Süddeutsche Zeitung

Bistum Regensburg:Nie wieder Jacko beim Ja-Wort

Der Gottesdienst als Pop-Event? Behüte Gott, sagt die Kirche. Der Regensburger Bischof Müller führt diesen Kreuzzug an, in seiner Diözese gilt bereits Pop-Verbot.

R. Neumaier

Manche Paare haben ein Lied, das sie als das ihre bezeichnen - weil sie sich begegneten oder zum ersten Mal umarmten, als es gespielt wurde. "I'll be There" von Michael Jackson ist so ein Lied. Ein junges Paar aus Pressath im Bistum Regensburg ließ es vor wenigen Wochen bei seiner Trauung in der Stadtpfarrkirche aufführen. Danach tobte der Stadtpfarrer.

Michael Jackson war schließlich alles andere als ein Katholik. Und "I'll be There" ist, was den Inhalt angeht, zwar eine gut gemeinte Schnulze, aber gewiss weniger fromm als die Lieder im Gotteslob.

Der Eklat in der Oberpfalz schlägt Wellen, das Pressather Paar war kein Einzelfall - viele Paare wollen die kirchliche Trauung mit ihrem persönlichen Liebeslied besiegeln. Der Gottesdienst als Pop-Event? Behüte Gott, sagt die Kirche. Der Kreuzzug gegen Pop-Schnulzen in Gottesdiensten hat begonnen, der Regensburger Bischof Gerhard Ludwig Müller führt ihn an: In seiner Diözese gilt ein Pop-Verbot.

"Es ist nicht gestattet, die Feier der Trauung mit liturgiefremder oder liturgie-ungeeigneter Musik zu gestalten", ließ Müller verlautbaren. Welche Lieder für die Liturgie bei Trauungen geeignet sind, müsse letztlich der Priester verantworten, sagt ein Sprecher Müllers.

Wer sich im Internet bei der Arbeitsgemeinschaft für Katholische Familienbildung über zugelassene Lieder für die kirchliche Trauung informiert, landet auf der Seite des Erzbistums Köln, das eine Liederliste präsentiert. Einige Liedtexte aus dem Gotteslob gibt es sogar in einer speziell für Trauungen umgetexteten Version. Das Kirchenlied "Nun danket all und bringet Ehr" zum Beispiel beginnt mit "Herr, vor dein Antlitz treten zwei, um künftig eins zu sein".

Solche Lieder goutiert auch der Bischof von Regensburg, der schon vor drei Jahren im Amtsblatt des Bistums verfügte, "bei aller Rücksichtnahme der Seelsorger" auf die Hochzeitsgesellschaft sei die weltliche Feier "der Ort für weltliche Musik (Popsongs, Schlager-, Musical-, Film- und Opernmelodien)". Und nicht die kirchliche Trauung.

"Hochzeitsgottesdienste - ein Wunschkonzert?"

Bischof Müller geht mit seinem Vorstoß gegen die Säkularisierung des Hochzeitsgottesdienstes unter den deutschen Bischöfen am weitesten. In den anderen Diözesen sind noch keine Verbote zur Musik bei Trauungsgottesdiensten festgeschrieben. Der Tenor der bischöflichen Pressestellen lautet, man überlasse diese Frage den Pfarrern.

Ebenso hält es die evangelische Kirche. "Der Wunsch der zu Trauenden steht im Mittelpunkt", sagt zum Beispiel der Sprecher der Landeskirche Hannover, "wir haben viel Spielraum." Als Prinzessin Diana starb, kam Elton Johns "Candle in the Wind" in Mode. Bei Trauerfeiern, nicht bei Trauungen.

Bei Katholiken hat Elton John schlechte Karten, zumal bei Bischof Müller. Der empfiehlt Pfarrern und Kirchenmusikern in seinem Amtsblatt einen Artikel der Liturgie-Zeitschrift Gottesdienst mit dem Titel: "Hochzeitsgottesdienste - ein Wunschkonzert?" Ein "noch so herzzerreißender Song von Elton John oder Andrea Bocelli eignet sich absolut nicht zum Gebrauch in der Liturgie", steht da.

Mendelssohns Hochzeitsmarsch und Wagners Brautchor schneiden nicht besser ab, denn der Gottesdienst, betont der Bischof, dauert vom Einzug bis zum Auszug aus der Kirche. Als Liedgut zur Trauung werden Stücke aus dem Gotteslob angepriesen. Es handelt sich um gewöhnliche Kirchenlieder - Gebrauchslieder für Vorabendmessen, wenn man so will. Garantiert unschnulzig.

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SZ vom 18.10.2010/sonn
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