Brutzeit:So macht die Krähen-Plage den Schwaben zu schaffen

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  • In Städten und Gemeinden in Schwaben lassen sich vielerorts Krähen in solch hoher Zahl nieder, dass die Vögel zu einer Lärm- und Schmutzbelastung für die Anwohner werden.
  • Diverse Versuche, die Vögel zu vertreiben oder umzusiedeln, schlugen bereits fehl - oder sie sind auf Dauer zu kostspielig.
  • Nur ein Falkner verbucht erste Erfolge, auch eine Umsiedelung in Gersthofen war wirksam. In Augsburg dagegen setzt man auf das Miteinander.
  • Vogelschützer gehen davon aus, dass sich die Krähen auf Bäumen im besiedelten Raum niederlassen, weil sie durch Landwirte oder Jäger aus ihren angestammten Brutplätzen in Wald und Flur vertrieben wurden.

Von Christian Rost, Augsburg/Meitingen

In der Marktgemeinde Meitingen führt der Weg zum Bahnhof durch den Schlosspark. Viele Pendler sind dort morgens und abends zu Fuß unterwegs. Es ist noch nicht lange her, da mussten sie sich in Acht nehmen, weil Ungemach drohte - und zwar von oben. Jahrzehntelang bevölkerte eine Krähenkolonie die Bäume im Schlosspark und bombardierte Fußgänger regelrecht mit ihren Ausscheidungen.

200 Nester mit Jung- und Altvögeln habe man gezählt, berichtet Bruno Höfer, geschäftsleitender Beamter im Rathaus: "Da war die Trefferquote hoch." Mittlerweile sind die Krähen vertrieben. Nach unzähligen Versuchen, sie zu vergrämen, hat es nun offensichtlich geklappt. Der Park ist krähenfrei. In anderen schwäbischen Städten und Gemeinden sucht man hingegen noch nach einem probaten Mittel, der Vögel Herr zu werden.

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Auch in Meitingen ließen sich die intelligenten Saatkrähen lange nicht von den Versuchen der Menschen beeindrucken, ihnen den Schlosspark madig zu machen. Sie wollten einfach nicht weichen von ihrem angestammten Ort, der neben sicheren Nistplätzen noch mehr Annehmlichkeiten bot. Zum Beispiel eine Schule neben dem Park, wo die Pausenbrotreste der Kinder wie ein reich gedeckter Tisch wirkten. "Wir haben alles Mögliche ausprobiert, um die Krähen loszuwerden", sagt Bruno Höfer.

Knallkörper seien gezündet worden, die Krähennester habe man abgesägt und sogar die Feuerwehr trat auf den Plan. Sie versuchte, die Nester mit einem Wasserstrahl runterzuspritzen, doch am Ende aller Bemühungen kamen die Krähen wieder. Das Geschäft, das sie verrichteten, färbte die an sich grünen Parkbänke mit der Zeit weiß-grau. Bis die Kommune einen Falkner engagierte, der seither mit seinem Jagdvogel regelmäßig im Park patrouilliert und es so geschafft hat, das Problem zu lösen. Die Krähen sind weg.

Saatkrähen gibt es auch andernorts, doch "in Schwaben sind sie ein Phänomen", sagt Martin Trapp von der Kreisgruppe des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) in Augsburg. In die Lechebene kommen sie aus Ost- und Nordosteuropa zu Tausenden, um zu überwintern. Und etliche Kolonien haben sich auch dauerhaft niedergelassen. Während sie sich einst außerhalb der Ortschaften jeweils im März für zwei bis drei Monate ihre Brutplätze gesucht hatten, bevorzugen sie heute hohe Bäume in Siedlungsgebieten.

Das hat sich über einen Zeitraum von 30 Jahren so entwickelt. Trapp vermutet, dass Landwirte oder Jäger die Vögel von ihren angestammten Plätzen in Wald und Flur vertrieben haben, weil sie Keimlinge von den Feldern fraßen. Jetzt leiden die Ortschaften unter Verschmutzungen und dem lauten Krah-krah, das die Vögel von sich geben.

In Bäumenheim (Kreis Donau-Ries) fühlen sich Anwohner in der Nachbarschaft einer 100 Tiere zählenden Krähenkolonie um den Schlaf gebracht. Die Gemeinde hat deshalb bei der Regierung von Schwaben die Erlaubnis zur Vergrämung beantragt. Eigentlich sind die Vögel streng geschützt und dürfen nur mit Genehmigung der Naturschutzbehörde vertrieben werden.

Ob Memmingen oder Kempten, wo ebenfalls bereits Wasserschläuche gegen Krähen eingesetzt wurden - in etlichen Orten leiden die Menschen unter den Krähen, die sich jeweils zur Brutzeit in Kolonien zusammenrotten. Sie sind nicht nur lästig, manchmal richten sie auch erhebliche Schäden an. In Buchloe im Ostallgäu zerhackten Krähen immer wieder den Rasenplatz des örtlichen Fußballklubs.

In den Kommunen ließ man sich allerhand einfallen, um sie endlich loszuwerden. Netze wurden über Bäume gespannt oder die Eier in den Nestern gegen Gipseier ausgetauscht. Mit Falken- und Eulenpuppen sollten sie vertrieben werden. Mancherorts stiegen sogar Drohnen auf, um die Vögel mit Geräuschen zu attackieren. Weil sie aber an ihren Lebensräumen hängen und dies auch an die Jungvögel weitergeben, lassen sie sich nicht einfach verscheuchen.

Vogelexperte Trapp kennt kein Beispiel für eine erfolgreiche Vergrämung. Auch bei Meitingen ist er skeptisch. Um die Krähen dort dauerhaft aus dem Schlosspark fernzuhalten, müsse der Falkner regelmäßig seine Runden machen. Und das koste Geld. "Für die Falkner hat sich dank Krähenplage ein schönes Geschäftsmodell entwickelt", sagt Trapp.

Nur in einem Fall sei es gelungen, Krähen von ihrem angestammten Platz wegzulocken. In Gersthofen störte eine Krähenkolonie in einem Wohngebiet. Statt die Nester brachial zu entfernen, wurden sie umgesetzt in Bäume an der B 2. Tatsächlich nahmen die Krähen das Angebot an und brüten seither entlang der Straße, ohne jemanden zu belästigen. So eine Umsiedlung müsse aber nicht unbedingt funktionieren, sagt Trapp.

Vom Kampf gegen die Krähen hält er ohnehin nichts. Keine Methode funktioniere dauerhaft, ist sich der Vogelexperte sicher. "Die Tiere werden durch die Vergrämungsversuche nur nervöser." Mit der Folge, dass die Kolonien zersplittern und neue entstehen.

Im Gegensatz zu Augsburg. Dort hat man sich mit den Krähen arrangiert. Am Königsplatz hat sich eine Kolonie mit etwa 120 Brutplätzen niedergelassen. Die Stadt achtet sogar darauf, dass die Tiere bei Bauarbeiten nicht unnötig gestört werden. Mit dem Effekt, dass die Kolonie immerhin stabil ist, sie wird nicht größer.

© SZ vom 01.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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