Brauereien in Bayern:Bitterer Beigeschmack

Während in Deutschland der Bierabsatz sinkt, können sich die bayerischen Brauer über einen Zuwachs freuen. Besonders alkoholfreies Bier erlebt einen Boom. Und doch jammern die Unternehmen.

Astrid Becker

Eigentlich könnten Bayerns Brauer zufrieden sein. Mit einem Absatzplus von 2,2 Prozent haben sie das Jahr 2011 weitaus besser abschließen können als der Bund mit seinem Minus von 0,1 Prozent.

Statistisches Bundesamt veroeffentlicht Absatz von Bier im Jahr 2011

Die bayerischen Brauer haben 2011 mehr Bier verkauft als im Jahr zuvor - und sind dennoch unzufrieden.

(Foto: dapd)

Trotzdem legen die Bierproduzenten bei der Frage nach ihrem Gemütszustand die Stirn in Falten. Sie klagen über den zunehmenden Preiskampf im Handel, dem sie sich hilflos gegenüber sehen und über die sich verschlechternde Versorgung mit Rohstoffen wie Hopfen und Malz.

Dabei ist in Bayern - zumindest wenn es ums Bier geht - die Welt noch in Ordnung. Denn obwohl der Freistaat nur Platz zwei hinter Nordrhein-Westfalen in Sachen Gesamtbierabsatz belegt, ist Bayern, gemessen an seiner Bevölkerungszahl, die ein Drittel unter der von Nordrhein-Westfalen liegt, noch immer erfolgreicher. So verbucht Nordrhein-Westfalen 2011 einen Absatz von rund 24 Millionen Hektolitern Bier - damit knapp zwei Millionen mehr als in Bayern, aber etwa 300.000 Hektoliter weniger als im Jahr zuvor.

Der Erfolgsfaktor der Bayern beruht seit Jahren auf dem Export, der 2011 von einem Anteil von 15,9 Prozent 2010 auf 17,4 Prozent gestiegen ist, was einem Zuwachs um knapp 400.000 Hektoliter entspricht - weit höher als die bundesweite Exportquote von 15,6 Prozent.

Der bayerische Brauerbund führt dies auf die Beliebtheit des heimischen Gebräus zurück, im Ausland ohnehin, aber auch im Inland. Denn entgegen des Gesamttrends der Branche legte Bayern sogar im Binnenabsatz zu, um 0,3 Prozent auf 18,2 Millionen Hektoliter.

Von einer Stabilisierung der Lage kann jedoch offenbar keine Rede sein. Vielmehr geht der Pro-Kopf-Verbrauch seit Jahren zurück. Er bewegt sich heutzutage wieder auf dem Niveau der frühen 1960er Jahre, also weniger als 110 Liter pro Jahr. Der Brauerbund sieht diese Entwicklung in der demographischen Struktur Deutschlands begründet.

So würden heutzutage jedes Jahr rund 800.000 Kinder weniger geboren als noch vor 1964, so Hauptgeschäftsführer Lothar Ebbertz - mit fatalen Folgen für die Brauer: "Da die Menschen erst mit 20 Jahren beginnen, in nennenswertem Umfang Bier zu trinken, wissen wir heute bereits, dass wir in den kommenden zwei Jahrzehnten in der wichtigen Altersgruppe der 20- bis 40-Jährigen zirka 4,6 Millionen Konsumenten verlieren werden. In der Gruppe der 20- bis 60-Jährigen sind es sogar zehn Millionen." Selbst wenn sich der Pro-Kopf-Konsum wider Erwarten stabilisiere, "verliert die Brauwirtschaft jedes Jahr etwa 0,5 Prozent ihres Absatzes".

Boom bei alkoholfreiem Bier

Allerdings hat Ebbertz auch einen kleinen Trost für die Brauer: Denn mittlerweile geht der Verbrauch pro Person auch in anderen traditionellen Biernationen zurück. Belgien zum Beispiel verzeichnet in den Jahren 2003 bis 2009 ein Minus im Konsum von 15 Prozent.

Als Heilmittel der Zukunft gegen diese Entwicklung sehen die Brauer nicht mehr wie einst die Biermischgetränke, deren Markt mittlerweile schrumpft, sondern alkoholfreie Biere. Dieser Sparte, die nicht in den normalen Absatzzahlen erfasst wird, kommt tatsächlich eine wachsende Bedeutung zu: 2011 wurden davon erneut 13 Prozent oder gut 170.000 Hektoliter mehr ausgestoßen. Insgesamt bewegt sich der Ausstoß nun bei 1,46 Millionen Hektolitern.

Doch vor allem im Export sehen die Brauer noch Chancen - offenbar auch für Nordbayern. Dort befinden sich etwa zwei Drittel aller bayerischen Braustätten, allerdings in der Mehrheit kleinere Mittelständler mit weitaus geringerem Bierausstoß als in den wenigen Braustätten in Südbayern. Nach vielen Jahren schneidet Nordbayern mit einem Plus von 2,75 Prozent besser ab als Südbayern mit seinem Zuwachs um 1,9 Prozent - vor allem auch im Export, was jedoch nur daran liegt, dass 51,4 Prozent mehr Bier in Drittländer geliefert worden ist.

In Südbayern sind es vor allem die Münchner Brauereien, die mit insgesamt rund 6,3 Millionen Hektolitern Absatz den Löwenanteil der Branche ausmachen. Auch sie können Zuwächse verbuchen: Beispielsweise hat die Paulaner-Gruppe bei insgesamt 2,23 Millionen Hektolitern etwa 8000 Hektoliter mehr Bier abgesetzt. Das ist jedoch einzig dem Weißbier geschuldet, alle anderen Sorten haben um 0,1 Prozent verloren.

Auch Augustiner soll dem Branchenmagazin Inside zufolge zugelegt haben: um 2,2 Prozent oder 28 000 Hektoliter auf angeblich 1,296 Millionen Hektoliter. Die Brauerei selbst äußert sich zu ihren Zahlen jedoch schon seit Jahren nicht mehr. Franziskaner Weißbier hat ebenfalls ein Plus von 9,7 Prozent zu verzeichnen.

Es könnte also alles gut sein in Bayern, wäre da nicht das Preisdumping durch die wachsende Zahl von Sonderaktionen im Handel. Und die steigenden Kosten für Energie, Personal und Rohstoffe. Denn der derzeit noch im Überfluss vorhandene Hopfen werde bald knapp werden, warnt Brauerbunds-Präsident Friedrich Düll. Durch die Wende in der Atompolitik nach Fukushima würden immer mehr Bauern auf Bioenergiepflanzen umstellen - zu Lasten der Brauereien. Abhilfe schaffen könnten nur langfristige Vertragskonzepte mit den Landwirten, um die Versorgung mit Hopfen und Malz sicherzustellen.

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