Süddeutsche Zeitung

Bierwerbung:Ein Prosit der Bekömmlichkeit

"Wohl bekomm's" ließ ein Braumeister auf die Etiketten seiner Bierflaschen drucken. Das wurde ihm nun verboten, denn: Bier ist nicht bekömmlich.

Glosse von Johann Osel

Zur Pflege der Geselligkeit und Förderung der Erholung, schreibt der Autor, sei Alkohol "nützlich", vor allem Bier - wegen der "außerordentlichen Bekömmlichkeit". Man mag ja diesen Zeilen in der Zeitschrift Die Gegenwart aus dem Jahr 1920 ungern widersprechen, doch die heutige Gegenwart ist eine andere. Dass ein Bier, vielleicht noch ein zweites, bekömmlich sein kann, ist im Volksmund unbestritten. Anders sieht das bei höherer Stückzahl aus, da gerät auch ein Genießer rasch in den Ruch des Säufers. Spätestens sobald das Getrunkene nicht mehr im Magen verbleiben mag, wird aber auch der übelste Zecher jegliche Bekömmlichkeit verneinen.

Ein Glück, dass es Gerichte gibt, die sich derlei diffizilen Fragen widmen. So entschied der Bundesgerichtshof: Bier ist nicht "bekömmlich"! Zumindest dürften Brauereien nicht damit werben. "Bekömmlich" gelte als gesundheitsbezogene Angabe, was nach EU-Recht für Alkoholprodukte nicht erlaubt sei. Konkret getrunkene Mengen erörterte das Gericht ebenso wenig wie die Geselligkeit oder die Erholungsförderung.

Die Rechtslage dürfte Rudi Hirz vom Apostelbräu im niederbayerischen Hauzenberg bekannt sein, dennoch bekam er jetzt mahnende Behördenpost. Auf das Etikett seines Dinkelbiers hat der Braumeister hinten klein "Wohl bekomm's" gedruckt. Das, so bekrittelt das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit laut Bericht der Passauer Neuen Presse, bedeute nichts anderes als Bekömmlichkeit - verboten. Den Einwand von Herrn Hirz, er habe lediglich einen üblichen Trinkspruch - im Sinne von "Prost", also: Es möge nützen - verwendet und nie und nimmer seinem Bier eine gesundheitsfördernde Wirkung zuschreiben wollen, ließ das Passauer Landratsamt als Vollzugsbehörde nicht gelten.

Hirz nimmt es gelassen, er will nicht schimpfen. Wenn schon nicht bekömmliche, so scheint sein Bier doch besänftigende Effekte zu haben. Und eine gütliche Einigung gab es insofern, als dass er den Etikettenvorrat aufbrauchen darf. Danach muss er den Slogan streichen oder ersetzen. Vielleicht mit einem Spruch, der die Bekömmlichkeit des Bieres an sich klar bestreitet? "Ein Bier allein im Magen, das kann kein Mensch vertragen! Drum, soll das Bier bekömmlich sein, stülp noch ein Schnäpschen hinterdrein!"

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Quelle:
SZ vom 18.12.2018/baso
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