Beschwerde im Landtag:Sängerkrieg auf Neuschwanstein

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Unerwünschter Barde: Kay Reinhardt zieht vor den Petitionsausschuss des Landtags, weil er weiter in Neuschwanstein spielen will. (Foto: Jason Rossi)

Ihm geht es wie dem Barden aus den Asterix-Heften: Seit 2007 spielte Kay Reinhardt mit seiner hölzernen Drehleier vor dem Schloss Neuschwanstein für die Besucher - bis die Schlossverwaltung ihm vergangenen Sommer ein Spielverbot erteilte. Nun wehrt er sich dagegen im Landtag.

Von Viola Bernlocher, Schwangau/München

Dass drehleiernde und singende Barden nicht überall gut gelitten sind, diese Erfahrung musste schon die Comic-Figur Troubadix in den Asterix-Heftchen machen: Er endete bei Festen fast immer geknebelt und gefesselt am Baum. Eine Geschichte ähnlicher Couleur spielt sich derzeit rund um das Schloss Neuschwanstein ab. Seit 2007 spielte Kay Reinhardt mit seiner hölzernen Drehleier dort für die Besucher, bis er im vergangenen Sommer von der Schlossverwaltung Spielverbot bekam. Drehleierklang scheint die Sache der Schlossverwaltung nicht zu sein.

Angefangen hat er vor sieben Jahren, damals noch auf einem kleinen Platz am Weg vor der Marienbrücke, mit Blick auf Schloss Neuschwanstein. Oft hätten sich die Menschen um ihn geschart, um zuzuhören und auf der Wanderung um das Schloss eine Pause einzulegen, sagt Reinhardt. Dort habe er zwar keine offizielle Genehmigung gehabt, aber "richtig vertrieben wurde ich auch nicht". Bemüht um eine Genehmigung habe er sich trotzdem, und als 2011 der Chef der Schlossverwaltung bei ihm vorbeischaute und ihm anbot, darüber zu sprechen, war die Freude groß.

Verbot keine Einzelentscheidung

Nach einer Probephase habe er für 2012 eine Jahresgenehmigung bekommen. 2013 war das kurze Glück schon wieder vorbei: "Aus übergeordneten Gründen wegen der Umstrukturierung der Schlossverwaltung" sei es nicht mehr möglich, dass er musiziere, wurde ihm beschieden. Für Reinhardt ist das unverständlich, denn im Englischen Garten, den die Bayerische Schlösser- und Seenverwaltung ebenfalls betreut, sei Straßenmusik schließlich auch nicht verboten. Die staatliche Behörde teilte mit, dass von 2013 an keine Darbietungen mehr erlaubt worden seien, weil man keinen Bezugsfall habe schaffen wollen. Schließlich gebe es von vielen Seiten Anfragen, "sein Können oder seine Ideen am Schloss Neuschwanstein als so hochfrequentem Standort zu präsentieren". Das Verbot sei keine Einzelentscheidung gegen bestimmte Personen und habe auch nicht mit Art oder Qualität der Musik zu tun.

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Für Kay Reinhardt ist sein Leierspiel am Schloss ein Einkommen, mit dem er fast die Hälfte seines Lebensunterhaltes bestreitet. Der 53-Jährige hat Geschichte studiert und mehrere Museen geleitet, unter anderem in Schongau, Ulm und Marktoberdorf, bevor er 2005 arbeitslos wurde. Das Drehleierspielen habe immerhin noch entfernt mit seinem museumspädagogischen Arbeitsfeld zu tun. Doch nicht nur darum geht es ihm. "Ich liebe Musik, und es ist sehr schön für mich und die Touristen." Immer wieder höre er von Besuchern: "Sie sind der Gegenpol zum Tourismusrummel und bringen eine ruhige Atmosphäre hierher." Immerhin sei Schloss Neuschwanstein auch der Wartburg nachempfunden, wo einst der berühmte Sängerkrieg stattgefunden habe.

Trotz fehlender Genehmigung spielte Reinhardt 2013 weiter. 2014 teilte ihm die Schlossverwaltung abermals mit, dass er, wenn er spielen wolle, das in Zukunft nur noch gegen Gebühr tun könne. Reinhardt reichte den Antrag und seinen Nachweis als Kleinunternehmer ein. Gehört hat er seither nichts mehr. Bis 10. August spielte er ohne Genehmigung weiter, nach der zweiten, schriftlichen Verwarnung wurden ihm rechtliche Schritte angedroht, die er nicht in Kauf nehmen wollte.

SPD-Fraktion unterstützt Reinhardt

Er hat deshalb eine Beschwerde gegen die Schlösserverwaltung im Petitionsausschuss des Landtags eingereicht. Die Abgeordneten werden sich an diesem Donnerstag damit befassen. Die SPD-Fraktion unterstützt Reinhardt. Ihr parlamentarischer Geschäftsführer Volkmar Halbleib bezeichnete das Verbot als "unfair und schlechten Stil", denn der Musiker schaffe "damit auch eine angenehme Atmosphäre für die Schlossbesucher".

"Es ist schade, dass ich mit meinem Anliegen den Petitionsausschuss behelligen muss, aber ich hatte keine andere Idee mehr", sagt Reinhardt. Falls er dort nicht weiterkommt, schließt er auch nicht aus, es auf Bundesebene weiter zu versuchen. Denn eigentlich will er doch nur spielen. Das möchte er am Donnerstag gerne mit der Drehleier vor den Abgeordneten unterstreichen - falls er dort das Rederecht bekommt.

Update: Finanzminister Markus Söder (CSU) hat das Spielverbot für den Barden von Neuschwanstein am Mittwoch aufgehoben. Reinhardt darf künftig wieder mit seiner Drehleier in der Nähe des Schlosses bei Schwangau Volkslieder singen. Das bedeutet allerdings nicht, dass er Anspruch auf seinen bisherigen Platz an der Marienbrücke gegenüber des Schlosses hat.

© SZ vom 03.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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