Bergfeuer in Pottenstein:Hochstapler im Namen des Herrn

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Tausende Feuer leuchten am Dreikönigstag über Pottenstein. (Foto: Getty Images)

Am Dreikönigstag lodern in den Felsen rund um das fränkische Städtchen Pottenstein 1000 Holzfeuer. Was es mit den Scheiterhaufen auf sich hat und wer sie in schwindelnder Höhe aufschichtet.

Von Katja Auer

Wer den geschlichtet hat, will Josef Leykauf wissen, und dann wettet er eine Maß Bier, dass der Holzstoß umkippt, wenn er erst mal brennt. Die Feuerles-Schürer am Pottensteiner Schlossberg halten dagegen. Wer recht hat, wird sich am Dreikönigstag herausstellen, wenn rund um das Felsenstädtchen in der Fränkischen Schweiz gut tausend Feuer auf den Berghängen lodern.

Zum Beschluss der Ewigen Anbetung werden seit gut hundert Jahren die Bergfeuer entzündet, wenn unten im Ort die Prozession von der katholischen Kirche St. Bartholomäus durch die Straßen zieht. Tage vorher muss das Holz geschlagen und zu kniehohen Haufen gestapelt werden. Das machen traditionell die Anwohner der jeweiligen Berge.

Josef Leykauf, "der Sepp", ist der Chef am Schlossberg. Mehr als 60 Jahre gehört er schon zu den Feuerles-Schürern, mit fünf Jahren war er das erste Mal dabei. "Meine Mutter wollte mich zur Prozession schicken", erzählt er, "aber da war ich schon am Berg." Da ist er geblieben.

In seiner Werkstatt treffen sich die Helfer vom Schlossberg jeden Tag, bevor die Arbeit beginnt. "Die Zentrale", nennt Leykauf den Raum mit unzähligen wohlsortierten Schraubenziehern, Hobeln und Sägen an der Wand. Ein paar Hochzeitsfotos hängen darüber - und solche von den Bergfeuern natürlich. Er sucht einen alten Zeitungsartikel heraus, aus der Bunte, da ging es um besonders stimmungsvoll erleuchtete Orte im Winter. Hamburg ist erwähnt, Berlin - und Pottenstein. Das war 1962.

Wo das Feuer Tradition hat

Am alten Brauch hat sich nicht viel verändert. Bis 1905 lässt sich das Abbrennen der Bergfeuer gesichert zurückdatieren. Damals wurde der Termin der Ewigen Anbetung auf den 5. und 6. Januar festgelegt. Zwei Tage lang wird in der Kirche das Allerheiligste ausgesetzt und angebetet, zum Abschluss findet die Prozession statt. Die Ewige Anbetung geht schon auf das Jahr 1759 zurück, der damalige Bischof von Bamberg, Adam Friedrich von Seinsheim, ordnete die Betstunden an.

Thomas Bernard, der Leiter des Tourismusbüros, vermutet, dass auch früher schon Feuer brannten. Die Topografie bietet sich schließlich an. Pottenstein ist mit seinem Lichterfest nicht der einzige Ort in der Fränkischen Schweiz. In Oberailsfeld, Nankendorf und Obertrubach finden solche statt, das erste schon vor Weihnachten, das letzte jedes Jahr am Dreikönigstag in Pottenstein.

Ein bisschen Rivalität gehört sich

Bei den anderen war Josef Leykauf noch nie. Zur Konkurrenz geht er nicht. Ein bisschen Rivalität gehört sich schließlich, bei aller Frömmigkeit. Und eine solche gibt es sogar in Pottenstein selbst. Zwischen den Hügeln. Am Schlossberg stänkern sie gerade ein bisschen, dass die drüben bei der Bergwacht noch längst nicht so weit sind. Am Ende werden sie aber doch alle rechtzeitig fertig sein.

Solange sich Leykauf erinnern kann, haben die Feuer jedenfalls jedes Jahr gebrannt. Auch bei Schnee, Regen oder Eis. "Das ist uns wurscht", sagt er auch jetzt auf die Frage, was denn sei, wenn es am Montag regnen sollte. Die Holzstapel sind mit Planen abgedeckt, und die Feuerles-Schürer stehen bei jedem Wetter parat. Ein Holzstoß nach dem anderen wird dann angezündet, der Reihe nach, wie sich die Blicke aus der Prozession auf die Berge richten.

Ein Schichtfeuer brennt vor einer Kapelle auf einem Berg über Pottenstein. (Foto: dpa)

Es ist ein waghalsiges Unterfangen, ganz oben, auf den nackten Felsen, die Holzscheite aufzuschichten. Die dürren Bäume dafür holen die Pottensteiner aus den Wäldern der Gemeinde, dann wird das Holz klein gehackt und mit Kraxen auf die Berge getragen. Jeder, soviel er kann. Schon kleine Buben schleppen fünf Holzscheite in ihren Kinderkraxen.

Gestapelt wird immer gleich. Unten ein Viereck, wie ein Rahmen, dann gleichmäßig einige Lagen oben drauf. "Es muss Luft drankommen", erklärt Leykauf. Außerdem muss das größte Scheit immer außen liegen, sonst wackelt es. "Eigentlich muss man sich draufstellen können", sagt Leykauf. Er probiert es aus. Hält.

70 Glühbirnen für den Rosenkranz

Am Schluss hängen sie am Schlossberg noch einen sieben Meter hohen Rosenkranz zwischen zwei Felsen. 70 Glühbirnen erleuchten ihn. Die Konstruktion ist von 1957, damit wollte man das dunkle Loch füllen, das an der Stelle immer zwischen den Feuern war.

"Wir machen das nicht einfach so", sagt Leykauf, auch wenn es für die Jugend eine Gaudi ist, tagelang auf den Hängen herumzuklettern und nach der Arbeit beieinanderzusitzen. Es ist ein religiöses Fest, und "das hat sich gut erhalten", sagt Pfarrer Thomas Thielscher. Er ist noch neu in Pottenstein, es ist erst seine zweiten Prozession am Montag. "Hier gibt es noch ein Stück Volkskirche", sagt er.

Weil das so bleiben soll, macht Thomas Bernard kaum Werbung mit den Bergfeuern. "Wir machen das nicht, um die Besucher zu belustigen", sagt der Leiter des Tourismusbüros, auch wenn Pottenstein vom Tourismus lebt. 250.000 Übernachtungen hat er im vergangenen Jahr gezählt, dazu 700.000 Tagesgäste. Die Sommerrodelbahn, die Teufelshöhle samt Höhlenbär, die Wanderwege, die Brauereien - es gibt, im Sommer wenigstens, allerlei zu tun für Urlauber.

Im Winter ist wenig los im Felsenstädtchen, aber mit der Ewigen Anbetung will Bernard dennoch nicht eigens locken. Gäste kommen trotzdem, bis zu 12.000, je nach Wetter. Aber es sei kein Event mehr, sagt Bernard. Vor 20 Jahren war das noch anders, da säumten Bratwurststände die Prozessionsstrecke, und mancher Besucher hatte Silvesterraketen dabei. Das wollen die Pottensteiner nicht mehr. Jetzt ist wieder mehr Andacht gefragt, und bei der Prozession mitzulaufen gilt als Ehrensache. Bratwürste gibt es aber trotzdem noch. Halt ein wenig abseits vom Prozessionsweg.

© SZ vom 04.01.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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