Unkompliziert gestaltete Briefwahlen haben einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung. Forscher der Universität Bayreuth haben die pandemiebedingt rein als Briefwahl organisierte Stichwahl in den bayerischen Kommunen im März 2020 analysiert, bei der die Wahlbeteiligung ungewöhnlich stark gestiegen war - nämlich um mehr als zehn Prozentpunkte im Vergleich zum ersten Wahldurchgang. Der Studie zufolge lag dies alleine an der unkomplizierten Briefwahl-Variante.
Die Wahlberechtigten bekamen damals wegen des Lockdowns die Briefwahlunterlagen und Umschläge für den Versand automatisch zugeschickt. Eine Stimmabgabe im Wahllokal war wegen der Corona-Pandemie gar nicht möglich. "Ein derart hoher Anstieg der Wahlbeteiligung bei Stichwahlen kam in der deutschen Kommunalpolitik in dieser Breite bisher nicht vor", sagte Marco Frank, Erstautor der Studie und Mitarbeiter am Lehrstuhl des politischen Ökonomen David Stadelmann an der Bayreuther Uni. "Wir können davon ausgehen, dass dieser Anstieg 2020 fast ausschließlich darauf zurückzuführen ist, dass die Teilnahme an den Stichwahlen wegen der Briefwahl für alle Wahlberechtigten bequem und ohne zusätzlichen Aufwand möglich war."
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Lokale Besonderheiten, beispielsweise ein enger Wettbewerb um das Bürgermeisteramt oder unterschiedliche Beliebtheitswerte der Kandidatinnen und Kandidaten, hätten dagegen keine Rolle gespielt.
Zugleich ging das Forscherteam der Frage nach, ob Amtsinhaber oder Herausforderer von dieser Konstellation profitiert haben: "Ein Anstieg der Wahlbeteiligung um zehn Prozentpunkte, der mit den kommunalpolitischen Besonderheiten vor Ort nichts zu tun hat, führt im Durchschnitt zu einem statistisch robusten Anstieg des Stimmenanteils für amtierende Bürgermeisterinnen und Bürgermeister um durchschnittlich 3,4 Prozentpunkte", sagte Stadelmann. "Ist der lokale politische Wettbewerb eher schwach ausgeprägt, erhöht sich deren Stimmenanteil sogar um mehr als fünf Prozentpunkte."
Die Frage, ob das automatische Versenden von Briefwahlunterlagen die Wahlbeteiligung erhöht, beantwortete auch der Wahlrechts-Experte der Bertelsmann-Stiftung, Robert Vehrkamp, mit einem klaren Ja. Allerdings sei der Briefwahldiskurs in Deutschland immer ein Risikodiskurs. "Man diskutiert es nicht als Chance." Empirisch jedoch seien die Risiken nicht nachweisbar. Es gebe keine Beispiele, dass mehr Briefwahl zu Problemen führt. "Die Chancen werden übersehen."
In Deutschland gebe es aber eher die Diskussion darüber, dass die Briefwahlquote zu hoch ist. Er würde jedoch ein Warnschild setzen, wenn die Beantragung von Briefwahl wieder restriktiver gehandhabt wird: "Briefwähler werden nicht zu Urnenwählern, sie werden zu Nichtwählern." Angebliche Sicherheitsbedenken könne man ausräumen, indem man die Instrumente der Briefwahl noch sicherer macht.