Scharfe Kritik an BSW:Austrittswelle in der Wagenknecht-Partei

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Sahra Wagenknecht hat auch in Bayern Anhänger – wenn auch in überschaubarer Zahl. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Eine Reihe von Mitgliedern aus Bayern kehrt dem BSW den Rücken, darunter der bayerische Vize-Chef. Auch ein EU-Abgeordneter tritt aus. Beklagt werden Populismus, Nähe zur AfD und „eine Kultur des Misstrauens“.

Von Thomas Balbierer

Am Montagabend jubelte sich das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) noch groß. Auf dem Münchner Marienplatz hielt die Partei bei frostigen Temperaturen ihren Wahlkampfauftakt ab, „Herrschaftszeiten, san des viele Leut“, freute sich Klaus Ernst, der Vorsitzende des BSW in Bayern. Von 1500 Zuhörern sprach die Partei ganz stolz und ärgerte sich am nächsten Tag über Presseberichte, in denen von 500 Teilnehmern in der Spitze die Rede war. So hatte es die Polizei gemeldet und hält auch am Donnerstag auf SZ-Nachfrage an dieser Schätzung fest. „Die Kollegen begleiten häufig Veranstaltungen auf dem Marienplatz und können das gut einschätzen“, sagt ein Sprecher. Macht sich hier eine Partei größer als sie ist?

In Bayern jedenfalls schrumpft die 2023 von Ex-Linkenpolitikern gegründete Partei aktuell spürbar. Mindestens sieben der rund 100 BSW-Mitglieder in Bayern haben die Partei schon wieder verlassen, darunter auch Vize-Landeschef Josef Ilsanker und Vorstandsmitglied Robert Striesow. Sie waren erst im November in den Vorstand des neu gegründeten Landesverbandes gewählt worden. Am Donnerstag gab auch der einzige BSW-Europaabgeordnete aus Bayern, Friedrich Pürner, seinen sofortigen Austritt bekannt.

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In einem Austrittsschreiben an die Parteispitze kritisieren sechs Mitglieder mit gewerkschaftlichem Hintergrund das harte Vorgehen in der Migrationspolitik. Am vergangenen Freitag hatten die BSW-Abgeordneten im Bundestag gemeinsam mit AfD, Union und FDP für das „Zustrombegrenzungsgesetz“ von CDU und CSU gestimmt – das letztlich an fehlender Unterstützung in Union und FDP scheiterte. Wagenknecht selbst sprach am Montag in München von einem „Kontrollverlust bei der Migration“. In ihrem Schreiben beklagen die Mitglieder nun eine „populistische Zuspitzung, die unnötige gesellschaftliche Spaltungen fördert und Gefahr läuft, sich rhetorisch am rechten Rand zu bedienen“. Man dürfe nicht „Minderheiten“ gegen „Minderheiten“ ausspielen, zitiert der Spiegel.

Auf SZ-Anfrage bestätigen sowohl Partei als auch Betroffene den Vorgang. Die sechs Aussteiger um Ilsanker waren zum Teil früher bei Wagenknechts Ex-Partei, der Linken, aktiv. Ilsanker selbst sitzt im Passauer Stadtrat. Er wollte seine Entscheidung nicht kommentieren.

Der EU-Abgeordnete Pürner, der als Amtsarzt in Schwaben mit Kritik an den Corona-Maßnahmen Schlagzeilen machte, verfasste eine eigene Austrittserklärung. „Im Inneren des BSW herrscht eine Kultur des Misstrauens und der Überwachung“, schreibt er. „Es wird vorgegeben, was gesagt werden soll. Es wird vorgegeben, wie man sich zu verhalten hat.“ Seinen Sitz im EU-Parlament will er behalten.

Man sei von den Austritten „überrascht“ worden, sagt der bayerische BSW-Sprecher Patrick Rostek am Donnerstag zur SZ. Die Gruppe hätte ihre Kritik innerhalb der Partei vortragen und Änderungen anstoßen können, statt zu gehen. Zur gemeinsamen Abstimmung mit der AfD im Bundestag sagt Rostek: „Wir sind unserer Linie inhaltlich treu geblieben.“

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