Betrüger legt Walter Mixa herein:Wie Hochstapler Charly den Bischof narrte

Er gab sich als ehemaliger Ministrant aus und dichtete ein herzzerreißendes Märchen von Leukämie und der Glasknochenkrankheit seines Sohnes: So erschwindelte ein Betrüger 4800 Euro von Ex-Bischof Walter Mixa. Peinlicher ist der Fall für die Polizei - denn auch die fiel auf "Charly McLaren" herein.

Stefan Mayr, Ingolstadt

Einen Betrüger und Hochstapler, auf den sogar Polizisten, Geschäftsleute und ein Bischof hereinfallen? So jemanden stellt man sich vor mit Anzug, Krawatte, makelloser Frisur und manikürten Fingernägeln. Michele B. alias Charly McLaren hat nichts von alledem. Der 29-Jährige wirkt eher wie eine bunte Mischung aus Theologiestudent und Computer-Nerd. Grüner Kapuzenpulli, Vollbart, die langen braunen Haare hängen über den schwarzen Brillen-Rand.

Prozess wegen Betrugs mit Zeugenaussage des ehemaligen Bischofs Mixa

Bischof Walter Mixa als Zeuge: freundlich und auskunftsfreudig.

(Foto: dapd)

Angesichts des Angeklagten in seiner Schlabberjeans drängen sich einige Fragen auf: Wie konnten bayerische Polizeibeamten auf diesen Menschen hereinfallen? Wie konnten sie ihm gleich reihenweise abnehmen, dass er von einer Spezialeinheit des Police Departement Honolulu sei? Wie konnten sie ihn in die Inspektion lassen, ihm nichtöffentliche Räume sowie Ermittlungsunterlagen zeigen? Diese Fragen blieben am Donnerstag im vollbesetzten Sitzungssaal 11 des Landgerichts in Ingolstadt unbeantwortet.

Einigermaßen nachvollziehbar wurde dagegen, warum der gebürtige Eichstätter mit seiner zweiten Betrugsmasche erfolgreich war. "Er hat eine besondere Art, Mitleid zu erregen", sagte eine Geschädigte. "Er tat mir wahnsinnig leid."

Die Frau ist verheiratet, hat einen Sohn und ein Teegeschäft in Cuxhaven. Sie fiel auf Michele B. herein, ließ sich auf eine Beziehung mit ihm ein, und glaubte seine Lügengeschichten sogar noch, nachdem sie erfahren hatte, dass er in der Forensischen Abteilung einer psychiatrischen Klinik lebt.

Zu seinen zahlreichen Opfern gehört auch der ehemalige Augsburger Bischof Walter Mixa. Er überwies dem Angeklagten 4800 Euro, die er bis heute nicht wiedersah. "Ich wollte helfen aus der Haltung des Mitgefühls", sagte Mixa am Donnerstag im Zeugenstand.

Er stellte aber auch klar, dass seine Mildtätigkeit alles andere als grenzenlos ist: "Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich ihm natürlich nichts gegeben."

Herzzerreißendes Märchen für den Bischof

Michele B. hatte ihm ein wahrlich herzzerreißendes Märchen aufgetischt und um Hilfe gebeten. In seinen Bettelbriefen an Mixa duzte er den Bischof und gab sich als ehemaliger Domministrant aus. Ob diese Behauptung zutrifft, bleibt fraglich. "Das halte ich für durchaus möglich", sagte Mixa, "aber ich hatte kein Gesicht vor Augen."

Dennoch überwies er Michele B. einmal 2300 und einmal 2500 Euro - ohne persönliches Treffen nach nur zwei Telefonaten und zwei Briefen. Michele B. behauptete, er habe "Leukämie in einem sehr schlimmen Stadium", so Mixa, und befinde sich deshalb in einer Erlanger Klinik. Sein Sohn leide obendrein an der Glasknochenkrankheit. "Ich bitte dich, uns nochmals zu helfen und 2500 Euro zu leihen", schrieb Michele B., der in Wahrheit gesund ist und gar keine Kinder hat.

Mixa wird sein Geld nie wiedersehen, dennoch gab er sich bei der Befragung bestens gelaunt und auskunftsfreudig. Nur um die Mikrofone der Journalisten machte er diesmal einen großen Bogen. Der braungebrannte 70-Jährige blockte alle Fragen freundlich lächelnd ab ("Ich bitte um Verständnis").

Viel peinlicher als für den emeritierten Oberhirten ist der Fall für die bayerische Polizei. In Rottenbuch lernte Michele B. 2010 eine Beamtin kennen, ihr stellte er sich als US-Polizist Charly McLaren vor. Als Legitimation genügte ein T-Shirt mit seinem Namen und der Aufschrift Police Departement Honolulu sowie ein gefälschter Dienstausweis.

Die Polizistin nahm ihn mit auf ihre Dienststelle, dort wurden ihm gar Unterlagen eines aktuellen Mordfalls gezeigt. Der dermaßen hofierte Gast fragte sogar noch, ob er das Dienstfahrzeug ausprobieren könne. Die Polizisten verneinten. Was wohl auch besser so war. Denn andernfalls hätten die Polizisten quasi Beihilfe zum Fahren ohne Fahrerlaubnis geleistet. Michele B. war zuvor schon mehrmals exakt wegen dieses Delikts verurteilt worden.

Zudem war er bereits wegen Betrugs, Beleidigung, Unterschlagung und Diebstahls inhaftiert. Schon damals wurde festgestellt, dass Michele B. unter einer "Persönlichkeitsstörung mit geltungsbedürftigen Zügen" leidet. Laut Gutachten fühlt er sich "angesichts seines sozial armseligen Lebens immer wieder veranlasst, als wichtige Person aufzutreten". Das Urteil fällt voraussichtlich am 8. März.

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