Beuerberg:Das geheime Leben hinter den Klostermauern

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Nach dem Auszug der letzten Nonnen gibt eine Ausstellung in Beuerberg Einblicke in die abgeschottete Welt der Salesianerinnen.

Von Matthias Köpf, Beuerberg

Bayerns Klöster können inzwischen vieles sein. Gästehäuser, Seminarzentren, Akademien oder Hochschulen, als Rückzugsräume vom täglichen Trubel bieten sie dann Konzentration auf Zeit. Oft genug sind sie längst zu Alten- oder Pflegeheimen geworden - und besonders oft gerade dann, wenn in ihnen wirklich noch Mönche und Nonnen leben, wenn also "Kloster" noch mehr bedeutet als eine bestimmte Art von Gebäude.

Das Kloster im oberbayerischen Beuerberg ist bis vor zwei Jahren so ein Kloster gewesen. Dann sind die letzten 13 Salesianerinnen, alle hoch betagt, in zwei Schwestern-Altenheime umgezogen. Einblicke in ihren Alltag hatten sie bis dahin kaum gewährt, denn die Salesianerinnen sind ein kontemplativer, der Welt abgewandter Orden. Jetzt, zwei Jahre nach ihrem Auszug, lässt eine Ausstellung des Freisinger Diözesanmuseums in Beuerberg das Jenseits hinter den Klostermauern erfahren.

Wer dort heute, überfordert von Angeboten, Informationen, Optionen und allseitiger Offenheit, in der Klausur des Klosters eine auch äußerlich schlichte Kargheit, eine eigentlich modernistische Bauhaus-Askese sucht, der wird sie in Beuerberg kaum finden. Vielleicht in der einen Klosterzelle, nachempfunden im Erdgeschoss, weil Brandschutzvorschriften keinen Ausstellungsbetrieb in den oberen Etagen erlauben. Sie ist sparsam ausgestattet mit Kommode, Tisch, Stuhl, Kruzifix, mit den allgegenwärtigen Bildern der Ordensgründer und mit einem Himmelbett, das auch dann noch ein kleines bisschen Wärme bewahrte, wenn winters in der Waschschüssel das Wasser gefror.

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Die Zellen wurden einmal im Jahr neu zugelost. Doch so karg sie waren, so überbordend voll war das Kloster, ausgestattet mit liturgischem Bedarf und Handwerksarbeiten, mit Mobiliar und Kunstgegenständen, und vor allem mit Hausrat bis unter die Decke für einstmals 60 bis 70 Nonnen. Einiges davon mag kunsthistorisch von Bedeutung sein, doch der eigentlich Schatz, den Beuerberg barg und den es in den kommenden fünf Monaten seinen Besuchern offenbart, ist ein kulturgeschichtlicher: Es ist ein kompletter Kosmos des Klosterlebens vom 19. bis ins 21. Jahrhundert.

Denn die Salesianerinnen besiedelten Beuerberg erst 1846 vom nahen Kloster Dietramszell aus. Der Umzug ist auf einer vergrößerten Gouache dargestellt: Begleitet von Engeln und beladen mit ihren Habseligkeiten ziehen sie durch eine arkadische Landschaft, ganz im Stil der Romantik, welche die Ikonografie noch der Klosteridylle bis heute prägt. Die Beuerberger Anlage am Hochufer der Loisach hatten 1121 die Augustiner-Chorherren gegründet, die ihr Kloster mit der Säkularisation 1803 verlassen mussten.

Sie hatten das Kloster nach ihren eigenen, an der Seelsorge orientierten Bedürfnissen angelegt, und auch die Salesianerinnen waren anfangs nicht nur unter sich, sondern betrieben bis 1934 ein Mädchenpensionat. Danach zogen sie sich vollends auf sich selbst zurück, neue Schwestern kamen vor allem aus anderen Klöstern, die der Orden aufgeben musste.

Auch der Friedhof liegt innerhalb der Mauern

Die Chorschwestern, oft höhere Töchter, die eine entsprechende Ausstattung mitbrachten, lebten buchstäblich hinter Gittern, durch die sie in den durchaus repräsentativ möblierten Besuchsräumen mit ihren penibel verzeichneten Gästen sprachen. Erst mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil gab es Lockerungen. Die Regeln für die Laienschwestern, die auch die meiste Arbeit im Garten und der Küche erledigten, waren ohnehin weniger strikt.

Verlassen haben die Schwestern das Kloster in aller Regel nie - auch ihr Friedhof liegt innerhalb der Mauern. Wer aber als Novizin eintrat, tat dies in einem Hochzeitskleid, als Braut des Herrn Jesus Christus wie in der Hochzeitsmystik des Mittelalters. Und die Schwestern blieben auf ihre spezielle Weise die Mädchen, die auch sie einmal gewesen waren: Für ihre puppengroßen Jesuskindlein fertigten sie Matrosenanzüge, grüne Jagdröcke und Picknickkörbe. Ihre geistlichen Schatzkistchen waren voll frommer Basteleien aus Papier, es gibt schachtelweise winzige Reliquien, verpackt in sorgsam beschrifteten Tütchen.

Daneben sind in der Ausstellung auch Geißeln und dornige Bußgürtel zu sehen, die aber wohl eher symbolisch zum Einsatz kamen, sowie prächtige, golddurchwirkte Messgewänder als Beispiel der im Kloster gepflegten Handwerkskunst. Die Aufnahmen eines gesungenen Chorgebets, die in einem Raum zu hören ist, haben die Ausstellungsmacher auf einer Musikkassette aus dem Jahr 1987 gefunden.

Der Leiter des Freisinger Diözesanmuseums, Christoph Kürzeder, und seine Mitarbeiter haben Monate mit dem Sichten zugebracht und nur ganz wenige Ausstellungsstücke aus anderen Klöstern nach Beuerberg geholt. Von Kürzeder und dem Fotografen Thomas Dashuber gibt es zur Ausstellung einen eindrucksvollen Band, der mit Beispielen aus zehn Klöstern das Leben in Klausur dokumentiert. Dashubers Fotos sind in einem modernen Pavillon im Klostergarten zu sehen. Dort laufen auch Aufzeichnungen von Gesprächen mit den letzten Beuerberger Schwestern. Kardinal Reinhard Marx wird die Schau diesen Samstag eröffnen, zu sehen ist sie bis zum Herbst jeweils von Mittwoch bis Sonntag und an Feiertagen wie dem Pfingstmontag jeweils von 11 bis 19 Uhr.

© SZ vom 14.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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