Bericht:Wie es um die Gesundheit von Bayerns Kindern steht

Bericht: undefined
  • Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml hat Bayerns ersten Kindergesundheitsbericht vorgelegt.
  • Anhand der Daten soll der Handlungsbedarf in den verschiedenen medizinischen Bereichen festgestellt werden.
  • Ein Ergebnis: Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen und solche mit Migrationshintergrund haben in Bayern ein höheres Krankheitsrisiko.

Von Dietrich Mittler

Gesundheitsministerin Melanie Huml hat am Mittwoch Bayerns ersten Kindergesundheitsbericht vorgestellt. Aus all den darin zusammengetragenen Zahlen lässt sich aus Sicht der CSU-Politikerin "ein umfassender Überblick über den Bereich Kindergesundheit gewinnen" - und mehr noch: "Anhand der Daten können wir auch erkennen, wo es noch Handlungsbedarf gibt", sagte Huml. Eines nämlich lässt sich aus den Zahlen zweifelsfrei herauslesen: Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen und solche mit Migrationshintergrund haben in Bayern ein höheres Krankheitsrisiko.

Insgesamt birgt der vorliegende Bericht auf 88 Seiten eine Flut an Informationen: Nahezu 1,7 Millionen Kinder unter 15 Jahren leben derzeit in Bayern, 18 756 von ihnen sind schwerbehindert, 179 948 mussten 2012 in einem Krankenhaus behandelt werden. Gute und alarmierende Erkenntnisse liegen im Bericht oft nahe beieinander - Beispiel Geburtenzahlen. Allein 2013 kamen in Bayern 109 562 Kinder lebend zur Welt, 55 913 Buben und 53 649 Mädchen. Die gute Nachricht ist: "Die Säuglingssterblichkeit liegt in Bayern mit 2,7 Sterbefällen bei je 1000 Lebendgeborenen unter dem Bundesdurchschnitt", sagte Huml. Die alarmierende Nachricht ist indes die: Bei ausländischen Familien ist die Säuglingssterblichkeit - wie im restlichen Bundesgebiet - in etwa doppelt so hoch.

Müttern mit Migrationshintergrund sollen Leistungen mehr wahrnehmen

"Der Grund dafür ist unter anderem eine geringere Inanspruchnahme medizinischer Früherkennungs- und Vorsorgeangebote", sagte Huml. Es gelte daher, angehenden Müttern mit Migrationshintergrund "die Vorteile unseres Gesundheitssystems näherzubringen". Oft wüssten die Frauen nicht, dass sie Anspruch auf ärztliche Leistungen haben. Um dem entgegenzusteuern, baue das Gesundheitsministerium das Projekt "Mit Migranten für Migranten" aus, bei dem Ausländer zu kompetenten Gesundheitslotsen ausgebildet werden, um ihr Wissen in der jeweiligen Muttersprache an ihre Landsleute weitergeben zu können.

Erfreuliches und Bedenkliches geben auch die Daten zur Zahngesundheit wieder. Positiv: "Mehr als die Hälfte der bayerischen Kinder startet mittlerweile kariesfrei in den Schulalltag." Das heißt also, dass mehr als die Hälfte der Erstklässler keine Löcher in den Zähnen haben. Negativ: Auch in Bayern zeigt sich ein deutlicher Unterschied der Mundgesundheit je nach Sozialstatus - sprich: Kinder aus sozialschwachen oder bildungsfernen Schichten haben schlechtere Zähne.

"Etwas schlechtere Zähne als im Bundesdurchschnitt"

Kariöse, fehlende oder gefüllte Zähne sind demnach in Bayern eher ein Problem von Hauptschülern. Und das alles verwundert selbst die Experten: Eigentlich müsste der starke Einfluss der sozialen Stellung auf die Mundgesundheit erwarten lassen, dass Bayerns Kinder und Jugendliche insgesamt bessere Zähne hätten als jene im restlichen Bundesgebiet - weil der Freistaat wirtschaftlich gesünder dasteht. Genau das ist aber nicht der Fall, im Gegenteil. Bayerns Kinder und Jugendliche haben sogar "etwas schlechtere Zähne als im Bundesdurchschnitt". Huml kündigte neue Aktionen an, die nicht nur die Kinder, sondern auch die Eltern ansprechen sollen. Für solche Initiativen wolle die Staatsregierung statt bislang 46 000 Euro künftig 200 000 Euro im Jahr ausgeben. Handlungsbedarf besteht aber nicht nur hier. Kinder und Jugendliche "aus der Gruppe mit niedrigem Sozialstatus" sind auch häufiger betroffen, wenn es um Entwicklungsstörungen und psychische Auffälligkeiten geht.

Bei mehr als 385 000 Kindern in Bayern unter 15 Jahren stand 2013 als Diagnose fest: "psychische und Verhaltensstörungen". Das entspricht 27,5 Prozent aller Kinder, die in diesem Jahr Arztkontakt hatten. Fast 6000 jener unter 15-Jährigen mussten gar stationär behandelt werden, weil sie unter psychischen Störungen litten. Huml betonte, sie sehe hier eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Es gelte, die Kinder und Jugendlichen möglichst ohne Druck aufwachsen zu lassen - etwa auch, was die Wahl der Schulart betreffe.

Besser geimpft in Nordbayern

Die Impfquoten der Schulanfänger in Bayern sind indessen in den vergangenen Jahren stetig gestiegen, auch bei Kindern mit Migrationshintergrund. Allerdings gibt es erhebliche regionale Unterschiede: "In Nordbayern sind die Kinder besser geimpft als in Südbayern", heißt es im Bericht. Je nach Landkreis gab es demnach Impfquoten in einer Spannbreite zwischen 77,5 bis 97,4 Prozent. "Gerade im Speckgürtel um München ist es mit den Impfungen besonders schwierig", sagte Huml.

Was die Adipositasraten (Fettleibigkeit) betrifft, so sind diese "tendenziell" zurückgegangen - nicht aber bei Migrantenkindern. In der nun beginnenden Schwerpunkt-Kampagne des Gesundheitsministeriums unter dem Motto "Ich mach mit. Alles, was gesund ist" geht es vor allem um gesunde Ernährung und mehr Bewegung. Im kommenden Jahr soll der Schwerpunkt auf der psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen liegen, erklärte die Ministerin.

Insgesamt, so ließ Melanie Huml durchblicken, stimme sie der neue Gesundheitsbericht zufrieden. "Die Kinder in Bayern wachsen gut und gesund auf", sagte sie. Kritik kommt indessen von Seiten der Arbeiterwohlfahrt in Bayern. Ihr Landesvorsitzender Thomas Beyer mahnte: "So lange Kinder im Freistaat noch in Armut leben, bleibt es schlecht bestellt um die Kindergesundheit hierzulande."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: