Bildung:Frischer Wind und Aktionismus

Bildung: Werden Schulen jetzt Chefsache in Bayern?

Werden Schulen jetzt Chefsache in Bayern?

(Foto: imago stock&people/imago/MITO)

Ministerpräsident Markus Söder will die Schulen in Bayern gründlich reformieren. Das ist ein gutes Ziel, das aber keine Schnellschüsse verträgt.

Kommentar von Anna Günther

Erst mehr Geld für Grund- und Mittelschullehrer, nun mehr Flexibilität für alle Lehrer, und das schon im Studium: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) tut gerade das, worauf manche in Bayerns Bildungslandschaft seit Jahren hoffen und was andere ebenso sehr fürchten: Er macht die Schulen zur Chefsache. Man könnte auch sagen, er redet seinem Minister von den Freien Wählern ein Jahr vor der Landtagswahl ordentlich rein. So würde Kultusminister Michael Piazolo das natürlich nie formulieren. Er wirkt wie immer sehr entspannt. Anders als der Ministerpräsident sieht er keinen Grund, am großen Rad zu drehen. Und zieht als Beleg dafür Bayerns Spitzenplätze in den einschlägigen Ranglisten heran.

"Never change a running system", ändere nie ein laufendes System, heißt es so schön. Nur läuft es halt nicht mehr an Bayerns Schulen. Der Lehrermangel wirkt sich in diesem Jahr so massiv aus wie nie zuvor, schon jetzt ist absehbar, dass es in den kommenden Jahren nicht besser wird. Es ist daher gut, dass Söder Reformlust demonstriert. Flexibilität in der Lehrerbildung schadet nicht, frischer Wind kann Gewinn bringen. Zumal die CSU-Fraktion im Landtag seit Jahren Reformen abgewehrt hat.

Die Frage ist, wen Söder mehr vor sich hertreibt: Piazolo oder die CSU-Fraktion? Klar, für die letzte große Reform, die Einführung des achtjährigen Gymnasiums, bezogen die Abgeordneten jahrelang Prügel. Sie kehrten erst dann wieder zurück zum G 9, als die Stimmung an den Schulen einfach nicht mehr ignoriert werden konnte - und Horst Seehofer sich die Zustimmung der Fraktion vor der Landtagswahl 2018 mit Geschenken für alle Schularten teuer erkaufte. Reformen im Schulsystem brauchen sehr lange. Noch länger dauert es aber, bis wieder Ruhe an den Schulen einkehrt. Das dürfte das wahre Ziel von Söders Reformbestrebungen sein: Die Schulen sollen laufen, vor jeder Klasse soll ein Lehrer stehen, damit die Eltern nicht länger Grund zum Meckern haben. Besonders nicht vor der Landtagswahl.

Bis dahin demonstriert Söder Aktionismus. Und das ist ein Problem. Ideen möglichst mit Tusch zu platzieren, gehört bei Söder zur Tagesordnung: Andere müssen sich danach um die Umsetzung kümmern, Hauptsache es knallt erst mal. Nur dass am Ende wie etwa bei der groß angekündigten Hochschulreform ein Minimalkonsens herauskommt - mit maximaler Aufregung davor. Für derlei Aktion ist das System Schule aber zu fragil. Hunderttausende Kinder sind direkt davon betroffen, sie werden in der Schule für ihr Leben geprägt. Die Qualität der Schulen darf aber nicht unter Schnellschüssen oder dem Bestreben nach einem Minimalkonsens leiden. Bedeutet es doch, dass die Kinder dann schlechter ausgebildete Lehrer haben. Dass Söder nun einen Expertenrat hinzuziehen will und es keine Denkverbote geben soll, ist richtig. Aber er sollte diesem Gremium auch Zeit geben, zu denken und die Fehler der anderen Länder zu vermeiden. Und während die Experten debattieren, auf Einmischung oder knallige Sätze verzichten.

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