Bad Bocklet:Bankier unter Betrugsverdacht

Bad Bocklet ist bekannt für sein Heilwasser. Die Mutter des Märchenkönigs Ludwig II., Marie von Bayern, soll dort erfolgreich eine Kur absolviert haben.

Bad Bocklet ist bekannt für sein Heilwasser. Die Mutter des Märchenkönigs Ludwig II., Marie von Bayern, soll dort erfolgreich eine Kur absolviert haben.

(Foto: Imago)
  • Ein 58-jähriger Bankier ist wegen banden- und gewerbsmäßigem Betrugs in mehr als 70 Fällen angeklagt.
  • Der Mann soll sukzessive die Mehrheit an einer Sanatoriumsfirma in Bad Bocklet gekauft haben, indem er andere Anleger falsche Informationen auftischte.
  • Er ist der Alleineigentümer einer auf Vermögensberatungs spezialisierten Privatbank.

Von Klaus Ott und Uwe Ritzer, Nürnberg

Womöglich wäre der Märchenkönig nie geboren worden, wäre seine Mutter nicht vorher zur Kur in Bad Bocklet gewesen. Das Heilwasser in dem unterfränkischen Staatsbad ist das eisenhaltigste in ganz Deutschland und es enthält besonders viele gelöste Gase. Weshalb es nicht nur bei Herz-, Kreislauf-, Rheuma-, Nerven- und Wirbelsäulenbeschwerden wohltuend wirkt, sondern auch bei Frauenleiden. Deswegen, so verzeichnen die Chronisten, habe weiland auch Marie von Bayern in dem kleinen Ort im Tal der fränkischen Saale geweilt, um nach einer Kur endlich den ersehnten Thronfolger zu gebären, besagten Ludwig II.

Was nichts daran ändert, dass der Markt am Rande der Rhön bis heute im Schatten des nur zehn Kilometer entfernten, größeren und vor allem berühmteren Bad Kissingen steht. Gute Kurgeschäfte lassen sich jedoch auch in Bad Bocklet machen. Einem 58-jährigen Bankier und Geschäftsmann aus dem ebenfalls benachbarten Hammelburg könnte sein Gewinnstreben dort zum Verhängnis werden. Der Mann saß seit Mitte März in Untersuchungshaft und muss sich demnächst mit seinen Komplizen vor Gericht verantworten, wegen einer mutmaßlichen Räubergeschichte. Es geht um dubiose Geschäfte in Zusammenhang mit der Firma Parksanatorium Bad Bocklet GmbH & Co. KG.

Banden- und gewerbsmäßigen Betrug in mehr als 70 Fällen in Verbindung mit mehr als einem Dutzend tatmehrheitlichen Betrugsfällen wirft die Staatsanwaltschaft Würzburg dem Angeklagten vor. Ihre Anklage wurde mittlerweile mit nur kleinen Abstrichen zur Hauptverhandlung beim Würzburger Landgericht zugelassen, wo sich der 58-Jährige und drei weitere Angeklagte demnächst verantworten müssen. Die Ermittlungen gegen zwei weitere Beschuldigte, darunter die Ehefrau des Bankiers, wurden eingestellt.

Kürzlich konnte der Angeklagte aber einen Erfolg erzielen, der ihm nach knapp fünf Monaten die Freiheit wiederbrachte. Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hob den Haftbefehl auf. Es teilte zwar die Einschätzung der Würzburger Staatsanwaltschaft und der dortigen Justiz, dass der Bankier des banden- und gewerbsmäßigen Betrugs "dringend verdächtig" sei.

Nach Aktenlage habe der Mann eine mehrjährige Haftstrafe zu erwarten. Für eine Fluchtgefahr gebe es jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der nicht vorbestrafte Angeklagte, der einen Freispruch anstrebe, sei als Inhaber einer mittelständischen und regionalen Privatbank zwecks "Aufrechterhaltung seiner wirtschaftlichen Existenz" darauf angewiesen, vor Ort präsent zu sein. Selbst ein nur vorübergehendes Untertauchen, das von den Medien aufgegriffen und als Schuldeingeständnis betrachtet würde, könnte schwerwiegende Probleme für seine Bank verursachen. Die Würzburger Justiz soll also mit der Haft etwas voreilig gewesen sein, ansonsten wohl aber nicht falsch liegen.

Der Angeklagte soll zwischen 2004 und 2013 sukzessive die Mehrheit an der Parksanatorium Bad Bocklet GmbH & Co. KG erworben haben, und zwar mit einer raffinierten Masche. Nämlich indem er vielen anderen der einstmals 800 Anteilseignern ihre Anteile weit unter deren Wert abkaufte. Möglich geworden sei dies nur, weil er und weitere Beschuldigte den anderen Anteilseignern vorgegaukelt haben sollen, dass es um die Firma schlecht stünde und die Verlustrisiken sehr hoch seien, so der Vorwurf der Würzburger Ermittler.

Der Angeklagte weist die Anschuldigungen zurück

Der Fall ist darüber hinaus pikant, weil es sich bei dem Angeklagten um den Alleineigentümer einer Privatbank handelt. Das traditionsreiche Geldhaus, das naturgemäß vom Ruf der Seriosität lebt, ist auf die Vermögensberatung von Unternehmen, reichen Privatpersonen, Familien und Stiftungen spezialisiert. Mehrere Hundert Beschäftigte arbeiten für die Bank und deren Tochtergesellschaften.

Im Zuge ihrer fast zweijährigen Ermittlungen durchsuchten Fahnder im vergangenen Jahr zahlreiche Objekte, darunter auch Räume der Privatbank. Die Ermittlungen richteten sich jedoch nicht gegen das Geldhaus, das seinerseits versichert, von den Vorwürfen und Ermittlungen "nie betroffen" gewesen zu sein. Tatsächlich spricht alles dafür, dass der Hauptangeklagte die ominösen Geschäfte neben seiner Tätigkeit als Bankier getätigt hat und das dies nichts mit dem Geldinstitut zu tun hat. Unmittelbar nachdem er am 20. März 2018 wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft landete, legte er den Vorstandsposten bei der Bank nieder. Die Staatsanwaltschaft hatte den Haftbefehl beantragt, da sie fürchtete, der Mann könnte sich nach Lettland oder in die USA absetzen, wo er ein Anwesen, beziehungsweise Wald- und Agrarland besitzen soll.

Nachdem der Angeklagte mit Anträgen auf Entlassung aus der U-Haft zunächst gescheitert war, schätzte das OLG Bamberg die Lage nun anders sein. Der Bankier habe im Verlaufe des Ermittlungsverfahrens "nicht obstruktiv" agiert. Seine Lebensplanung wäre über den Haufen geworfen und ruiniert, würde er sich absetzen.

Vieles spreche jedoch dafür, so die Bamberger Richter, dass er die anderen Kommanditisten an der Bad Bockleter Firma, die dort ein Reha-Zentrum betreibt, bewusst und systematisch verunsichert, sowie, was den Wert ihrer Anteile an der Firma angeht, getäuscht habe. Zum fraglichen Zeitpunkt war er Aufsichtsratschef der Firma Parksanatorium Bad Bocklet. Der Angeklagte weist die Anschuldigungen zurück. Alle Vorwürfe seien falsch.

Viele Kommanditisten hatten Anteile an der Gesellschaft lediglich gezeichnet, um Steuervorteile zu erlangen und an Gewinnen der Firma zu partizipieren. Sie sahen darin in erster Linie eine Geldanlage, ohne sich tatsächlich im Detail mit den Geschäften der Firma auseinanderzusetzen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: