Brauchtum:Bayern sucht das immaterielle Welterbe

Vier Kandidaten haben Experten gekürt - die Vorschläge sollen allerdings noch bis April unter Verschluss bleiben. Doch es gibt noch eine Reihe weiterer Orte und Bräuche, die den Status verdient hätten.

Von Hans Kratzer

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(Foto: N/A)

Im Wissenschaftsausschuss des Landtags hat sich am Mittwoch wieder einmal bestätigt, welche Vielfalt an Bräuchen, Festen und Handwerkstechniken der Freistaat Bayern zu bieten hat. Den Abgeordneten lagen in nichtöffentlicher Sitzung 26 Bewerbungen für die Aufnahme in das Bundesverzeichnis des immateriellen Kulturerbes der Unesco vor. Vier davon sind von einer Expertenkommission als Bewerber nominiert worden.

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(Foto: AFP)

Welche Bewerbungen das sind, will die Staatsregierung erst Ende April bekannt geben. Weil sich die vier Nominierungen noch ändern könnten, will man damit möglichen Enttäuschungen und Protesten vorbeugen, falls einer Bewerbung tatsächlich der Kandidatenstatus wieder entzogen werden sollte.Bislang haben aus Bayern nur das Passionsspiel von Oberammergau und die Limmersdorfer Lindenkirchweih den Sprung auf die deutsche Liste geschafft. Bewerbungen sind allerdings erst seit dem Jahr 2013 möglich, damals war die Bundesrepublik dem Unesco-Übereinkommen zur Erhaltung des immateriellen Kulturerbes beigetreten. (Im Bild: Die Passionsspiele in Oberammergau.)

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(Foto: dpa)

Seitdem existiert ein bundesweites Verzeichnis, für das die Bundesländer alljährlich Kandidaten vorschlagen können. Die Bewerbungen, die am Mittwoch im Landtag vorlagen, belegen nicht nur die Bandbreite an Traditionen, sondern auch das große Interesse an dieser Auszeichnung.Wie Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle bestätigte, liegt Bayern mit einer Bewerberzahl von 26 weit vorne. Aus Schwaben ist diesmal nur ein Antrag eingegangen, nämlich die hochalpine Allgäuer Alpwirtschaft in Bad Hindelang. (Im Bild: Der Viehscheid in Bad Hindelang.)

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Stark vertreten ist dagegen Mittelfranken, das seine Epitaphienkultur, das Feldgeschworenenwesen im Landkreis Fürth, die Fürther Michaeliskirchweih, das Festspiel "Der Meistertrunk", die Naturhistorische Gesellschaft Nürnberg und die Osingverlosung ins Rennen schickte. Osingverlosung heißt, dass Bauern ihre Äcker per Losverfahren aufteilen. (Im Bild: Eine Szene aus dem "Meistertrunk".)

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Aus Oberfranken wurde das Wunsiedler Brunnenfest gemeldet. Die Oberpfalz bewarb sich mit dem Further Drachenstich, mit dem Kötztinger Pfingstritt, mit der Raigeringer Kirwa und mit dem Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald. Oberbayern war mit dem Georgiritt und dem historischen Schwertertanz in Traunstein vertreten, mit der Tölzer Leonhardifahrt und mit dem Münchner Viktualienmarkt. Niederbayern brachte die Goldhaubentradition im Passauer Land ins Spiel, die Landshuter Hochzeit von 1475 sowie das Volksschauspiel "Lieber bairisch sterben anno 1706" in Aidenbach. (Im Bild: Geschmückte Pferde beim Pfingstritt in Kötzting.)

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Zu den geografisch übergreifenden Vorschlägen gehörten der Brauchkomplex Fasching und Karneval, das Flechthandwerk, die Flur- und Hausnamen, das Handwerk des Kirchenmalers, das Streichquartett und der Zwiefache. Für jene bayerischen Kandidaten, die es nicht auf die Bundesliste schaffen, gibt es jedoch ein Trostpflaster. Um die hiesigen Traditionen besonders zu würdigen und zu dokumentieren, hat die Staatsregierung gemäß den Vorgaben der Unesco ein eigenes Landesverzeichnis für das immaterielle Kulturerbe im Freistaat auf den Weg gebracht. Deshalb bewerben sich die bayerischen Kandidaten nicht nur für die deutsche Liste des immateriellen Kulturerbes, sondern in einem Aufwasch auch für die bayerische Liste. (Im Bild: Der Chinesenfasching in Dietfurt.)

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(Foto: Armin Weigel/dpa)

Im Oktober 2015 sind die ersten 13 Bräuche, Traditionen und Handwerkstechniken, die als besonders schützenswert gelten, in das Bayerische Landesverzeichnis für das immaterielle Kulturerbe aufgenommen worden. Darunter ist so mancher Kandidat, der sich auch jetzt wieder für die deutsche Liste beworben hat. So finden sich auf der Bayernliste beispielsweise der Kötztinger Pfingstritt, die Brautradition nach dem Reinheitsgebot, der Münchner Viktualienmarkt, die Dinkelsbühler Kinderzeche, das Mundblasverfahren im Glashandwerk, die "Landshuter Hochzeit von 1475", das Festspiel "Der Drachenstich" in Furth im Wald und der innerstädtische Erwerbsgartenbau in Bamberg. Auch die Goldhaubentradition im Passauer Land, der "Meistertrunk" in Rothenburg ob der Tauber und die hochalpine Alpwirtschaft im Allgäu wurden bereits in das bayerische Verzeichnis aufgenommen. Die Chancen, dass sie demnächst auch in die deutsche Liste befördert werden, stehen gar nicht schlecht. Wenn andere Bundesländer ihr Vorschlags-Kontingent nicht ausschöpfen, was schon jetzt feststeht, wird dieses mit Nachrückern aus anderen Regionen aufgefüllt. "Bayern wird mit Sicherheit mehr als vier Kandidaten präsentieren", sagte Spaenle. (Im Bild: Der Further Drachenstich.)

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(Foto: dpa)

Über die Aufnahme in die deutsche Liste entscheidet, wenn die Vorschläge der Länder vorliegen, die Deutsche Kultusministerkonferenz in Zusammenarbeit mit der deutschen Unesco-Kommission. Darüber hinaus gibt es noch eine eigene Unesco-Liste für das weltweite immaterielle Kulturerbe, die in Paris erstellt wird. Dafür ist bislang aber nur ein einziger deutscher Vorschlag nominiert worden, nämlich die Genossenschaftsidee. (Im Bild: Die Hofreitschule in Wien gehört zum Immaterieellen Welterbe der Unesco.)

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(Foto: dpa)

Unabhängig von den verschiedenen Listen des immateriellen Kulturerbes existiert seit 1972 die Liste des Unesco-Weltkulturerbes. Diese führt Orte auf, deren Bedeutung so groß ist, dass ein Verlust das kulturelle Erbe der Menschheit beeinträchtigen würde. Im Freistaat gibt es mittlerweile sieben Weltkulturerbestätten, und zwar das Markgräfliche Opernhaus Bayreuth, die Residenz Würzburg, die Wieskirche in Steingaden, die Altstadt von Bamberg, den obergermanisch-rätische Limes, die Altstadt von Regensburg und die prähistorischen Pfahlbauten an den Alpen. (Im Bild: Die Residenz in Würzburg.)

© SZ vom 04.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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