Sie dürfte nicht nur die erste eines hohen Geistlichen zu einem Volksbegehren sein. Sie zeigt außerdem, wie weit die Zustimmung zu der Initiative inzwischen reicht. Für Becker und ihre Mitstreiter ist Schicks Parteinahme eine hochwillkommene Unterstützung. Denn die Hürde, die das Volksbegehren nun nehmen muss, ist sehr hoch.
Bienensterben:"Das Volksbegehren soll viel mehr als nur die Bienen retten"
Die Unterstützer von "Rettet die Bienen!" fordern mehr Biolandwirtschaft und weniger Pestizide. Helga Pausch ist Imkerin. Sie erklärt, was die Initiative für sie bedeutet.
Zehn Prozent der Wahlberechtigten in Bayern - das sind ungefähr eine Million - müssen sich von diesem Donnerstag an bis 13. Februar in den Rathäusern ihrer Heimatgemeinden in die Unterstützerlisten für das Volksbegehren eintragen. Nur dann ist die Initiative ein Erfolg. Nur dann müssen sich Landtag und Staatsregierung mit deren Forderungen für einen besseren Naturschutz auseinandersetzen. Und nur dann müssen CSU und Freie Wähler ihre Aktivitäten für den Erhalt der Artenvielfalt verstärken.
Seit der Entomologische Verein Krefeld im Oktober 2017 seine Studie über den dramatischen Insektenschwund in Deutschland veröffentlicht hat, gibt es nur wenige andere Themen, welche die Menschen so umtreiben wie der Verlust von Flora und Fauna. Das gilt für das Aussterben einzelner Arten wie für den Schwund innerhalb der Wildtierbestände. Die Bienen sind dafür die Symboltiere schlechthin.
Von 506 Wildbienenarten, die in Bayern heimisch sind, sind laut Roter Liste bereits 40 ausgestorben oder verschollen. Weitere 220 sind vom Aussterben bedroht, stark gefährdet oder gefährdet. Bei den Honigbienen ist die Lage ähnlich dramatisch. Zwar erlebt die Imkerei seit einiger Zeit einen Boom, auch die Zahl der Bienenvölker steigt wieder an. Aber vor allem in den Agrarregionen finden die Honigbienen inzwischen oft schon im Juli so wenig Blüten, dass die Imker sie mit Zuckerwasser füttern müssen, damit sie nicht eingehen.
Insgesamt mobilisieren inzwischen an die 200 Verbände und Organisationen für das Volksbegehren
Das Volksbegehren hat bislang einen starken Zulauf. Die Grünen und die SPD zählen zu den Unterstützern der ersten Stunde. Der Nürnberger OB Ulrich Maly, einer der beliebtesten Sozialdemokraten in Bayern, wird sich an diesem Donnerstag als erster Nürnberger in die Unterstützerlisten eintragen. Aber auch die Linke, die Bayernpartei und die Piraten haben sich der Initiative angeschlossen. So wie die großen Umweltverbände Bund Naturschutz (BN) und Landesbund für Vogelschutz (LBV). Und natürlich die Imker und viele Fischer. Insgesamt mobilisieren inzwischen an die 200 Verbände und Organisationen für das Volksbegehren.
Die Landwirte und ihre Verbände indes reagieren sehr zwiespältig auf die Initiative. Der Grund: Sie sind nach Staatsregierung und Landtag die Hauptadressaten, an die sich das Volksbegehren richtet. Nach Einschätzung der meisten Experten ist die industrielle Landwirtschaft mit ihrem massiven Einsatz an Dünger und Pflanzenschutzmitteln der Hauptgrund des Artenschwunds. Während nun die Biobauern und ihre Organisationen das Volksbegehren unterstützen, hält sich der Bayerische Bauernverband (BBV), der die allermeisten konventionell arbeitenden Landwirte vertritt, nicht nur fern davon. Sondern greift die Initiative massiv an.
Volksbegehren in Bayern:Bienenschützer brauchen eine Million Unterschriften
Zwei Wochen haben die Organisatoren des ÖDP-Volksbegehrens "Rettet die Bienen" Zeit, um die Stimmen zu sammeln. Sie halten das selbst für "eine immense Herausforderung".
In einem offenen Brief wirft BBV-Präsident Walter Heidl der ÖDP und den anderen Initiatoren vor, "eine drastische Verschärfung des bayerischen Naturschutzgesetzes erzwingen zu wollen". Die Folgen wären aus Heidls Sicht "zusätzliche Einschränkungen für die Bäuerinnen und Bauern, eine gesetzlich vorgegebene Quote für den Öko-Landbau sowie das Aus für viele Maßnahmen und Kooperationen im Umwelt- und Naturschutz". Das Volksbegehren lasse völlig außer Acht, dass sich jeder zweite Bauer in Bayern im Rahmen von Förderprogrammen freiwillig für den Naturschutz und die Artenvielfalt engagiere.
Becker und ihre Mitstreiter weisen Heidls Vorwürfe strikt zurück. Sie nehmen vielmehr für sich in Anspruch, mit dem Volksbegehren vor allem die kleinen und mittleren Bauernhöfe in Bayern zu unterstützen. Der schärfste Widerspruch zu Heidl kommt freilich von den Biobauern und ihren Organisationen. Der Chef von Bioland Bayern, Josef Wetzstein, wirft dem BBV-Präsidenten vor, das Volksbegehren "bewusst fehlzuinterpretieren". Zwar strebt die Initiative tatsächlich an, den Anteil der Biobauern in Bayern bis 2030 auf 30 Prozent zu steigern. Aber es sei nicht ihr Ziel, "eine staatlich verordnete Öko-Quote gesetzlich festzuschreiben", erklärt Wetzstein. Ebenso müsse der Freistaat bei einem Erfolg des Volksbegehrens auch in Zukunft alle freiwilligen Umweltleistungen der Bauern finanziell honorieren.