Süddeutsche Zeitung

Bevölkerungsprognose:Bayern wächst - und altert

Der Freistaat bleibt attraktiv für viele Menschen, es ziehen so viele zu, dass die Bevölkerung weiter wächst. Das gilt im Durchschnitt für alle Regionen, doch in den Regierungsbezirken gibt es durchaus Unterschiede.

Von Johann Osel, München

Trotz vorübergehender Stagnation durch die Pandemie befindet sich Bayerns Bevölkerungszahl auf Steigerungskurs und wird in den nächsten zwei Jahrzehnten um gut eine halbe Million Einwohner, etwa die Größe der Stadt Nürnberg, weiter wachsen. Das zeigt die neue Bevölkerungsprognose des Landesamts für Statistik, die Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Thomas Gößl, Präsident des Landesamts, am Freitag vorstellten. 2040 werden 13,7 Millionen Menschen in Bayern leben. Schon jetzt und laut Vorausberechnung auch in Zukunft gibt es mehr Todesfälle als Geburten - ohne Zuwanderung aus anderen Bundesländern, dem EU-Ausland und Drittstaaten würde Bayern also de facto schrumpfen. Gerade im Corona-Jahr 2020 war der Zuzug viel geringer ausgefallen, so dass zeitweise sogar ein kleiner Bevölkerungsrückgang zu verbuchen war. Das Virus habe, so Herrmann, langfristig wohl keine Auswirkungen auf die bisherigen Trends der Bevölkerungsentwicklung.

Auffällig ist, dass alle Landkreise und kreisfreien Städte bis 2040 "an den zu erwartenden Wanderungsgewinnen partizipieren können" und überall mehr Menschen zuwandern als fortziehen. Dass es trotzdem in manchen Regionen zu Rückgängen kommen wird, liegt daran, dass dieser Zuzug die Lücke zwischen Sterbefällen und Geburten nicht voll ausgleicht. So zeigt die Prognose eben deutliche regionale Unterschiede. Der größte Zuwachs ist für Oberbayern zu erwarten. Dort soll die Bevölkerung bis 2040 die Fünf-Millionen-Marke knacken und um knapp sieben Prozent zunehmen, dicht gefolgt von Schwaben (6,2 Prozent). Ein deutliches Einwohner-Plus soll es auch in Niederbayern (5,3 Prozent) geben, ein kleineres in Mittelfranken (2,3 Prozent) und in der Oberpfalz (2,1 Prozent). Mit Bevölkerungsrückgängen ist hingegen in Oberfranken (minus 3,5 Prozent) und Unterfranken (minus 1,5 Prozent) zu rechnen.

Innerhalb der Bezirke liefert die Prognose jedoch kein einheitliches Bild. Beispiel Oberpfalz: Während in Neumarkt, Schwandorf und Regensburg ein starkes Plus vorausberechnet wird, gehen die Statistiker etwa in Tirschenreuth und Weiden von einem Minus aus. Oder Niederbayern, das schon länger auf Wachstumskurs ist, dieser wird aber vor allem von Kelheim sowie Stadt und Kreis Landshut getragen. Für Regen, Deggendorf und Freyung Grafenau wird ein, wenn auch leichtes, Minus errechnet. In Oberbayern und Schwaben zählt man drei Kreise, die in der Prognose nicht im Plus ist: Garmisch-Partenkirchen, Donau-Ries und Lindau. In Ober- und Unterfranken gibt es positive Ausreißer in der Negativ-Entwicklung, etwa entlang der laut Herrmann "stabilen Regnitz-Achse" bis nach Bamberg.

Bayerns Altersstruktur verändert sich zudem bis 2040, die Altersgruppe über 65 wird auf 3,5 Millionen Menschen wachsen. Laut Herrmann wird insbesondere der ländliche Raum von der Alterung betroffen sein - eben weil Zuzug aus dem In- und Ausland, der meist jünger sei als die ansässige Bevölkerung, geringer ausfalle. Die Statistik biete Kommunen somit eine Planungsgrundlage, etwa ob man langfristig "eher Kindergärten, Pflegeheime oder beides bauen" müsse.

In Stein gemeißelt seien derlei Prognosen nicht, man dürfe diese "nicht als schicksalhaft hinnehmen". Herrmann nannte etwa Westmittelfranken, das in früheren Prognosen schlechter dastand und nun mit einem Bevölkerungsplus bis 2040 vermerkt ist. Die Prognose sei zudem hilfreich für die Landespolitik, Ziel seien gleichwertigen Lebensverhältnisse in Stadt und Land: "Wir müssen die Ballungsräume entlasten und die ländlichen Räume gerade für junge Menschen durch gute Arbeitsplätze, eine verlässliche Infrastruktur und beste digitale Anbindung noch attraktiver machen." Ein Beitrag seien die Behördenverlagerungen von München in die Fläche, in Herrmanns Beritt demnächst etwa das Beschaffungsamt der Polizei: Dann werde von Hof aus die Ausstattung mit Waffen oder Uniformen koordiniert.

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