Bistum Augsburg: Bischof Zdarsa:Der Euphorie folgt Skepsis

Die Aufbruchsstimmung in Augsburg war groß: Nach den Skandalen um Bischof Walter Mixa, hofften die Gläubigen auf eine Wende - der Neue sollte es richten. Aber auch unter Nachfolger Zdarsa fühlen sich viele Katholiken nicht ernst genommen.

Stefan Mayr und Andreas Roß

Auch so kann man Zeichen setzen. Ausgerechnet an Pfingsten, da viele Priester in der Diözese Augsburg ihre Kirche ermahnt haben, Fenster und Türen zu öffnen, den Heiligen Geist wehen zu lassen und die Zeichen der Zeit zu erkennen, hat Augsburgs neuer Bischof Konrad Zdarsa das Hochamt gemeinsam mit Kardinal Walter Brandmüller gefeiert. Dieser Mann steht für viele Christen für eine eindeutig rückwärts gewandte Kirche.

Bischof Zdarsa will Mixa auf Abstand halten

Im November noch euphorisch begrüßt, nun von vielen Gläubigen skeptisch beäugt: Der Augsburger Bischof Konrad Zdarsa.

(Foto: dapd)

Der 82-Jährige, der bis 1997 Kirchengeschichte an der Universität Augsburg lehrte, ist ein erklärter Anhänger der Messe im tridentinischen Ritus, als erster feierte er eine solche Messe an einem Hauptaltar des Petersdoms in Rom. Gut in Erinnerung ist auch seine scharfe Attacke auf jene CDU-Politiker, die den Vatikan im Januar aufgefordert hatten, seine Haltung zum Zölibat angesichts des Priestermangels zu überdenken.

Am Pfingstsonntag nun machte der Kardinal im Augsburger Dom klar, dass er keinen Reformbedarf in der katholischen Kirche sieht. Dieses Haus Gottes, so Brandmüller in seiner Predigt, sei von Jesus Christus auf den Felsen Petrus gebaut, "gebaut nach einem ewigen Bauplan, den zu verändern in keines Menschen Macht gelegen ist".

In Afrika und Asien sieht der Kardinal den "Geist des Herrn" noch mächtig wirken, während in Deutschland "das Schiff der Kirche mit schlaffen Segeln zum Spielball des Meeres, das heißt des Zeitgeistes, wird". Bischof Zdarsa dürfte mit der Einladung von Brandmüller zumindest jene mehr als 4000 Gläubigen im Bistum verstört haben, die vor einem Jahr auf dem Höhepunkt der Affäre um den zurückgetretenen Bischof Walter Mixa die "Augsburger Pfingsterklärung" unterschrieben, in der auch eine Erneuerung der Kirche von Augsburg gefordert wurde.

Die Stimmung im 1,4 Millionen Katholiken zählenden Bistum ist längst nicht mehr so harmonisch wie im November, als Zdarsa sichtlich bewegt auf dem Stuhl des heiligen Ulrich Platz nahm und von den Gläubigen euphorisch begrüßt wurde. Damals hoffte man, der bescheiden auftretende Zdarsa werde das Bistum nach den diversen Affären des barocken Bischofs Mixa in ruhigere Wasser führen.

Inzwischen ist die Aufbruchstimmung bei vielen Katholiken jedoch in Resignation und Ratlosigkeit umgeschlagen. Zdarsa muss derzeit mehr Hiobsbotschaften wegstecken, als ihm lieb sein kann. Sein erster Hirtenbrief und die Neueinteilung von Pfarreien lösten Protest aus. Zudem regt sich vermehrt Unverständnis über Zdarsas Personalpolitik. Zu allem Überfluss bat jüngst auch noch ein beliebter Regionaljugendpfarrer aus dem Allgäu um Entpflichtung von seinen priesterlichen Aufgaben, weil er nicht länger zölibatär leben wollte.

Viele Wunden und tiefe Spaltung im Bistum

Max Stetter, einer der Sprecher der "Augsburger Pfingsterklärung", vermisst nach wie vor Antworten auf die brennenden Fragen, die vor einem Jahr gestellt wurden: "Wie konnte es dazu kommen, dass Walter Mixa trotz der Warnungen vieler Verantwortungsträger Bischof von Augsburg und zuvor schon Bischof von Eichstätt geworden ist?", lautete die zentrale Frage. Auch wollten die Gläubigen wissen, "welche systemimmanenten Faktoren dazu beigetragen haben, dass er sein Amt in einer Weise wahrnehmen konnte, die nun viele Wunden und eine tiefe Spaltung im Bistum hinterlässt". Dies müsse "ehrlich und unter Hinzuziehung externer, unabhängiger und kompetenter Berater" analysiert werden. Der damalige Diözesanadministrator Josef Grünwald erklärte seinerzeit, es brauche "Raum zu Selbstkritik, Ehrlichkeit und Selbsterkenntnis".

Doch bislang geschah nichts von alldem, was Stetter "unbegreiflich" nennt: "Wir vermissen, dass die Anliegen und Sorgen der engagierten Christen ernst genommen werden." Dies verletze die Menschen "noch mehr als zuvor". Ein anderer Pfarrer, der ungenannt bleiben will, sagt: "Wenn wir so mit unseren Gläubigen umgehen und den Dialog verweigern würden, dann hätten wir ein ernsthaftes Problem."

Auch die Kemptener Pfarrgemeinderatsvorsitzende Ursula Zingraf fühlt sich nicht ernst genommen. "Es ist ganz schlimm, wie das Bistum mit uns umgeht", klagt sie. "Die halten uns alle für blöd." Jüngst wurde ihr per Dekret mitgeteilt, dass ihre Gemeinde Christi Himmelfahrt in der Stadtmitte aufgelöst und mit den umliegenden verschmolzen werde. "In dem Dekret steht, dass die Kirchenverwaltung und der Pfarrgemeinderat angehört wurden", schimpft die 65-jährige Diözesanrätin, "aber das stimmt einfach nicht." Besonders enttäuscht zeigt sich Zingraf darüber, dass ihre zahlreichen Briefe an den Bischof unbeantwortet blieben. "Wir haben zehn- bis zwölfmal um ein Gespräch gebeten, aber nie eine Reaktion erhalten."

Auch Zdarsas erster Hirtenbrief ist bis heute umstritten. Darin betonte er, für ihn sei die Teilnahme an einem Wortgottesdienst keine "Erfüllung der Sonntagspflicht, wo unter zumutbarem Einsatz die Teilnahme an der sonntäglichen Eucharistiefeier möglich ist". Davon fühlten sich viele Laien vor den Kopf gestoßen, die sich eigens ausbilden ließen, um angesichts des Priestermangels den Gemeinden wenigstens Wort-Gottes-Feiern anbieten zu können. "Es gibt einen großen Unterschied zwischen der Einstellung der Theologen und den Bedürfnissen des Durchschnittsbürgers", sagt Diözesanratschef Helmut Mangold. "Hier müssen wir sehen, ob wir langfristig in Gesprächen die Anliegen der Gläubigen und der Geistlichen zusammenbringen."

Mangold betont aber auch, dass es viele Katholiken gebe, die Bischof Zdarsa wegen seiner bisherigen Vorgehensweise "loben und bewundern". Vor allem die "relativ zügige" Trennung vom ehemaligen Mixa-Berater Dirk Hermann Voß sei "ganz prima" gewesen. Allerdings wünschten sich viele Katholiken, dass die Neuordnung der Bistumsverwaltung "vielleicht etwas durchsichtiger" werden müsse, sagt Mangold.

Zdarsa hat das Domkapitel faktisch entmachtet und eine sogenannte "Hauptabteilungsleiter-Konferenz" installiert. Dabei wurden einige Domkapitulare zu Hauptabteilungsleitern ernannt, andere nicht. Das Aufbegehren des Domkapitels - welches früher etliche Eskapaden Mixas stillschweigend hingenommen hatte - hielt sich in Grenzen.

Unruhe gab es dagegen am Montag vor einer Woche in der Dekane-Konferenz, als sich eine weitere Personalentscheidung abzeichnete: Offenbar wollten Zdarsa und Generalvikar Karlheinz Knebel den bisherigen Dekane-Sprecher Hubert Ratzinger seines Amtes entheben, sie erachteten die Funktion als überflüssig. Dies stieß aber auf heftigen Widerstand der Dekane. Ratzinger selbst wollte sich dazu nicht äußern. Und Zdarsas Pressesprecher betonte: "Das Amt eines Dekane-Sprechers ist in der katholischen Kirche unbekannt."

Viele weitere Fragen - etwa nach der Stimmung im Bistum und nach den Protestbriefen - ließen der Bischof und sein Sprecher unbeantwortet.

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