Bildung:Projektwochen statt Schulfach

Söder kassiert Alltagsunterricht ein, Bauernverband stimmt zu

An den bayerischen Schulen wird es doch kein neues Schulfach "Alltagskompetenz" geben. Diese Entscheidung der schwarz-orangen Koalition gab Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Samstag auf der Landesversammlung des Bayerischen Bauernverbands in Herrsching bekannt. "Wir brauchen kein komplett neues Schulfach. Stattdessen soll es Projektwochen vor allem an den weiterführenden Schulen geben", sagte Söder. Dass seine Idee nicht umgesetzt wird, munkeln Insider seit Monaten.

Aufgekommen war sie im Frühjahr bei den Beratungen über das Umwelt- und Artenschutzpaket nach dem erfolgreichen Volksbegehren "Rettet die Bienen". Mit dem Fach sollten offenbar die aufgebrachten Bauern milde gestimmt werden. Das Kultusministerium war von Söders Idee überrumpelt worden und Minister Michael Piazolo (Freie Wähler) hatte das Schulfach damals als "Willensbekundung" bezeichnet. Pläne oder Konzepte gab es nie. Zumal sonst jeder Wunsch nach einem Fach etwa für Politik, Digitalisierung, Umwelt oder Lebenspraxis kategorisch abgelehnt wird. Das Argument: Es könne nicht für jedes gesellschaftliche Problem ein eigenes Fach geben, zu aufwendig wäre es, Lehrpläne sowie Lehrerausbildung zu konzipieren, zu groß der Streit bestehender Fächer um die abzugebenden Stunden. Stattdessen verweist die Staatsregierung stets auf fächerübergreifende Aufgaben. Solch ein Konzept gibt es seit Jahren für "Alltagskompetenz und Lebensökonomie". Schülern sollen von der ersten bis zur zehnten Klasse mehr über Ernährung, Gesundheit, Haushaltsführung und Umwelt lernen.

Söder begründete den Schwenk nun damit, dass die Projektwochen schneller und effektiver realisierbar seien. Das sei im Koalitionsausschuss entschieden worden, und auch der Bauernverband sei einverstanden. "Die Projektwoche Alltagskompetenz wird sicher eine echte Abwechslung im Schulalltag sein", sagte Söder. Bauernpräsident Walter Heidl betonte, wichtig sei ihm, dass ein einzelner Projekttag nicht ausreichend sei, sondern dass mehr Zeit eingeplant werden müsse. Er warte nun den konkreten Vorschlag ab.

Zum Unmut der Bauern über die Agrarpolitik auf EU-, Bundes-, aber auch Landesebene sagte Söder: "Wir nehmen die Sorgen der Bauern sehr ernst und wollen helfen. Dazu gehört, dass sie nicht ständig mit Bürokratie gegängelt werden." Der Ministerpräsident fügte allerdings auch hinzu: "Aber wer verspricht, man könne zurück in eine vermeintlich gute alte Zeit, der sagt nicht die Wahrheit." Die Zeiten hätten sich geändert. "Wir können dem Wunsch der Bevölkerung nach mehr Klima- und Artenschutz Rechnung tragen. Die bayerische Landwirtschaft ist eine der ökologischsten in Deutschland."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: