Süddeutsche Zeitung

Bildung:Möglichst viel Präsenzunterricht

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Kultusminister Piazolo kündigt Schulbeginn mit Masken und Testprogramm an

Von Viktoria Spinrad, München

Der Kultusminister hatte sich kaum warmgeredet im Münchner Literaturhaus, da pirschte sich sein Pressesprecher von der Seite an und rückte Michael Piazolos (FW) Namensschild, das quer stand, wieder gerade. Zurechtzurücken gab es für den Minister aber noch viel mehr nach diesem verrückten Schuljahr. Insbesondere die Erwartungen der anderen. Luftfilter? "Kein Allheilmittel." Präsenzunterricht? "Keine Garantie." Distanz- und Wechselunterricht? "Bleiben im Repertoire." Corona? "Wird zum Schuljahresbeginn nicht vorbei sein."

Präsenzunterricht, Distanzunterricht, Wechselunterricht, und wieder in die Schulen - viele blicken auf unstete Zeiten zurück. Entsprechend laut waren zuletzt die Rufe nach Normalität im kommenden Schuljahr. Doch besonders viel wird sich von Mitte September an wohl erst einmal nicht ändern: Bei der Pressekonferenz am Freitag kündigte Minister Piazolo einen Schulbeginn mit mehrwöchiger Maskenpflicht und Tests an. Gleichzeitig gab er den Präsenzunterricht als Maxime aus.

Das wissen natürlich auch die Bayerischen Lehrerverbände. Eine halbe Stunde vor Beginn der Pressekonferenz schickten diese eine gemeinsame Forderung raus: Das Kultusministerium solle alle Schüler und Lehrer zu einem PCR-Test vor Beginn des neuen Schuljahres verpflichten. Nur dass das Kultusministerium das ohne Rechtsgrundlage nicht machen kann. Und so konnte Michael Piazolo nur den entsprechenden Appell gen Lehrer und Schüler richten, "das gäbe eine zusätzliche Sicherheit".

Diese soll nach dem Sommer zunächst vor allem eine mehrwöchige Maskenpflicht in den ersten zwei oder drei Wochen liefern. "Es geht darum, gut in das neue Schuljahr zu starten", so Piazolo. Dabei verwies er auf die Gefahr durch Reiserückkehrer. Einen Vorgeschmack haben in den vergangenen Wochen diverse Abschlussklassen in Bayern geliefert, die sich auf Gruppenreisen im Ausland angesteckt und die Inzidenzen in ihren jeweiligen Landkreisen haben steigen lassen.

Um Ansteckungen zu verhindern, soll auch weiterhin regelmäßig gelüftet und getestet werden. Dazu servierte Piazolo eine Zahl, die Kritikern, welche zuletzt lautstark vor dem Ministerium protestierten, als Steilvorlage vorkommen dürfte: von 930 000 Tests waren 108 positiv. Rausgeschmissenes Geld also? "Nein", betonte Piazolo. Die Tests seien nicht nur Sicherheitsschleuse", sondern ein "game changer" gewesen, die Sicherheit gäben.

Diese sollen Luftfiltergeräte freilich noch weiter erhöhen. Vielerorts, wo man angesichts der ambivalenten Forschungsergebnisse und der oft desolaten Haushaltslage noch zögerlich war, steigt nun der Druck. Dazu beigetragen hatte in der Vergangenheit auch Piazolo mit durchaus forschen Appellen. Am Freitag fand er versöhnlichere Worte. Die Bewertung des Themas sei nicht ganz leicht. Zumal man damit nicht automatisch von Masken- oder Quarantäneregelungen ausgenommen ist und die Wirksamkeit von vielen Faktoren abhängt. Luftfilter seien "eine Ergänzung", so Piazolo, "nicht mehr und nicht weniger". Dennoch appellierte er an die Kommunen, Luftfilter anzuschaffen: "Das stärkt unser Sicherheitsnetz."

Am Vorabend war er mal wieder in die Schusslinie geraten, diesmal in Form von Schulnoten. Vom CSU-Abgeordneten Peter Tomaschko gab's eine 4-, von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) eine 4,7. Und Piazolo? Zeigte sich gewohnt unbeeindruckt. Ihn könne jeder benoten, wie er möchte, "das ändert an meinem Selbstempfinden nichts". Statt Selbstkritik gab's ein Versprechen: Man werde im Ministerium alles tun, um das für Präsenzunterricht nötige Sicherheitsnetz herzustellen.

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SZ vom 24.07.2021
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