Bildungspolitik:In Bayern sind sechs Millionen Schulstunden ausgefallen

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  • Im Vergangenen jahr sind so 165 423 Stunden pro Woche ausgefallen - mehr als 2013/14, obwohl zusätzliche Lehrer eingestellt wurden.
  • 2150 Lehrer arbeiten derzeit im Vertretungspool für die Volksschulen.

Von Anna Günther, München

Sechs Millionen Unterrichtsstunden sind im vergangenen Schuljahr an Bayerns Schulen ausgefallen. Das sind 165 423 Stunden pro Woche - mehr als 2013/14, obwohl zusätzliche Lehrer eingestellt wurden. Diese Zahlen gab das Kultusministerium auf SPD-Anfrage bekannt. "Das ist erschreckend. Der Unterrichtsausfall ist wie ein tiefer Krater in der Bildungslandschaft", sagte Fraktionschef Markus Rinderspacher am Mittwoch im Landtag.

Wenn so viele Stunden ausfielen, sei die Grundversorgung gefährdet. An individuelle Förderung, Inklusion oder Projektarbeit sei gar nicht zu denken. Das Ministerium müsse als Puffer pro Schule zehn Prozent mehr Lehrerstunden einplanen als im Budget vorgesehen, sagte SPD-Bildungsexperte Martin Güll. Momentan spare die Staatsregierung auf Kosten von Schülern und Lehrern Millionen.

An Real- und Mittelschulen fiel 2014/15 etwa ein Zehntel des Unterrichts aus, die anderen Schularten stehen etwas besser da. Ersatzlos ausgefallen sind deutlich weniger Stunden, die meisten mit gut zwei Prozent an Berufsfachschulen und Gymnasien. In der Regel versuchen Schulleiter, Stundenausfall mit Vertretungen zu kompensieren, oder legen Klassen zusammen.

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"Da kommt dann die Lateinlehrerin in die Mathestunde, und die Kinder lernen irgendwas", sagte Güll, der auch Vorsitzender des Bildungsausschuss ist. Das schade der Qualität des Unterrichts und gefährde die Gesundheit der Lehrer, die zusätzlich zum eigenen Pensum Kollegen vertreten.

Schon zum Halbjahr sind kaum noch flexible Springer verfügbar

Als Springer für Ausfälle ist eigentlich die Mobile Reserve an Grund- und Mittelschulen sowie die integrierte Lehrerreserve an Realschulen und Gymnasien gedacht. 2150 Lehrer arbeiten derzeit im Vertretungspool für die Volksschulen. Das reiche bei Weitem nicht, findet Güll, denn die Reserve werde häufig als Langzeitvertretung etwa bei Schwangerschaften oder Elternzeit eingesetzt.

Schon zum Halbjahr sind kaum noch flexible Springer verfügbar. Auch Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes, beklagt immer wieder, dass Unterrichtsausfall auf dem Rücken der Lehrer ausgetragen werde und diese mittlerweile "am Anschlag" seien.

Für Gerhard Waschler (CSU) ist die Kritik der SPD "reine Panikmache". Er verweist wie das Kultusministerium auf die Mobile Reserve und 1079 Stellen, die im laufenden Schuljahr geschaffen wurden, um Flüchtlinge integrieren und bayerische Kinder weiter intensiv fördern zu können. Allerdings hat das Ministerium Schwierigkeiten, diese Stellen, die vor allem an Grund- und Mittelschulen angesiedelt sind, zu besetzen.

Zugleich stehen Hunderte Realschule- und Gymnasiallehrer auf der Straße. Kultusminister Ludwig Spaenle müsse klären, wie viele der 1079 Stellen noch unbesetzt sind, und dann ein Konzept erstellen, um die Lehrerreserven aufzustocken, fordert auch Günther Felbinger (Freie Wähler).

© SZ vom 16.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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