Visionär wie er war, hatte der bayerische Herzog und spätere Kurfürst Maximilian I. (1573-1651) zielsicher erkannt, dass ihm die Rettung Bayerns vor dem Staatsbankrott nur mithilfe des Weißbiers gelingen konnte. Der junge Herzog wurde nach seinem Amtsantritt am 4. Februar 1598 fast schon trübsinnig angesichts der miserablen finanziellen Lage, in die ihn sein Vater Wilhelm V. manövriert hatte: Millionen Gulden Schulden hatte dieser durch kostspielige Bauten und teure Kunstkäufe angehäuft.
Maximilian brauchte dringend neue Einnahmequellen, und so kam er auf die Idee mit dem Weißbier: 1603 sicherte er dem Staat ein Monopol auf das Brauen und den Bierverkauf, danach baute er ein Netz von staatlichen Hofbräuhäusern auf. In drei von ihnen wird heute noch Bier hergestellt: in München, dem letzten staatlichen Hofbräuhaus, in Kelheim, der Heimat der Schneider-Weissen, und in Traunstein. Das dortige Hofbräuhaus, das im Besitz der Familie Sailer ist, wird heuer 400 Jahre alt.
Mit dem Neubau im Chiemgau schloss Maximilian I. im Jahr 1612 die Aufbauphase seines Brauereinetzes ab. Somit kann er der heutigen Staatsregierung getrost als Vorbild dienen, wie man auf kreative und nachhaltige Weise einen Haushalt saniert.
Was Maximilian I. damals in einem Brief schrieb, gilt auch heute noch: "Ein fürst, so nit bei diser itzigen bösen welt reich ist, der het kein authoritet noch reputation." Das weiße Brauwesen, das der Historiker Karl Gattinger in seinem Buch "Bier und Landesherrschaft" detailreich beschreibt, wurde neben dem Salz zu jener Säule, auf der Bayern seine Macht wieder aufpolierte.
Lange vor seinem Tod im Jahr 1651 war Maximilian I. zum Kurfürsten aufgestiegen (1623). Sein Weißbiermonopol leistete dem Staatshaushalt noch bis zum 6. August 1798 gute Dienste, an diesem Tag hob es Kurfürst Karl Theodor auf.
Von der Idee, mit dem Weißbier ein ähnlich ertragreiches Monopol aufzubauen wie mit dem Salz, bis zur Umsetzung des Plans war es allerdings ein weiter Weg. Am Anfang waren zwei Hindernisse zu überwinden. Zum einen war das fürstliche Privileg, Weißbier zu brauen und zu vertreiben, an die Familien der Degenberger (im Jahr 1548) und der Schwarzenberger (1586) vergeben. Zum anderen tranken die Bayern damals lieber Wein als Bier.
Das erste Problem löste Maximilian mit Raffinesse und Geld. 1602 erbte er das Privileg vom letzten Degenberger. Die Brauereien der Schwarzenberger samt ihren Rechten kaufte er im Jahr danach. Das zweite Problem löste er mit fürstlicher Macht: Das Braunbier durfte im Gegensatz zum obergärigen Weißbier nur im Winter zwischen den Feiertagen Michaeli (29. September) und Georgi (23. April) gebraut werden.
Wegen der schlechteren Haltbarkeit versiegelten Hofbeamte die Kessel in den Sommermonaten. Die einfachen Leute tranken allerdings an kühlen Tagen und im Winter sowieso lieber Wein. Also verteuerte Maximilian das Volksgetränk durch hohe Aufschläge, die er dem Bier ersparte.
Als Ergänzung verbot er die Einfuhr von Weißbier aus den Nachbarstaaten, insbesondere aus Böhmen. Dort war das Weißbier schon früher zum Getränk der einfachen Leute geworden, über Furth und Cham verbreitete es sich in der Oberpfalz und dann hauptsächlich in Niederbayern.
Dort brauten viele Kommunen und Klöster das Bier aus Weizen weitgehend unbehelligt schon seit den Zeiten vor dem Monopol. Sie wurden zum Verkauf oder zum Einstellen des Brauens ermuntert, mit den geerbten und gekauften Häusern in Niederbayern schuf Maximilian I. den Grundstock für sein landesweites Netz an Hofbräuhäusern.
Allerdings ließen sich mancher Markt und manche Stadt nicht erweichen, neun Brauereien konnten sich halten, mussten jedoch eine ordentliche Gewinnbeteiligung in München abliefern. In München und Traunstein ließ Maximilian I. unter anderem neue Brauereien errichten. Die Münchner Brauerei, die schon 1589 zur Deckung des Hofbedarfes gegründet worden war, widmete er 1602 in ein weißes Brauhaus um. Neun Brauereien gehörten nun dem Landesherrn, von weiteren neun kassierte er mächtig.
Das Geschäft stand, lief aber nicht immer wie gewünscht. In Traunstein etwa ließ schon im Jahr nach der Einweihung der Umsatz zu wünschen übrig. Das Volk hatte sich wieder dem Wein zugewendet, was Direktiven an die Beamten im Chiemgau nach sich zog.
Sie sollten die Wirte "stets mit weissem Pier versehen, (damit) der gemaine Mann nit abgang daran leide, unnd in mangl dessen zum weintrinken geursacht werde". Das Geschäftsprinzip Weißbier imponierte auch anderen unabhängigen Herrschaften, das Hofbrauhaus Freising (erzbischöflich) und das Hofbräuhaus Berchtesgaden (unabhängige Propstei) zeugen heute noch davon.
Da die Finanzen auf diese Weise wieder ins Lot kamen, widmete sich Maximilian I. in den Jahren nach 1612 intensiv der großen Politik. Er gründete die katholische Liga, um die Protestanten in die Schranken zu weisen, er stritt mit dem Salzburger Erzbischof, griff nach der pfälzischen Kurwürde und hatte auch noch den 30-jährigen Krieg zu überstehen.
Doch selbst als er 1632 wegen einer militärischen Pechsträhne vor den Schweden nach Salzburg fliehen musste, galt seine Sorge auch dem Zustand des weißen Brauwesens, wie aus einem Brief nach München zu ersehen ist. Darin fragte Maximilian I. besorgt nach, ob der "Feundt bei denn Churfürstlichen Preuheusern gehausst" habe und "ob daruon alles Pier hinwegg" sei. Jedenfalls nicht so sehr, dass nicht ein weiterer Ausbau des Netzes an Hofbräuhäusern möglich war.
Als Maximilian starb, hinterließ er 13 eigene und neun kommunale Brauereien mit Abgabepflicht. Aber nur das Münchner Hofbräuhaus unterstützt heute noch in bescheidendem Maßstab den bayerischen Haushalt.