Süddeutsche Zeitung

Buchhandel:900 Arbeitsplätze bei Weltbild in Gefahr

  • Die Logistik-Sparte Also des Weltbild-Verlags geht zum 1. Oktober in Insolvenz. Es ist das dritte Verfahren im Verlagsumfeld seit Januar 2014.
  • Damit stehen nicht nur die 500 Also-Mitarbeiter vor einer unsicheren Zukunft, sondern auch die 400 Beschäftigten der Weltbild GmbH.
  • Das Weltbild-Management versichert für die Weihnachtszeit dennoch eine pünktliche Auslieferung.

Von Stefan Mayr, Augsburg

Im Januar 2014 meldete die Weltbild Verlagsgruppe Insolvenz an, im Juli 2015 beantragte die abgespaltene Also-Logistik ein Insolvenz-Verfahren in Eigenverwaltung. Und jetzt steht das dritte Konkursverfahren ins Haus. Damit stehen die verbliebenen Mitarbeiter des einstmals so stolzen Medienhändlers einmal mehr vor dem Abgrund. Von den einstmals 2200 Beschäftigten in der Augsburger Zentrale sind nur noch 900 übrig, sie müssen nun wieder akut um ihre Jobs fürchten.

Die während des ersten Insolvenzverfahrens abgetrennte und von der Also-Holding gekaufte Logistik-Sparte wird zum 1. Oktober ebenfalls in ein Regel-Insolvenzverfahren gehen. Damit stehen nicht nur die 500 Also-Mitarbeiter vor einer unsicheren Zukunft, sondern auch die 400 Beschäftigten der Weltbild GmbH. Denn sollte Weltbild plötzlich ohne Versand-Abteilung dastehen, wäre auch die Existenz des Medienhändlers akut gefährdet.

Mit dem abermaligen Gang vors Insolvenzgericht besiegelt Also-Geschäftsführer Reiner Wenz, dass die Sanierung in Eigenverwaltung mithilfe eines externen Sachwalters gescheitert ist. Wie das dritte Insolvenzverfahren ausgeht, ist nicht absehbar. Alles ist möglich vom Verkauf an einen Investor bis hin zur endgültigen Schließung des Betriebs.

Betriebsrat und Geschäftsführung schieben sich gegenseitig die Schuld zu

Die Schuld am Scheitern der Sanierung schieben sich Betriebsrat und Geschäftsführung gegenseitig zu. "Wir sind nach Strich und Faden veräppelt worden", sagt Betriebsrat Timm Boßmann. Eigentlich habe man bereits einen Sanierungsplan ausgehandelt gehabt, doch dieser sei dann kurzfristig von Investor Walter Droege gekippt worden. Boßmann: "Und dann wurde die Insolvenzkarte gezogen." Zwei Wochen später habe Also plötzlich 300 Entlassungen gefordert - doppelt so viele wie zuvor. Zudem hätten die restlichen Mitarbeiter Zugeständnisse bei Bezahlung und Arbeitszeit machen müssen. "Falls diese Forderungen nicht erfüllt werden, drohte Also mit der Schließung", berichtet Boßmann. "Aber wir lassen uns nicht erpressen."

Gewerkschaftssekretär Thomas Gürlebeck kritisiert Investor Walter Droege, der 60 Prozent an Weltbild hält und Mehrheitsgesellschafter der Also Holding ist, scharf: "Hier werden Gelder rausgezogen auf Kosten der Beschäftigten und der Allgemeinheit." Betriebsrat und Gewerkschaft Verdi hätten sich sehr wohl auf Kompromisse eingelassen, betonen Gürlebeck und Boßmann, wenn die Geschäftsführung im Gegenzug Standort- und Beschäftigungsgarantien sowie eine Finanzierungszusage für den Sozialplan ausgesprochen hätte. Aber es habe immer nur vage Absichtserklärungen gegeben. Ein Also-Sprecher weist die Vorwürfe zurück.

Für das Weihnachtsgeschäft verspricht Weltbild eine pünktliche Auslieferung

"Die Arbeitnehmervertreter fahren das Unternehmen sehenden Auges gegen die Wand", sagt er, "und das trotz vieler schriftlich fixierter Zusagen von unserer Seite." Dem Betriebsrat sei nicht an einer Einigung gelegen, obwohl Also angeboten habe, "massiv" in den Standort zu investieren. Der Sprecher bezeichnet das Verhalten des Betriebsrates als "unfassbar". Ihm zufolge hätte Also "bis zu 15 Millionen Euro" in die Hand genommen, um in Augsburg bis 2017 ein vollwertiges Also-Lager aufzubauen. Ein ähnliches Versprechen hatte Droege allerdings bereits 2014 gemacht, als er in Augsburg einstieg: Er kündigte Investitionen in die Logistik und die Akquise neuer Drittkunden an. Auf diese warten die Mitarbeiter aber bis heute.

Ob und wie es nun weitergeht mit den Weltbild-Resten? Dies muss der vorläufige Insolvenzverwalter entscheiden, den das Amtsgericht bestellen wird. Das Weltbild-Management betont, dass für das Weihnachtsgeschäft eine pünktliche Auslieferung sichergestellt ist. Um dies zu gewährleisten, unterstütze Weltbild seinen Partner Also auch finanziell.

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SZ vom 30.09.2015/eca
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