"Bike and Hike" in den Bergen:Mit Tritt und Schritt auf den Gipfel

"Bike and Hike" in den Bergen: Für die langen Täler im Karwendel eignet sich eine Verknüpfung von Radfahren und Laufen besonders gut.

Für die langen Täler im Karwendel eignet sich eine Verknüpfung von Radfahren und Laufen besonders gut.

(Foto: Imago)
  • Die Forstwege sind zum Wandern zu lang, die Pfade zum Gipfel für das Bike zu steil? Die Lösung heißt Bike and Hike.
  • Vor allem im Karwendel entscheiden sich immer mehr Outdoor-Begeisterte für die Kombination aus Radfahren und Wandern.
  • Nur die Organisation der Touren stellt die Ausflügler mitunter vor Probleme.

Von Silke Lode

Das Karwendelgebirge ist ein echter Wandererschreck. Nicht weil die Wege zu steil oder die Ausblicke zu fad wären. Das Problem sind die schier endlos langen Täler. Stunden können Wanderer auf den Forststraßen verbringen, ehe ihr Weg Richtung Gipfel überhaupt erst abzweigt. Im Karwendel finden sich wohl auch deshalb viele einsame Ecken - obwohl die Bergregion von München aus gut erreichbar ist.

Zugleich trifft man selten so viele Wanderer, die ganz bewusst ihr Fahrrad dabei haben. Die flachen Schotterstraßen durchs Eppzirler Tal oder das Hinterautal, nahe dem Isar-Ursprung, sind wie gemacht zum Radfahren - und eine Wanderung lässt sich fast an jedem Punkt der Strecke leicht anhängen.

Mit dem Rad zum Wanderweg

Bike and Hike nennt sich diese Spielart des Bergsports inzwischen - ganz neu ist sie allerdings nicht. Schon vor Jahrzehnten haben sich aus München Alpinisten mit dem Rad auf den Weg in die Berge gemacht, damals meist aus Mangel eines anderen Beförderungsmittels. Es gibt auch keine Szene wie unter Paraglidern, Kletterern oder Mountainbikern. Radeln und Bergsteigen ist weder ein Extremsport noch eine ausgesprochene Randerscheinung. Man kann nicht einmal Touren ausmachen, die sich zwingend als Bike-and-Hike-Tour beschreiben lassen, da man grundsätzlich auch alle Wege zu Fuß zurücklegen könnte.

Für die meisten, die eine Wanderung mit einer Radtour kombinieren, ist schlicht viel Pragmatismus im Spiel: "Man lässt den Zustieg über lange Forststraßen, der eher ermüdend als spannend ist, schnell hinter sich, und auf dem Rückweg hat man auch noch Spaß bei der Abfahrt", sagt Brigitte Jais, die für den Alpenverein Mountainbiketouren führt und Mitarbeiterin der Sektion München ist.

Wunderschöne Kombinationstouren

Anders als viele Wanderer, die irgendwann genug von zähen Talhatschern haben, ist Brigitte Jais über das Radeln zur begeisterten Bike-and-Hikerin geworden. "Ich bin mit dem Mountainbike an so vielen spannenden Abzweigungen vorbeigefahren und habe Gipfel gesehen, die ich mit dem Rad nicht hochkam - da habe ich mich irgendwann informiert, was man noch machen kann", erzählt Jais.

Für sie ist zum Beispiel der Daniel, der höchste Gipfel der Ammergauer Alpen, eine wunderschöne Kombinationstour: "Bis zur Tuftlalm zieht sich der Weg, lässt sich aber wunderbar radeln, und dann kann man gut durch interessantes Gelände zu Fuß zum Gipfel gehen." Beim Schinder hat Jais entdeckt, dass es eine Alternative zum überlaufenen Normalweg von der österreichischen Seite aus gibt: "Wenn man von Wildbad Kreuth startet, ist man fast allein, weil sich für die meisten Wanderer der Weg zu sehr zieht."

Das einzige Problem: Der Transport

"Bike and Hike" in den Bergen: Brigitte Jais führt Mountainbiketouren für den Alpenverein, lässt das Rad aber unterwegs auch gerne stehen

Brigitte Jais führt Mountainbiketouren für den Alpenverein, lässt das Rad aber unterwegs auch gerne stehen

(Foto: oh)

Auch Kletterer trifft man regelmäßig mit ihren schweren Rucksäcken auf dem Rad an, denn auch sie schätzen es, sich die Zu- und Abstiege von den Felsen zu verkürzen. In manchen Gebieten wie dem Oberreintal bei Garmisch-Partenkirchen ist das Radldepot an schönen Sommerwochenenden fast so gefragt wie der Fahrradabstellplatz vor einem U-Bahnhof.

Es gibt nur einen Haken, der viele Bergbegeisterte von einer Kombination aus Wandern und Radfahren abhält: Der Organisationsaufwand ist deutlich höher. Das Problem ist dabei weniger die Tourenplanung, denn im Internet gibt es für jede Region Tipps, und Bergverlage wie Panico oder Bruckmann haben eigene Bike-and-Hike-Führer im Programm. Fahrräder aber finden weder im Auto noch in der Bahn so leicht Platz wie Personen. Das Packen ist also recht umständlich, gerade wenn man - verglichen mit einer normalen Radtour - die recht kurze Nutzungsdauer der Fahrräder bedenkt.

Der Platz in der Bahn ist begrenzt

Speziell die bei Wanderern beliebten Züge der Bayerischen Oberlandbahn sind oft so voll, dass Radfahrer auf die nächste Bahn warten und hoffen müssen, dass dort für sie samt ihrem Gefährt noch Platz ist. Im Fernverkehr lässt sich im Vorfeld nicht zuverlässig feststellen, ob die Züge Radwaggons haben, in Intercitys besteht Reservierungspflicht und in ICEs dürfen Fahrräder grundsätzlich nicht mit.

Dafür ist Bike and Hike ansonsten eine einfache Angelegenheit. Brigitte Jais hat die Erfahrung gemacht, dass weder die Anforderungen an den Menschen noch ans Material besonders groß sind: "Auf Forststraßen ist kein besonderes fahrtechnisches Können gefragt." Eine gute Kondition macht Bergtouren immer angenehmer, und grundsätzlich reicht auf einem Schotterweg auch ein normales Tourenrad ohne Federung oder besondere Reifen. Trotzdem empfiehlt Jais ein Mountainbike: "Gerade wenn man einen steilen Weg hinaufkommen muss, ist das natürlich durch die spezielle Geometrie leichter."

Bergstiefel, Halbschuhe oder Klick-Schuhe?

Eine schwierige Frage ist in den Augen von Brigitte Jais vor allem die Wahl der richtigen Schuhe: "Mit knöchelhohen Schuhen kann man nicht gut radeln, mit Halbschuhen fühlt sich der eine oder andere vielleicht nicht wohl im Gelände", gibt sie zu bedenken. Am problematischsten seien die bei Mountainbikern beliebten Klick-Schuhe, die Schuh und Pedal fest miteinander verbinden. "Direkt unter den Fußballen, wo man viel steht, hat man dann eine Eisenplatte", sagt Jais und warnt: "Speziell auf Fels hat man an der Stelle überhaupt keinen Halt."

Manchmal erledigt sich die Schuh-Frage aber von selbst, im Frühjahr zum Beispiel, wenn die ersten Skitourengeher sich auf den Weg ins Karwendel machen. Denn auch sie fahren zum Teil lieber Rad, als sich die Füße im Tal wund zu laufen. Der Preis: die Ski müssen auf den Rücken geschnallt werden - und geradelt wird in Skischuhen.

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